Julian Nagelsmann ist der älteste 29-Jährige der Bundesliga-Geschichte. Dabei ist er ein Glücksfall für Hoffenheim. Und ein Ärgernis für jeden wahren Fußballfan.
Diese Frisur. Die Haare Richtung Zukunft gegelt, als wäre ein Revival der frühen Neunziger der nächste heiße Scheiss. Als wäre die Popgruppe „Die Prinzen“ ein nachhaltiger Teil deutschen Kulturguts. Als wäre Landsberg am Lech, die Heimat Julian Nagelsmanns, das wahre Manhattan.
Diese Frisur, die tatsächlich das Einzige ist, was man dem Hoffenheimer Übungsleiter, für den DFB immerhin der „Trainer des Jahres 2016“, vorhalten könnte. Wenn das nicht so furchtbar dämlich und oberflächlich wäre.
Nachhaltige Arbeit, und trotzdem bleibt ein großes Aber
Weil es das ist, muss man Julian Nagelsmann eigentlich böse sein. Denn abgesehen vom hart geklebten Kopfschmuck gibt es an ihm nichts auszusetzen. Schlimmer noch: Durch seine unaufgeregte Art, durch seine über jeden Zweifel erhabene, formidable Arbeit macht es einem dieser sympathischste Streber verdammt schwer, das immer noch unbedingt zu kritisierende Konstrukt TSG 1899 Hoffenheim zu kritisieren.
Zugegeben: Der Klub erzielt nach Jahren des Sugar-Daddy-Wahnsinns Transferüberschüsse, arbeitet nachhaltig und setzt vermehrt auf junge und andernorts verkannte oder unerkannte Spieler. Auch wenn Kevin Vogt, Benjamin Hübner oder Sandro Wagner das ungern hören mögen. Trotzdem bleibt das große Aber vom Gusto eines Einzelnen, und sei die Absicht von Mäzen Dietmar Hopp noch so edel (gewesen).
Mit der Souveränität eines Dalai Lama
Wie also stellt er das an, dieser älteste 29-Jährige der Bundesliga-Geschichte? Wie schafft er es, erfolgreich eine Mannschaft anzuleiten, in der gleich fünf Spieler zumindest gleich alt, wenn nicht älter sind? Wie zieht er die Anhänger, vermeintlichen Experte und Kollegen auf seine Seite?
Die Antwort ist so einfach wie kompliziert zugleich: Nagelsmann hat Qualität. Und ist dabei vor allem authentisch und menschlich. Er verfügt auch als Junior über die Aura eines Elder Statesman. Wirkt in jeder Sekunde, in jedem Interview, jeder Spielszene wie einer, der schon alles gesehen, erlebt und durchlitten hat. Und jedes verdammte Mal scheint er die ihm gestellten Aufgaben mit der Souveränität eines Dalai Lamas zu lösen.