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Herr Fors­berg, wissen Sie noch, was Sie am 16. Oktober 2012 gemacht haben?
Nein, keine Ahnung.

Da gab es in Berlin ein WM-Qua­li­fi­ka­ti­ons­spiel, Deutsch­land gegen Schweden.
Ah, das 4:4. Natür­lich kann ich mich daran erin­nern. 4:4 nach 0:4, das geht nor­ma­ler­weise nicht. Nie­mand hat das geglaubt, nie­mand hat uns das zuge­traut. Aber im Fuß­ball kann alles pas­sieren, und wir haben es bewiesen. Das war ein Wahn­sinns­mo­ment.

Wenn das Spiel fünf Minuten länger gedauert hätte...
hätten wir viel­leicht noch gewonnen. Das ist das Schöne am Fuß­ball: Es ist eigent­lich egal, welche Qua­lität deine Mann­schaft hat – wenn es per­fekt läuft, kannst du den Welt­meister schlagen.

Auch im Rück­spiel, beim 5:3 für Deutsch­land, sind acht Tore gefallen. Können wir uns am Samstag in Sot­schi auf ein Offen­siv­spek­takel gefasst machen?
Ganz sicher nicht. Wir wollen auf keinen Fall vier Gegen­tore kas­sieren. Ich hätte aller­dings nichts dagegen, wenn wir vier schießen. Aber das wird schwer.

Worauf müssen sich die Deut­schen ein­stellen?
Wir sind eine typi­sche 4 – 4‑2-Mann­schaft, die richtig hart mit­ein­ander arbeitet. Wir sind sehr kom­pakt und kommen viel über die Men­ta­lität, über Lei­den­schaft. Das ist schön.

Gibt es im Spiel­stil Ähn­lich­keiten zwi­schen Schweden und Ihrem Klub RB Leipzig?
Nein, das ist was ganz anderes. In Leipzig gibt es mit unserem Spiel­stil ein biss­chen mehr Frei­heiten für den ein­zelnen, in Schweden geht es dagegen sehr streng zu. Wir haben nicht die indi­vi­du­elle Qua­lität wie RB, wir müssen alles zusammen machen. Sonst geht es nicht. Das ist unser Kon­zept. Und dass es funk­tio­niert, haben wir gegen Frank­reich in der Qua­li­fi­ka­tion und in den Play-offs gegen Ita­lien gezeigt.

Was schätzen bezie­hungs­weise fürchten Sie am meisten an den Deut­schen?
Wenn du dir die Natio­nal­mann­schaft anschaust, siehst du eigent­lich nur Welt­klas­se­spieler mit einer hohen indi­vi­du­ellen Qua­lität. Da kann jeder ein Spiel alleine ent­scheiden. Wir wissen ganz viel über Deutsch­land. Aber das ist eigent­lich egal, weil immer wieder was Neues kommt. Ein Spieler der Deut­schen kann auch mal einen schlechten Tag haben und trotzdem zwei Tore machen. Das gilt auch für die Mann­schaft ins­ge­samt. Selbst mit einer schwa­chen Leis­tung gewinnt sie 4:0 oder 3:2. Wir müssen einen per­fekten Tag haben, um sie zu schlagen. Aber der ganze Druck liegt jetzt bei Deutsch­land. Sie müssen jetzt Tore schießen, nicht wir.

In der Qua­li­fi­ka­tion hatte Schweden keine ganz so leichte Gruppe…
…joa…

…mit dem WM-Favo­riten Frank­reich…
…und Hol­land ist auch nicht so schlecht. Viele Leute in Schweden, auch die Jour­na­listen, haben schon vor der Quali gerechnet: Okay, neuer Trainer, einige neue Spieler – da kann die Mann­schaft viel lernen und zur nächsten Euro­pa­meis­ter­schaft dann richtig angreifen. Aber wir Spieler haben von Anfang an gesagt: Wir können das schaffen. Kein Pro­blem.“

Sie haben 2:1 gegen Frank­reich gewonnen. Das können nicht viele Mann­schaften von sich behaupten.
Natür­lich haben wir ein biss­chen Glück gehabt. Aber Glück ver­dient man sich auch, sagt man in Schweden. Wir haben 90 Minuten lang sehr hart gear­beitet. Wir wären auch mit einem 1:1 zufrieden gewesen, aber dann bekamen wir ein Geschenk – und machten sogar noch das Siegtor. Das war zumin­dest nicht unver­dient. Und auch gegen Ita­lien sind wir ver­dient wei­ter­ge­kommen.

Würden Sie sagen: Schweden hat sich die Qua­li­fi­ka­tion red­lich ver­dient?
Auf jeden Fall. Wir sind zu Recht bei der WM. Wir haben mit Frank­reich eine der besten Mann­schaften der Welt geschlagen. Und wir haben in den Play-offs Geschichte geschrieben: Zum ersten Mal seit 60 Jahren ver­passt Ita­lien eine WM-End­runde. Darauf müssen wir stolz sein. Wir müssen mit dem Gefühl raus­gehen, dass es ver­dient ist, hier zu sein. Wir wollen etwas Groß­ar­tiges errei­chen. Ein biss­chen was haben wir schon geschafft, aber wir sind noch nicht zufrieden.

Träumen Sie auch von sol­chen Erfolgen?
Ja, schon. Du musst immer träumen, du musst immer Ziele haben, sonst wird es schwer, dich zu moti­vieren. Welt­meister zu sein wäre nicht schlecht. (lacht) Ich habe immer geträumt: von der EM, von der WM. EM habe ich gespielt, jetzt kommt die WM.

