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Gegen Ende kam Bas­tian Schwein­steiger doch noch ins Schleu­dern. Seine Pre­miere als neuer Experte der ARD-Sport­schau hatte sich am Sonntag im Wesent­li­chen um das anste­hende Spit­zen­spiel zwi­schen dem BVB und dem FC Bayern gedreht. Schweini hatte erwart­bare Ehr­be­kun­dungen für beide Teams abge­son­dert, leichte Vor­teile für seinen Ex-Klub pro­gnos­ti­ziert und den­noch kon­sta­tiert, wie freudig gespannt er dem Match ent­ge­gen­fie­bere. Ein ent­spannter Kom­men­ta­toren-Talk also. Als die Spiel­ana­lyse abge­schlossen war, blieb nur noch die Frage nach Mario Götze.

BVB-Manager Michael Zorc hatte tags zuvor live bei Sky mit­ge­teilt, dass die Borussia den aus­lau­fenden Ver­trag des WM-Sieg­tor­schützen zum Sai­son­ende nicht mehr ver­län­gern wolle. Es war der medi­en­träch­tige Schlussakt eines Ver­bal­bal­letts, das BVB-Coach Lucien Favre schon seit Län­gerem im Zusam­men­hang mit der Per­so­nalie Götze auf­führt: Dass er in guter Spieler sei, aber nicht ins gegen­wär­tige System passe, aber Sys­teme könnten sich ja ändern. Die gewohnte Wat­te­bäusch­chen­schlacht in den Medien eben, wenn man einen ange­zählten Profi her­aus­kom­pli­men­tieren möchte. 

Der West­fale Zorc machte nun also Nägel mit Köpfen und ARD-Mode­rator Alex­ander Bommes for­derte seinen neuen Kol­legen Schweini am Ende ihres Kuschel­ge­sprächs nun doch und wollte wissen, wie nahe ihm Götzes Abgang ginge. Schwein­steiger erwischte die Frage auf dem fal­schen Fuß und er sprach – zwei­fellos unbe­ab­sich­tigt – mit freund­li­chem Grundton ein ver­nich­tendes Urteil: Es ist sehr, sehr schade. Denn wir wissen alle, dass er ein großes Talent war, als er noch jünger war.“

Wie einer alten Dame sagen, dass sie früher mal eine schöne Frau war

Was kann man einer alten Dame Schlim­meres sagen, als dass sie früher mal eine schöne Frau gewesen war? Schwein­steiger sprach jedoch aus, was die Mehr­heit in Fuß­ball­deutsch­land spä­tes­tens seit Götzes Rück­kehr nach Dort­mund 2016 denkt. Dass der Hoch­be­gabte aus Mem­mingen sein Karma längst ver­loren hat. Dass die Unbe­küm­mert­heit, mit der er den BVB in der glor­rei­chen Klopp-Ära fast im Allein­gang zur Meis­ter­schaft drib­belte, irgendwo auf den Trai­nings­plätzen an der Säbener Straße ver­loren gegangen ist. Dass ihn die Tat­sache, schon mit 22 Jahren als Welt­meister den Olymp des Fuß­balls bestiegen zu haben, sein Leben auf ewig in zwei Zeit­ein­heiten auf­teilt: die Jahre vor und die Jahre nach 2014. Kurz: Dass von ihm keine Stei­ge­rung mehr zu erwarten ist.

Und so liest sich die Lauf­bahn des Mario Götze in den letzten Jahren wie eine Anein­an­der­rei­hung von Miss­ver­ständ­nissen. Sein Schei­tern in Mün­chen. Seine Rück­kehr nach Dort­mund, die die Fans auf der Süd mit Pla­katen wie Mai­land oder Madrid – Haupt­sache nicht Dort­mund! Ver­piss dich Götze!“ beglei­teten. Die Viel­zahl an Ver­let­zungen und die mys­te­riöse Stoff­wech­sel­er­kran­kung, die ihn über Monate aus dem Spiel­be­trieb nahm. Die Fett­näpf­chen, in die seine Gattin Ann-Kathrin wie­der­holt stol­pert.

Sein ange­bo­renes Talent, sein Künst­lertum, das ihn zu Beginn seiner Kar­riere wie einen Cham­pa­gner­korken auf den Wogen der Zeit und gleich­zeitig um die geg­ne­ri­schen Abwehr­reihen tän­zeln ließ, wurde im Schatten der Pan­nen­serie zum Fluch. Das Bild des nach­denk­li­chen Götze auf der Ersatz­bank oder gar Tri­büne ist in den ver­gan­genen Jahren schon fast zum Kli­schee geronnen. Ein Kame­ra­schuss, der sich für die TV-Kol­legen immer eignet, um bei der Vor­be­richt­erstat­tung der all­ge­meinen Euphorie auch einen leicht melan­cho­li­schen Unterton bei­zu­mi­schen.

Seien wir ehr­lich: Abge­sehen vom BVB-Trai­ner­stab und seinen gegen­wär­tigen Team­kol­legen kann nie­mand genau sagen, zu wel­chen Leis­tungen Mario Götze noch imstande wäre. Nur Medi­ziner können ermessen, wie sehr die lange Ver­let­zungs­pause sich auf seine Physis aus­wirkt. Und inwie­weit Götze auch mental dazu in der Lage wäre, eine Mann­schaft zu führen und ihr seinen Stempel auf­zu­drü­cken, weiß am Ende wohl nur er selbst. Wenn über­haupt!