Nur 20 Minuten dauert das Comeback von Corentin Tolisso im Spiel gegen Freiburg, ehe sich der Franzose erneut verletzt. Eine Vertragsverlängerung wird dadurch immer unwahrscheinlicher. Und das, obwohl er lange Zeit als Hoffnungsträger galt.
Wir schreiben das Jahr 1994. „Everybody“ von DJ Bobo dudelt aus dem Radio, die Straps-Strümpfe von Karl Lagerfeld sind der modische Renner und die deutsche Nationalmannschaft vergeigt das WM-Viertelfinale gegen Bulgarien. Auf der Kino-Leinwand kämpft sich ein kleiner Löwenjunge in die Herzen von Klein und Groß. Fast eine Milliarde US-Dollar spielt der Animationsfilm „König der Löwen“ um den kleinen Simba weltweit ein.
Das markante Eröffnungslied des Filmes thematisiert den „Ewigen Kreis des Lebens“, in den sich Simba hineinfinden muss. Ebenfalls im Jahre 1994 wird Corentin Tolisso geboren. Gut 27 Jahre später findet auch er sich in einem „Ewigen Kreis“ wieder – einem Kreislauf der Verletzungen. Nur 20 Minuten nach seinem Comeback beim Auswärtsspiel in Freiburg muss er wieder verletzt vom Feld. Eine möglicherweise richtungsweisende Auswechslung.
Im Sommer 2017 wird der damalige Rekordeinkauf des FC Bayern von Experten als „Schweizer Taschenmesser“ bezeichnet. Tolisso sei vielseitig einsetzbar und dazu absolut zuverlässig. Knapp 42 Millionen Euro überweisen die Münchner für seine Dienste an Olympique Lyon, Tolissos Ausbildungsverein. Tolisso gilt als neuer Hoffnungsträger im Mittelfeld des FC Bayern. Als erfahrener aber eben auch moderner Mittelfeldmotor. Zum Zeitpunkt des Transfers ist er erst 22 Jahre alt. Tolisso soll Thiagos Technik und Arturo Vidals Kampfgeist miteinander vereinen und als Hybrid zum Mittelfeld-Boss des FCB werden. Diese Rechnung scheint in seiner Premierensaison auch durchaus aufzugehen. Tolisso trifft direkt in seinem ersten Bundesliga-Einsatz, wird Stammspieler und verhilft dem FC Bayern zum Gewinn der Meisterschaft. Bis auf eine kleine Schienbeinprellung, wegen der er kurzzeitig für zwei Wochen passen muss, ist auch sein körperlicher Zustand weitgehend tadellos. Mit der französischen Nationalmannschaft wird Tolisso im Sommer 2018 zudem Weltmeister, findet seinen Platz in einem Kader voller Weltstars.
Zurück zum „König der Löwen“. Dort ist Simbas größter Gegner sein böser Onkel Scar, dessen Intrigen er sich immer wieder ausgesetzt sieht. Im September 2018 wird auch Tolisso erstmals ernsthaft mit seinem größten Widersacher, seinem ganz persönlichen Scar, konfrontiert: Seinem eigenen Körper. Im Spiel gegen Bayer Leverkusen reißt sich der Franzose das Kreuzband, fällt 190 Tage aus und verpasst 33 Begegnungen. Nur sechs Pflichtspiele absolviert er in dieser Saison, sein Comeback im DFB-Pokalfinale gegen RB Leipzig verkommt zur Randerscheinung.
Und dennoch zeigt sich Tolisso kämpferisch, hält den Draht zur Mannschaft und schiebt bis spät in die Nacht Sonderschichten. Die neue Saison will der Franzose nutzen, um wieder anzugreifen. Doch kurz vor dem Saisonstart macht ihm eine Knöchel-OP einen Strich durch die Rechnung. Wieder verpasst der Mittelfeldspieler weite Teile der Spielzeit, Mitspieler Jerome Boateng betont: „Wir leiden alle mit Coco mit“.
Tolisso geht nach einem scheinbar harmlosen Zweikampf zu Boden. Diagnose: Kreuzbandriss