Trotz offiziell glänzender Besucherzahlen: Englands Fußball laufen die Zuschauer davon. Beim Kaschieren der Misere zeigen sich die Klubs jedoch äußerst kreativ.
Diese Trickserei dient auch dazu, Sponsoren und Partnern ein attraktives Umfeld für ihr Engagement vorzugaukeln, wie der britische Fußball-Vermarktungsexperte Rob Wilson erklärt. Höhere Zuschauerzahlen brächten eben „potenziell bessere Sponsoren“. Zudem würden sie laut Wilson den Dauerkartenverkauf ankurbeln, weil sie den Fans suggerierten, dass Fußball „ein heiß begehrtes Gut“ sei. Dabei ist er das bei vielen englischen Erstligisten schon seit Jahren nicht mehr – jedenfalls nicht zu den derzeitigen Preisen und bei den momentanen Anstoßzeiten, die gefühlt von Montagvormittag bis Sonntagnacht reichen. Hinzu kommen kurzfristige Terminverlegungen zugunsten der TV-Anstalten in aller Welt. Fußball in England ist alles – aber sicher kein Stadionvergnügen mehr.
Sogar Manchester City mit leeren Plätzen
Lange konnten die Klubs den Zuschauerschwund noch halbwegs kaschieren. Doch angesichts von mittlerweile halbleeren Blöcken im Schwenkbereich der TV-Kameras glaubte zuletzt niemand mehr die Statistik-Märchen. Zumal die Mogeleien bei weitem nicht nur von kleinen Vereinen mit schmaler Fanbase betrieben werden. Der FC Arsenal etwa kommunizierte für die zurückliegende Saison eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 57.054 (gut 95 Prozent Auslastung). Der eigene Fanverband „Arsenal Supporters‘ Trust“ aber zweifelte diesen Wert öffentlich an und nannte einen Schnitt von ca. 46.000. Die zum Teil trostlosen TV-Bilder aus dem Emirates Stadium sprachen eindeutig für die Version der Supporters.
Beim Schönen der Zuschauerzahlen zeigten sich übrigens auch Tottenham Hotspur (um 3.740 pro Partie) und der FC Chelsea (um 3.505) ziemlich rege. Vor allem aber für Manchester City sind die BBC-Recherchen richtig peinlich: Beim amtierenden Meister beträgt die Differenz zwischen dem offiziell bekanntgegebenen Wert (53.274, Auslastung: 97 Prozent) und dem laut Greater Manchester Police tatsächlichen Wert (45.792) stolze 7.482 Besucher – pro Partie. Das entspräche einer ungewöhnlich hohen No-Show-Rate von knapp 15 Prozent. Und das bei einem Klub, der in der vergangenen Saison 16 von 19 Heimspielen gewann und nur eines verlor (bei einem spektakulären Torverhältnis von 61:14).
Der Premier League laufen die Zuschauer davon
Lediglich einen englischen Klub spricht die BBC-Recherche von Tricksereien in Sachen Zuschauerzahlen frei: Bei Rekordmeister Manchester United, der für die vergangene Saison einen Schnitt von 73.575 (Auslastung: 98 Prozent) vermeldete, passierten laut Greater Manchester Police exakt so viele Besucher auch die Drehkreuze.
Eigentlich sind die Zahlen-Tricksereien der Vereine auch gar nicht das Problem. Besorgniserregend ist viel mehr die Tatsache, dass viele Spiele in der einst stimmungsvollsten Liga der Welt inzwischen vor ziemlich tristen Kulissen ablaufen. Um das zu erkennen, hätte es der BBC-Recherche gar nicht bedurft.
—
Am 14. Oktober ist es wieder soweit! Dann geht der Tag der Amateure in die zweite Runde. Wie auch schon im letzten Jahr soll sich hier alles um euch und eure Liebe zum Amateurfußball drehen. Während in der Länderspielpause Ruhe in die Stadien der Bundesliga einkehrt, rollt der Ball über Ascheplätze und Äcker quer durch die Republik und im Vereinsheim herrscht Hochkonjunktur. Genau das wollen wir zum Anlass nehmen, um darauf aufmerksam zu machen, wie großartig es ist, den Sportplatz nebenan zu besuchen. Ihr wollt dabei sein? Dann schaut auf tagderamateure.de vorbei »>