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Wer über ihn spricht, kommt um eines nicht herum — den Ramsey Effect“. Osama bin Laden, Steve Jobs, Muammar Gad­dafi, Whitney Houston und Robin Wil­liams: sie alle starben unmit­telbar bevor oder nachdem Aaron Ramsey für seinen Klub, für den FC Arsenal getroffen hatte. Seit 2011 geht das so. Anfang dieses Jahres kamen auch noch Alan Rickman und David Bowie dazu. Ist natür­lich alles Quatsch. Nach der Mehr­zahl der immerhin 43 Tore, die Ramsey für die Gun­ners erzielt hat, starb nie­mand. Oder zumin­dest nie­mand, der welt­weit bekannt wäre. Auch Ramsey selbst glaubt selbst­re­dend nicht an diesen, seinen Fluch: Das ist das bescheu­ertste Gerücht aller Zeiten. Und immerhin habe ich ein paar Böse­wichte aus dem Rennen genommen.“ Bri­ti­scher Humor eben.

Den braucht der Mann auch. Talen­tiert für drei, ist er im Laufe seiner immer noch jungen Kar­riere ver­letzt gewesen für vier. 85 Spiele hat der gerade 25 Jahre alte Mit­tel­feld­spieler im Laufe der ver­gan­genen sieben Sai­sons ver­passt. Wes­wegen er scheinbar immer noch nur ein Teil des Ver­spre­chens ein­lösen konnte, dass er qua seiner Bega­bung eigent­lich dar­stellt.

Fast beim Rugby gelandet

Ein Ver­spre­chen, wel­ches erstmal bei Car­diff City zu ver­nehmen war, seinem Hei­mat­verein. Dort trat er im Alter von neun Jahren ein. Dort wurde er zum jüngsten Spieler der Geschichte. Löste das wali­si­sche Natio­nal­hei­ligtum John Toshak ab. Als er am 30. April 2007 im Cham­pi­on­ship-Spiel gegen Hull City auf­lief. Im Alter von 16 Jahren und 124 Tagen. Andere ent­de­cken in diesem Alter Ziga­retten, Bier und Mäd­chen. Ramsey ent­deckte spä­tes­tens da, dass er das Zeug zu einer großen Kar­riere hat. Er bekommt es ja auch oft genug gesagt. Zum Bei­spiel von seinem dama­ligen Trainer, Dave Jones: Er ist der eine Spieler, der alles hat, woran wir glauben. Dieser Junge hat eine groß­ar­tige Zukunft vor sich.“

Dabei wäre es fast ganz anders gekommen. Ramsey ist sport­be­geis­tert. Mit 15 ist er der beste moderne Fünf­kämpfer, den die wali­si­schen Junioren auf­zu­weisen haben. Er spielt Rugby und wird von Scouts des renom­mierten Saint Helens Rugby Foot­ball Club ange­spro­chen. Zum Glück für den Fuß­ball hat er da schon bei Car­diff City unter­schrieben.

Er landet bei Arsenal — als Fan von Man­chester United

Bei denen er sich in der Rück­runde der Saison 2007/08 in die Stammelf spielt. Mit 17. Für die er auch im FA Cup-Finale auf­läuft, wel­ches die Waliser über­ra­schend errei­chen. Und gegen Ports­mouth ver­lieren. Doch Ramsey muss da schon längst nie­manden mehr von sich über­zeugen. Nur noch ent­scheiden, zu wel­chem Verein er wann geht. Er folgt schließ­lich dem Ruf des FC Arsenal, dem Ruf von Talente-Schmied Arsène Wenger. Obwohl er eigent­lich von klein auf Man­chester United-Fan ist.

Doch Wenger weiß ihn und seine Familie zu über­zeugen. Fliegt sie am Rande der Euro­pa­meis­ter­schaft 2008 alle­samt in die Schweiz ein und erläu­tert seinen Schlacht­plan. Beschreibt ihn als einen Spieler mit einem fan­tas­ti­schem Motor, einer guten Statur, guten Technik sowie einer außer­or­dent­li­chen Spiel­auf­fas­sung.“ Und sieht ihn als eine Art offensiv den­kenden Roy Keane“.

