Als Gianni Infantino vor zwei Jahren zum Fifa-Präsidenten gewählt wurde, gab er sich als großer Reformer aus. Jetzt hält er sein Versprechen, quasi, und will den ganzen Laden verkaufen.
Die Kinder in Afrika kickten unbeeindruckt weiter, als Infantino vor vier Wochen beim Fifa-Meeting in Ruanda den nächsten Versuch wagte, das Fifa-Council zu überzugen. Und wieder scheiterte. Ehe die „Süddeutsche Zeitung“ nun die Details offenlegte.
Alles, was die Fifa – abgesehen von korrupten Mitgliedern – ausmacht, nämlich die Rechte an den größten Turnieren, ihrer Vermarktung und Ausschlachtung auf allen medialen Kanälen, würde an die „Fifa Digital Corporation“ fallen. Eine Gruppe, bestehend aus wenigen Mitgliedern der Fifa und den Investoren. Eine Gruppe, angeführt vom japanischen Tech-Riesen SoftBank mit Verbindungen zum saudi-arabischen Königshaus, das mit der Zusammenarbeit seine Abhängigkeit vom Öl lockern und deshalb in Technologie-Start-Ups investieren will.
„Das geht doch nicht“
Ein heikler Punkt in den Plänen: Sollten sich die angedachten, neuen Turniere finanziell nicht lohnen, dürfte die neue Gruppe frühzeitig Abstand davon nehmen. Die wertvollen Rechte am Weltfußball würde sie aber behalten. Und allein die Videospiele, also der „Fifa“-Reihe von „EA Sports“ sind so viel wert, dass die 25 Milliarden als fairer Deal gelten.
Wirklich sinnvoll erscheint der Ausverkauf der Fifa also nicht. Außer für einen: Gianni Infantino ist nach den Informationen aus dem Arbeitspapier als Aufsichtsratschef des neuen Konsortiums vorgesehen. Er, der die Fifa ausgehöhlt hätte, stünde an der Spitze des neuen, mächtigen Unternehmens. Ein Deal, der so dreist ist, dass die Hausjuristen der Fifa ihre Zweifel angemerkt hatten. Die Folge? Infantino setzte die Juristen vor die Tür.
Ein Vorgehen, das sogar den empört, der im Glaskasten des Verbandsgebäudes am Zürichsee eigentlich schon alles gesehen haben müsste. „Er hintergeht die eigenen Leute – und missbraucht das Vertrauen der Fifa. Das geht doch nicht“, sagte ausgerechnet Sepp Blatter der „Bild“.
Hat Infantino die Entwicklungsländer hinter sich?
Mittlerweile sind auch die Präsidenten der Mitgliedsverbände hellhörig geworden. Die Uefa, die Infantinos Vorgehensweisen spätestens durch die Umgehung der Financial-Fairplay-Regeln für europäische Großklubs im eigenen Haus kennen sollte, forderte zuletzt konkrete Antworten vom Präsidenten. Der soll hingegen eine Unterstützerliste mit Unterschriften aus Südamerika, Asien und Afrika vorgelegt haben. Seit Infantino versprach, die WM aufzustocken und mehr Entwicklungshilfe zu zahlen, sind ihm viele Fußballkleinstmächte gewogen. Eine Strategie, die schon Blatter einzusetzen wusste.
Dort, in Südmerika, Asien und Afrika, kicken also die Kinder, an die der Fifa-Präsident in seiner Bewerbungsrede erinnert hatte. Sollten seine Pläne Wirklichkeit werden, dürften die – ebenso wie alle, die zur Basis des Fußballs gehören – vom Weltverband wohl vergessen werden. Ein Schock? Eher nicht. Oder hatten die, die jahrzehntelang das System von Sepp Blatter mittrugen, wirklich gedacht, dass sich durch Gianni Infantino etwas ändern würde?