Haben sich die Erwar­tungen in Schweden ver­än­dert?
Wir haben selbst dafür gesorgt, dass die Erwar­tungen gewachsen sind. Die Leute wollen von uns jetzt auch bei der WM gute Ergeb­nisse sehen. Wenn wir nur ein Spiel gewinnen und Dritter in unserer Gruppe werden, würde es wahr­schein­lich Kritik geben – weil wir gezeigt haben, dass wir mehr können. Wenn wir wei­ter­kommen, wäre das keine Sen­sa­tion. Die Leute würden sagen: Okay.

Könnten die Auf­tritte gegen Frank­reich und Ita­lien ein Modell dafür sein, wie man gegen Deutsch­land spielt?
Das kann sein. (lacht)

Was lässt Sie hoffen, dass es für Schweden am Samstag zu einer Sen­sa­tion reicht?
Du musst ein­fach den Fuß­ball lieben. Egal ob dein Land 83 Mil­lionen Ein­wohner hat oder 7000. Wenn du daran glaubst, dass du es schaffen kannst, geht es auch. Wir wissen, dass wir nicht die besten Spieler der Welt in unseren Reihen haben. Aber wir wissen, was wir machen müssen, um zu Tor­chancen zu kommen und um unser Tor zu ver­tei­digen. Natür­lich können wir uns gegen Deutsch­land erst einmal nichts aus­rechnen. Aber wir haben die Chance, sie zu schlagen. Wir können es. Da bin ich mir sicher.

Warum ist Schweden ohne Zlatan Ibra­hi­movic besser?
Das behaupten Sie!

Es ist eine Frage.
Zlatan ist immer ein Thema. Viele wollten ihn zurück­haben. Das wäre nicht schlecht für uns gewesen. Aber er hat Nein gesagt. Dann ist es so.

Waren Sie froh, als die Dis­kus­sion end­lich beendet war?
Ich bin immer so: Chill. Kommt er zurück – super. Kommt er nicht zurück – auch okay. Dann müssen wir es eben ohne ihn hin­be­kommen.

Viel­leicht pro­fi­tiert die Mann­schaft sogar davon, dass er nicht mehr da ist – weil sich die anderen Spieler nicht mehr hinter ihm ver­ste­cken können und selbst mehr Ver­ant­wor­tung über­nehmen müssen.
Das kommt auto­ma­tisch. Zlatan ist unser bester Spieler aller Zeiten, ohne Frage. Des­halb war er für die Öffent­lich­keit auch ein Thema. Aber wir Spieler mussten mit der Situa­tion zurecht­kommen, wie sie war. Viele wollen beweisen: Wir können es auch ohne ihn. Das haben wir gezeigt. Ich glaube, mit Zlatan ist jede Mann­schaft besser. Aber er ist nicht dabei – und wir sind trotzdem für die WM qua­li­fi­ziert.

Sie haben in der Bun­des­liga in der ver­gan­genen Saison nur zwei Tore erzielt und zwei vor­be­reitet. Haben Sie das Gefühl, bei der WM etwas gera­de­rü­cken zu müssen?
Das kann sein. Aber die Sta­tistik bedeutet mir nichts. Ich war drei Monate ver­letzt, habe die letzten Sai­son­spiele wegen meiner Rot­sperre ver­passt. Ich weiß genau, dass ich nächste Saison auch wieder auf 19 Assists kommen kann wie im Jahr zuvor. Ich fühle mich gut jetzt.

Ihr Groß­vater war auch Fuß­baller. Reist er gele­gent­lich nach Leipzig, um Sie spielen zu sehen?
Nein, das ist zu anstren­gend. Er ist inzwi­schen 90 und sieht nicht mehr so gut. Aber er ver­folgt alle Spiele von mir, im Fern­sehen oder am Radio. Mein Groß­vater, mein Vater und ich, wir haben alle drei mit 17 unser Pro­fi­debüt gefeiert, alle im selben Verein, bei GIF Sundsvall. Das ist sehr komisch – aber auch sehr cool.

Hätten Sie da über­haupt eine andere Mög­lich­keit gehabt, als Fuß­baller zu werden?
Sicher. Ich habe auch Eis­ho­ckey gespielt, Tennis, Flo­or­ball. Ich habe alles pro­biert. Am Ende habe ich mich für Fuß­ball ent­schieden. Aber erst mit 17. Eigent­lich ist es im Flo­or­ball sogar viel besser für mich gelaufen. Da war ich ganz nah an der U‑17-Natio­nal­mann­schaft. Im Fuß­ball hatte ich viele Zweifel. Ich dachte, es wird schwer, bei den Profis eine Chance zu kriegen. Aber mein Vater und meine heu­tige Frau haben mir gesagt: Pro­bier es erst mal beim Fuß­ball! Wenn es nicht klappt, kannst du es immer noch zum Flo­or­ball zurück­kehren. Umge­kehrt dürfte es schwie­riger sein.“

Wenn Sie sich einen Spieler aus der deut­schen Mann­schaft klauen könnten: Wer wäre das?
Uff, das ist ein großes Angebot. Es wäre nicht schlecht jemanden zu haben, der viele Tore schießt. So wie Timo Werner. Aber ich mag auch Özil. Er spielt sehr ähn­lich Fuß­ball wie ich. Trotzdem: Timo ist mein Mann­schafts­ka­merad, also würde ich Timo nehmen.

Haben Sie ein biss­chen Angst vor ihm?
Nein, über­haupt nicht. Ich freue mich riesig auf das Spiel. Ich glaube, ich werde zwei Tore machen. (lacht)

Das ist mal eine Ansage.
Ihr müsst es nur glauben!