Wenger ver­spricht ihm sofor­tige Ein­sätze in der ersten Mann­schaft und hält Wort. Dann der Schock. Es ist die zweite Arsenal-Saison für Ramsey. Es ist der 27. Februar 2010. Stoke City-Ver­tei­diger Ryan Shaw­cross erwischt den Waliser in der 69. Minute mit einer Attacke, die mehr Mord­an­schlag denn Tack­ling ist. Die Folge: Schien- und Waden­bein­bruch. Als die Team­kol­legen den am Boden lie­genden Ramsey sehen, die sichtbar abste­henden Kno­chen sehen, schlagen sie die Hände über den Köpfen zusammen. Sie wissen, was dieser Angriff auf die Gesund­heit eines ihrer größten Talente bedeutet. 

Neun Monate dauert es, ehe er erst­mals wieder für das Reserve-Team der Gun­ners auf­laufen kann. Doch natür­lich ist Ramsey nicht sofort wieder der alte. Sie ver­leihen ihn nach Not­tingham und Car­diff, Spiel­praxis und Match­fit­ness sam­meln. Und der Plan geht auf. Ramsey kämpft sich zurück, wird erneut zur tra­genden Säule bei Arsenal. Der Höhe­punkt ist die Saison 2013/14. Die Fans der Gun­ners wählen ihn mit über­ra­genden 58 Pro­zent zum Spieler der Saison. Nicht zuletzt, weil er in der Ver­län­ge­rung des FA Cup-Finales den Sieg­treffer erzielt.

Die eier­le­gende Woll­milchsau der Liga

Er ist auf der Höhe seines Schaf­fens ange­kommen. Sein Trainer Arsène Wenger schwärmt: Er kann ver­tei­digen, er kann Angriffe ein­leiten, er kann Tore erzielen. Was will man mehr? Ich wünschte, ich wäre so ein Spieler gewesen.“ Und Arsenal-Legende Ray Par­lour ergänzt: Er kann für Arsenal werden, was Steven Ger­rard für Liver­pool ist.“ Der übri­gens eben­falls ins Schwärmen gerät: Er ist der beste Mit­tel­feld­spieler der Pre­mier League.“ Und die Zahlen geben ihnen Recht. Obwohl er mal wieder wegen klei­nerer Ver­let­zungen aus­fällt, ist er 2013/14 mit 16 Tref­fern Arse­nals bester Tor­schütze. Hat zudem die meisten Tack­lings seines Teams in den Rasen gesetzt. Und neben Yaya Touré als ein­ziger Spieler der Pre­mier League mehr als 1.000 Pässe gespielt. Ramsey ist die eier­le­gende Woll­milchsau der Liga. 

Lange davor wurde er mit 20 Jahren und 90 Tagen zum jüngsten wali­si­schen Natio­nal­mann­schafts­ka­pitän aller Zeiten ernannt. Und ganz nebenbei mit einem Model­ver­trag aus­ge­stattet. Und auch da macht er, natür­lich, eine gute Figur.

Drei­fa­ches Pech

Warum also ist dieser Mann nicht Jahr für Jahr in der engeren Ver­lo­sung für die Wahl zum Welt­fuß­baller des Jahres? Die Ant­wort ist ganz ein­fach: Arsenal, Wales und Ver­let­zungen. Denn weder in der hei­mi­schen Liga, noch in der Cham­pions League reichte es bei den Nord-Lon­do­nern in der jün­geren Ver­gan­gen­heit zu Titel- oder zumin­dest Fina­lehren. Im Natio­nal­team läuft ihm der noch spek­ta­ku­lä­rere Gareth Bale die Schlag­zeilen ab. Und wenn die ersten beiden Gründe aus kos­mi­scher Ver­bun­den­heit für einen Moment nicht zu greifen scheinen, ver­letzt sich Ramsey mit an Sicher­heit gren­zender Wahr­schein­lich­keit mal wieder für ein paar Wochen.

Man kann nur hoffen, dass sich das bald ändern wird. Am besten schon wäh­rend der Euro­pa­meis­ter­schaft. Allein schon, damit es über diesen außer­ge­wöhn­li­chen Fuß­baller am Ende seiner Kar­riere nicht immer nur heißt: Ah, Ramsey. Das ist doch der, nach dessen Tore die Stars sterben.