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Seite 2: „Ich sah Müdigkeit und Leere“

Sebes war 1948 Teil eines Trainer-Trios geworden, das die Natio­nalelf betreute; 1949 stieg er zum allein­ver­ant­wort­li­chen Chef auf und verlor in den fünf Jahren bis zum WM-End­spiel nur zwei Par­tien, eine gegen die CSSR, eine gegen Öster­reich. Sebes formte das Wun­der­team, das 1952 Olym­pia­sieger wurde, 1953 als erstes nicht-bri­ti­sches Team in Eng­land gewann und einen Monat vor der WM 1954 das Mut­ter­land des Fuß­balls gar 7:1 schlug.

Bei den meisten dieser tri­um­phalen Spiele bil­deten fol­gende fünf Spieler die Sturm­reihe: László Budai (Rechts­außen), Sándor Kocsis (Halb­rechter), Nándor Hidegkuti (Mit­tel­stürmer), Ferenc Puskás (Halb­linker), Zoltán Czibor (Links­außen). Dieses Quin­tett war mehr als nur ein­ge­spielt – Budai und Kocsis spielten zusammen auf dem rechten Flügel, seitdem sie Teen­ager waren.

Sebes stellte um

Doch diese Angriffs­reihe war nicht die, die am 4. Juli 1954 gegen Deutsch­land auf­lief. Sebes ent­schied sich, Czibor auf die andere Seite zu stellen, auf Rechts­außen. Und Budai wurde aus dem Team genommen und durch Mihály Tóth ersetzt, der auf Czi­bors ange­stammte Posi­tion ging.

Tóth hatte es in fünf Jahren gerade mal auf fünf Län­der­spiele gebracht (und würde nach der WM nur noch ein wei­teres bestreiten). Er ist eine solche Rand­figur, dass viele Nach­schla­ge­werke – und auch die offi­zi­elle WM-Home­page der FIFA! – lange Zeit angaben, der mit ihm nicht ver­wandte Joszef Tóth hätte im Finale 1954 gespielt.

Irgend­etwas war nicht in Ord­nung

Ungarn bestritt also die wich­tigste Begeg­nung seiner Geschichte mit einer Sturm­reihe, die noch nie zusammen gespielt hatte. Es gab Gründe dafür, etwa die kon­di­tio­nellen Pro­bleme von Budai sowie einige tak­ti­sche Über­le­gungen von Sebes. Aber die Sache ging nach hinten los.

Schon in der Halb­zeit­pause musste Sebes seine For­ma­tion ändern: Er beor­derte Czibor wieder zurück auf Links­außen, was dem Team nicht gerade Sicher­heit ein­flößte: Das gab uns das Gefühl, dass irgend­etwas in unserem Spiel, mit unserer Taktik, nicht in Ord­nung ist“, meinte später Ver­tei­diger Jenö Buzánsky. Ansonsten sagte Sebes nichts, obwohl seine Schütz­linge sehr drin­gend Auf­mun­te­rung brauchten. Zur Halb­zeit habe ich in die Gesichter meiner Kame­raden geschaut. Ich sah Müdig­keit und Leere“, erin­nerte sich Buzánsky.

Gusztáv Sebes starb am 30. Januar 1986. György Sze­pesi, der unga­ri­sche Radio­re­porter, der das Finale über­trug, sagte mal: Er hat die WM-Nie­der­lage nie ver­kraftet. Der Schmerz ließ ihn nie mehr los. Ich stand an seinem Ster­be­bett, er sah mich an und sagte: ›Wir haben ver­loren!‹“