Ein schwedischer Zweitligist will die Schwalben weltweit ausrotten – und beginnt bei sich selbst. Notfalls, sagen die Bosse, würde man sogar den Aufstieg sausen lassen.
Mit Grausen erinnert sich Wibrån an ein Bundesliga-Spiel gegen Energie Cottbus. Der Schiri hatte auf Freistoß entschieden. Als Wibrån daraufhin mit Gegenspieler Franklin um den Ball rang, ging der Brasilianer schreiend zu Boden, wand sich wie ein Fisch auf dem Trockenen und hielt sich das schmerzverzerrte Gesicht. Wibran flog vom Platz. „Das war das Schlimmste, was mir je in meiner Karriere passiert“, erklärt er und berichtet von seinem Einspruch gegen die Rote Karte vor dem DFB-Sportgericht. Wibran brachte sogar ein entlastendes Video mit: „Ich glaube, in gewisser Weise konnte ich die Herren damit überzeugen. Ich bekam nur ein Spiel Sperre statt drei oder vier.“
Auch Sportdirektor Concha kann Schauspielerei nicht ausstehen. Für ihn sei das eine Unart, ja – eine ansteckende Krankheit! „Ich will in meiner Mannschaft kein solches Virus haben. Wenn ein Spieler so etwas macht, dann spielt es keine Rolle, ob er gut ist – dann will ich ihn nicht.“ Concha spricht dieses Thema gegenüber potenziellen Neuzugängen offen an: „Ich lege ihnen dar, wie wir uns das Verhalten auf dem Platz vorstellen und was wir bei Östers von einem Spieler erwarten. Ein Punkt ist, dass wir solche Dinge nicht akzeptieren.“
Fußball soll besser sein
Vorstandsmitglied Lindberg denkt noch immer mit Schaudern an Suarez‘ Flugeinlage und an dessen Gestik in Richtung Schiri Deniz Aytekin. „Der Fußball sollte besser sein als das, was wir da sehen mussten“, findet Lindberg. „Wir wollen nicht auf solch eine Weise gewinnen. Wir würden auch nicht davor zurückschrecken, unsere eigenen Spieler für lange Zeit aus dem Verkehr zu ziehen.“ Zwar werde man künftig nicht nach jeder 50:50-Situation zu Gericht sitzen. Aber: „Bevor wir am letzten Spieltag durch eine Schwalbe in der 85. Minute aufsteigen, bleiben wir lieber zweitklassig – dafür aber anständig. Darum geht es doch im Sport.“
Schon vor dem Barca-Match habe Lindberg der Gedanke an die Sitten im Fußball umgetrieben, betont er. „Uns ist nicht mal eben über Nacht ein Licht aufgegangen. Aber dieses Spiel war die Initialzündung. Auch wenn wir hier in einer komplett anderen Welt leben als in Barcelona wollen wir nicht für solch einen Fußball stehen.“ Pepe von Real Madrid sei ein weiteres Negativ-Beispiel, findet Lindberg: „Der ist das größte Schwein auf dem Platz, dabei könnte sich Real doch jeden anderen Verteidiger der Welt kaufen. Warum also darf einer wie Pepe noch immer für sie spielen? Er schadet doch dem Ansehen des Klubs!“
„Ich hoffe, dass ich es tun würde“
Natürlich weiß Lindberg, dass ihm seine hehren Worte in der am 1. April beginnenden Zweitliga-Saison bleischwer auf den Fuß fallen könnten. Zumal der Klubboss im richtigen Leben ein Marketing-Manager und als solcher irgendwie verdächtig ist. Will da jemand eine Mogelpackung der Marke „Wir sind was Besseres“ kreieren? „Für uns geht es nicht darum, PR-Effekte zu schaffen oder in den Augen der Öffentlichkeit gut dazustehen“, betont Lindberg. „Wir wollen einfach helfen, den Fußball besser zu machen. Dass wir uns dabei auf eine sehr große Herausforderung eingelassen haben, ist uns schon klar.“
Und wie wäre das wirklich mit dem geschenkten Elfer am letzten Spieltag? In der 85. Minute? Beim Stand von 1:1? Wenn der Aufstieg auf dem Spiel steht? Östers-Kapitän Mario Vasilj wirkt nachdenklich: „Gehe ich in so einem Moment zum Schiri und sage ihm, dass es kein Elfmeter war? Ich kann heute nur so viel sagen: Ich hoffe aufrichtig, dass ich es tun würde.“