Daniel Frahn wechselt zu Babelsberg 03. Der Chemnitzer FC hatte den Spieler zuvor wegen Kontakten zu rechtsextremen Fans rausgeworfen. Wie passt ein Mann wie er zum politisch engagierten Klub aus Potsdam? Eine Suche nach Antworten.
Der Verein belegt Frahn mit einer Geldstrafe und veröffentlicht ein Statement, in dem sich Frahn entschuldigt. „Im Austausch mit unseren Fans habe ich eines Tages auch Thomas Haller kennengelernt. Mir persönlich gegenüber ist er nie politisch geworden. Ich bin weit davon entfernt, sein Gedankengut zu teilen“, wird Frahn zitiert. Er habe dem Wunsch der Fans nach gemeinsamen Gedenken entsprechen wollen. Dabei sei ihm nicht bewusst gewesen, dass „dieses T‑Shirt so tief in der Nazi-Szene verbreitet ist”. Auch auf seinem Instagram-Kanal distanziert sich Frahn von Neonazis. Das Sportgericht des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) sperrt Frahn für vier Spiele, wovon zwei zur Bewährung ausgesetzt wurden. Zusätzlich muss er eine Geldstrafe zahlen.
Der 9. März sollte verheerende Folgen für den Chemnitzer FC haben. „Das war schon eine Zäsur und hat gezeigt, wie kaputt dieser Verein doch war“, sagt der ehemalige Trainer Bergner. Mehrere Sponsoren stiegen aus, in Deutschland war der CFC jetzt als Naziverein bekannt. „Der Verein war wirklich am Wanken. Wir haben die nächsten zwei Spiele verloren, weil die Spieler damit nicht umgehen konnten“, sagt Bergner. In den folgenden Monaten geht der Klub stärker gegen rechtsextreme Fans vor und erteilt Stadionverbote gegen Mitglieder von „Kaotic”.
Für Frahn gibt es keine weiteren Konsequenzen im Verein. Im Gegenteil: Bergner bestimmt ihn im Trainingslager Anfang Juli 2019 sogar zum Kapitän für die neue Saison. „Er hatte einen sehr, sehr hohen Stellenwert in der Mannschaft. Keiner hat gedacht, dass wir einen anderen Kapitän nehmen als Daniel.“ Frahns Verhalten am 9. März spielt zu dem Zeitpunkt für Bergner und sein Trainerteam keine Rolle mehr. „Er hat uns glaubwürdig mitgeteilt, dass es ein einmaliger Fehler war, den er bereut. Ich habe ihm geglaubt und habe ihm gesagt: Wir lassen dich nicht fallen. Er war dankbar dafür.” Um sicher zu gehen, führt der Trainer ein Gespräch mit seinem neuen Kapitän und versucht, Frahn die Bedeutung als Kapitän in der Öffentlichkeit klarzumachen. Bergner ist zuversichtlich: „Ich hatte das Gefühl, dass er es verstanden hat.“
Nur einen Monat später, im August 2019, fährt Frahn in seinem Auto mit dem mutmaßlichen Rechtsextremen Chris J. zum Auswärtsspiel nach Halle. Das Gericht sieht das als „unstrittig” an. Es ist jene Fahrt, die Trainer Bergner vom Teambus aus beobachtet. Frahn kommt nicht in die Chemnitzer Kabine, wie es verletzte Spieler von Fußballteams normalerweise machen, um das Team zu motivieren. Stattdessen guckt Frahn neben den als rechtsextrem bekannten Ultras das Spiel – obwohl der Pressesprecher des Chemnitzer FC Frahn zuvor per WhatsApp noch darauf hingewiesen hatte, aufzupassen, mit wem er zusammen im Block steht. Im Leipziger Café sagt Trainer Bergner rückblickend über die Wahl von Frahn als neuem Kapitän: „Das zeugt natürlich davon, dass ich die Entscheidung falsch getroffen habe.“
Der Spieler, der nach dem Hochhalten des Shirts am 9. März 2019 noch öffentliche Reue gezeigt hatte, erkennt dagegen keine Verfehlung. Bergner erzählt, dass er abends nach dem Spiel in Halle noch bei Frahn angerufen habe. Ob es etwas zu besprechen gäbe, habe Bergner gefragt. Nein, habe Frahn geantwortet. Es ist das letzte Telefonat, was Bergner mit Frahn führen wird. Seitdem haben die beiden keinen Kontakt mehr. „Er hat die Sache unterschätzt. Er hat wirklich gedacht, er macht das einfach so, er ist Daniel Frahn, da wird nichts passieren”, sagt Bergner.
Zwei Tage nach dem Spiel in Halle kündigt der Verein Daniel Frahn fristlos. Zu dem Kündigungsgespräch in der Geschäftsstelle kommt Frahn in einem Kapuzenpullover, „Loyal” steht auf der Brust, auf seiner Kappe ist der gleiche Schriftzug. Vor dem Gebäude des Vereins sichern Polizisten ab. In dem Gespräch sollen die Verantwortlichen des Klubs Frahn eine „einvernehmliche” Trennung angeboten haben – mit der Bedingung, sich von seiner rechtsextremen Stadionbegleitung zu distanzieren. Das lehnte Frahn ab.