Francesco Totti kickt nicht mehr? Denkste. Der „Imperator von Rom“ regiert jetzt in der Kleinfeld-Serie A, beim Acht-gegen-Acht.
Wer Francesco Totti sucht, muss nur diesem Geräusch folgen: „Tock“, „Tock“, „Tock“, „Tock“. Es ist der Sound von paddelförmigen Kunststoffschlägern, die auf einen etwas zu schlaffen Tennisball einprügeln. Immer und immer wieder. Ungefähr im Sekundentakt. Dazwischen vereinzelte Flüche. Oder Jubelschreie. Und dann wieder: „Tock“, „Tock“, „Tock“. So klingt Padel-Tennis, jene obskure Mischung aus Squash, Tennis und Beach-Tennis, die gerade die Welt erobert.
Was das mit Francesco Totti zu tun hat? Nun, die käfigartigen Padel-Tennis-Courts gehören ihm. Sie sind Teil des „Totti Sporting Club“, einer kommerziellen Freizeit-Sportanlage im Südwesten Roms, zu der außerdem ein Kunstrasenplatz mit FIFA-Maßen sowie mehrere Fußball-Kleinfelder gehören. Hier, im grünen Vorort Ostia Antica, wo sich der Tiber ins Tyrrhenische Meer ergießt, trägt Francesco Totti neuerdings seine Heimspiele aus. Nicht im Padel-Tennis, sondern im „Calcio a 8“, einer ur-römischen Kleinfeld-Fußballversion, die in ihrer Intensität unweigerlich an antike Gladiatorenkämpfe erinnert: Acht gegen Acht. Auf E‑Jugendtore. Bis der Arzt kommt.
Am Montag siegte der „Totti Sporting Club“ (so heißt auch die Mannschaft) auswärts bei Atletico Eur mit 5:0. Zweifacher Torschütze: Francesco Totti. Der mittlerweile 43-Jährige kriegt einfach nicht genug vom Fußball in der „ewigen Stadt“. Nach über 600 Spielen für die Associazione Sportiva Roma (bis 2017) und einem zweijährigen Intermezzo als Sportdirektor der „Giallorossi“ (bis 2019) kribbelte es wieder in den Füßen. Nun also spielt Totti gegen Teams wie „O’Connell“ (gegründet vom Betreiber eines Irish Pubs in Rom), „Tiber Group“ (benannt nach einer Kfz-Werkstatt) oder „La fraschetta del pesce express“ (nach einem Fischlieferanten) – in der „Calcio a 8 Serie A“.
Was ein bisschen klingt wie „Wilde Liga Bielefeld“, ist in Wahrheit ein Kick auf erstaunlich hohem Niveau. Schließlich mischen in der großteils römischen „Calcio a 8 Seria A“ auch die AS Roma und deren Lokalrivale Lazio mit jeweils eigenen Teams mit. „Wenn der Ball läuft“, sagt Totti gern, „dann erkennst du schnell, wer kicken kann.“ Und wenn man sich den Kunstrasen und die Selfie-Jäger wegdenkt, bekommt man ein Gefühl dafür, wie Fußball früher gewesen sein muss. Damals, als es noch um um den Spaß am Spiel ging und um den sportlichen Status des eigenen Stadtteils oder der eigenen Straße.
Als Francesco Totti im vergangenen Sommer den Entschluss fasste, mit einem eigenen Team ins römische Kleinfeld-Geschehen einzugreifen, stellte er dem Ligapräsidenten Fabrizio Loffreda nur eine einzige Bedingung: Totti wollte nicht, wie üblich, in der Serie B einsteigen und sich über die Seria A2 hoch kämpfen. Er wollte gleich ganz oben mitmischen. Im Gegenzug versprach er, selbst mitzuspielen. „Anfangs dachte ich, Francesco Totti macht vielleicht zwei, drei Spiele und das war’s dann“, erinnert sich Loffreda in „The Athletic“. „Aber er spielt jede Woche. Ich glaube, er hat erst ein oder zwei Spiele verpasst.“ Eines wegen seiner Teilnahme an der EM-Auslosung, das zweite wegen eines Legenden-Länderspiels gegen Deutschland.