Heute vor 30 Jahren starb Bobby Moore. Englands Kapitän galt als einer der berühmtesten Fußballer der Welt – ein Status, der ihn davor bewahrte, ins kolumbianische Gefängnis zu wandern.
Genauer gesagt, es fehlte ein Armband im Wert von 625 Pfund, was damals etwa 5.300 DM entsprach. Padilla sagte, sie habe gesehen, wie Moore das Schmuckstück gestohlen hätte. Bald wimmelte es im Foyer von Hotelangestellten, englischen Nationalspielern, gaffenden Touristen, Presseleuten und Polizisten. Sogar Englands Trainer Alf Ramsey kam aus seinem Zimmer geeilt, um zu hören, was es gab.
Zunächst nicht viel. Moore und Charlton bestritten den Diebstahl und machten ihre Aussagen, dann gingen sie zum Abendessen. England schlug Kolumbien 4:0 und gewann zwei Tage später auch noch gegen Ecuador in Quito. Am 24. Mai flog der Tross von dort zurück nach Mexiko-City – mit einem mehrstündigen Zwischenaufenthalt in Bogota.
Dort wurde Moore gebeten, seine Aussage auf dem Polizeirevier noch einmal zu bestätigen. Während Ramsey auf seinem Zimmer einen Western schaute, fuhr Moore zur Polizei. Doch auf dem Revier stellte sich die Sache auf einmal erheblich ernster dar: Der Spieler wurde stundenlang von einem Justizbeamten verhört. Als das Flugzeug mit der englischen Mannschaft sich in die Lüfte erhob, saß ihr Kapitän noch immer in einem weißgekachelten Raum und ließ durch den Dolmetscher fragen, was eigentlich los war.
Moore wird verhaftet
Schließlich, gegen 22 Uhr, sagte man es ihm. Ein Mann namens Alvaro Suarez hatte die Aussage von Clara Padilla bestätigt – Moore war verhaftet. Dank der Intervention der englischen Botschaft verbrachte er die Nacht aber nicht in einer Zelle, sondern wurde in einer Hacienda unter Hausarrest gestellt, die dem Präsidenten des kolumbianischen Fußballverbandes gehörte.
Die Kunde von der Verhaftung eines der berühmtesten Fußballer der Welt verbreitete sich in Windeseile. Daheim in England belagerten die Medien das Haus der Moores in solchen Massen, dass ein Polizeibeamter in Zivil zu einem Trick griff, wie man ihn nur aus dem Fernsehen kennt: Er verkleidete sich als Bobbys Frau Tina und lockte die Reporter vom Haus weg, damit die Familie es verlassen konnte, ohne verfolgt zu werden.
Während die Affäre politische Dimensionen annahm (die englischen und kolumbianischen Regierungen schalteten sich ein), ordnete ein Richter in Bogoto an, dass Moore und Clara Padilla ihre Versionen des Vorgangs am Tatort nachstellen sollten.
Jacke ohne Tasche
Diese seltsame Aufführung fand am 27. Mai statt, drei Tage nach Moores Verhaftung. Padilla zeigte dem Richter, wie Moore eine Vitrine geöffnet haben sollte und das Armband in seine linke Jackentasche gleiten ließ. Moore, der erstaunlich gelassen und entspannt wirkte, wies darauf hin, dass er jene Jacke noch immer trug, da sie zum Ausgehanzug der Nationalelf gehörte. Auf der linken Seite war überhaupt keine Tasche.
Am folgenden Tag wurde Moore wegen Mangels an Beweisen freigelassen. Als er am 29. Mai ein Flugzeug nach Mexiko-City bestieg, um endlich zu seiner Mannschaft zu reisen, warteten buchstäblich Tausende von Kolumbianern auf ihn. Moores Biograph Jeff Powell schrieb: „Er durchschritt die Menge wie eine Mischung aus dem Messias und einem Regierungschef: Er küsste Babys auf die Stirn, schüttelte Hände und winkte den Massen.“
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