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Seite 2: „Berthold traf sich mit der Sängerin Loredana Berte“

Wie lernt man das?
Wenn man eine große Lei­den­schaft und intel­li­gente Bega­bung hat, ist es leichter, schneller zu sein als die anderen. Aber so wie man die Mus­keln trai­niert, muss man auch die Neu­ronen trai­nieren. In meinen Trai­nings­ein­heiten habe ich alles üben lassen, was in einem Spiel pas­siert, so dass das zen­trale Ner­ven­system der Spieler alles schon mal ver­daut hatte und schneller Lösungen fand.

Was für eine Mann­schaft fanden Sie vor, als Sie 1987 zum AC Mai­land kamen?
Ich traf auf tolle Spieler, aber keiner von ihnen hatte jemals den Euro­pa­pokal der Lan­des­meister gewonnen. Milan hatte zehn Jahre keinen Titel geholt. Das neue offen­sive Spiel hat ihre Spiel­lust, ihre Zusam­men­ar­beit und ihren vollen Ein­satz her­aus­ge­kit­zelt. Als ich Milan trai­niert habe, schrieb L’Equipe“: Nachdem man dieses Milan gesehen hat, kann der Fuß­ball nicht mehr der­selbe sein.“ Unser Spiel hat dazu bei­getragen, Syn­er­gien zu erzeugen, denn eine Mann­schaft hat eine Macht, die ein Ein­zel­spieler nie­mals haben kann.

Können Sie ein Bei­spiel nennen?
Nehmen wir den Halb­fi­nal­sieg im Lan­des­meis­tercup zwi­schen dem AC Mai­land und dem FC Bayern (4. April 1990, die Red.). Uns fehlten Ruud Gullit, Roberto Dona­doni und Carlo Ance­lotti. Aber die Aus­fälle machten uns nicht schlechter. Am Ende der ersten Halb­zeit wurden die Sta­tis­tiken ein­ge­blendet, Bayern hatte einmal aufs Tor geschossen und wir elfmal. In meinem ersten Jahr bei Milan holten wir die Meis­ter­schaft, obwohl Frank Rij­kaard noch an Real Sara­gossa aus­ge­liehen war und Marco van Basten von 30 Spielen nur drei durch­ge­spielt hatte, die anderen Par­tien war er ver­letzt. Und trotzdem holten wir die Meis­ter­schaft.

Wie nahmen die Fans die neue Mann­schaft wahr?
Sie sahen uns als wür­digen Sieger. Als ich bei Milan anfing, ver­kauften wir 30 000 Dau­er­karten. Nachdem wir Meister wurde, gingen 66 000 Dau­er­karten weg. 2000 Tickets bekamen die Gäs­te­fans, und 2000 gingen in den freien Ver­kauf.

Lieber Paolo, ent­schul­dige, dass dir mein Trai­ning noch immer Alb­träume beschert“

SMS von Arrigo Sacchi an Paolo Maldini

Milan setzte damals auf Hol­länder, Inter Mai­land vor allem auf Deut­sche wie Andreas Brehme, Lothar Mat­thäus und Jürgen Klins­mann.
Wenn ich an die Deut­schen denke, fällt mir immer eine Geschichte meines Freundes Osvaldo Bagnoli ein, der damals Trainer bei Hellas Verona war. Als sie nach Mai­land kamen, war zu meiner Ver­wun­de­rung Thomas Bert­hold nicht im Kader. Bagnoli erzählte, dass sich Bert­hold im Trai­nings­lager nachts raus­ge­schli­chen hatte. Vor seine Tür hatte er seine Schuhe gestellt, damit alle dachten, er sei im Zimmer und schlafe.

Aber er fei­erte die Nacht durch?
Er traf sich mit der Sän­gerin Lore­dana Berte. Als Bert­hold um sechs Uhr mor­gens zurückkam, war­tete Bagnoli schon. Er stellte ihn nie wieder auf.

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Immer noch Alb­träume vom Trai­ning? Paolo Mal­dini und Arrigo Sacchi bei der EM 1996.

Bar­bara Rombi Serra, Pic­ture Alli­ance

Sie waren berühmt für Ihr hartes Trai­ning. Paolo Mal­dini hat kürz­lich auf einer Podi­ums­dis­kus­sion in Trento erzählt, dass er immer noch Alb­träume habe.
(Arrigo Sacchi steht auf und holt sein Smart­phone. Er zeigt seine WhatsApp-Kon­ver­sa­tion mit Mal­dini, d. Red.)
Schauen Sie, ich habe ihm geschrieben: Lieber Paolo, ent­schul­dige, dass dir mein Trai­ning noch immer Alb­träume beschert. Mein Ziel war ein ganz anderes.“ Er hat geant­wortet: Ciao Arrigo. Ent­schul­dige du mich, dank deines Trai­nings habe ich gelernt, wie man Fuß­ball spielt.“ Ich war mit den Spie­lern sehr anspruchs­voll, manchmal auch hart, ich habe viel von ihnen ver­langt und ließ sie wahn­sinnig viel arbeiten, aber es zahlte sich aus.

Wel­cher war Ihr größter Sieg?
Der größte Sieg war nicht der Sieg an sich, son­dern wie wir gewonnen hatten. Wenn man auf höchstem Niveau trai­niert, dann ist nichts so wichtig wie Qua­lität. Aber es gibt etwas, das noch wich­tiger ist: Wenn man auf höchstem Niveau Werte vor­lebt, Werte wie das Ver­dienst, die Kultur, die Kunst, die Gefühle, das Spek­takel, das Mit­ein­be­ziehen, die Inno­va­tion – dann wird man zu einem wür­digen Sieger und erwirbt eine mora­li­sche Auto­rität. Den Sieg muss man sich ver­dient haben.