Innerhalb von drei Jahren spielt sich der FK Bodø/Glimt von der zweiten Liga bis zur norwegischen Meisterschaft – und dabei die halbe Liga an die Wand. Wie hat der Verein aus dem hohen Norden das geschafft?
Wer in einem norwegischen Wörterbuch nach Übersetzungen für das Wort „Glimt“ blättert, findet dort zwei Vorschläge: „Flüchtiger Blick“ oder „Blitz“. Für den nordnorwegischen Klub FK Bodø/Glimt könnte es aktuell wohl keinen passenderen Beinamen geben. Schließlich darf sich der Verein seit diesem Wochenende zum ersten Mal norwegischer Meister nennen. Und das, obwohl er vor drei Jahren noch in der zweiten norwegischen Liga spielte. Ein blitzartiger Aufstieg eben.
Erst am 21. von 30 Spieltagen kassierten die Gelb-Schwarzen in dieser Saison die erste Niederlage – bis dahin standen 18 Siege und 2 Unentschieden zu Buche. Auch die Konkurrenz war wie vom Blitz getroffen: 6:0, 7:0 oder 6:1 lauteten die Ergebnisse, mit denen Bodø die Gegner aus dem Süden wieder auf den langen Weg nach Hause schickte. Und als der Verein am Wochenende fünf Spieltage vor Schluss die Meisterschaft klar machte, ging es längst nicht mehr nur um den Titel, sondern auch darum, wie viele Rekorde man knacken könnte. Zwei Tore müssen nun in den nächsten fünf Spielen noch geschossen werden, um Rosenborgs Torrekord von 1997 einzustellen, vier Punkte fehlen noch, um so viele Punkte zu sammeln wie bisher kein Meister zuvor.
Beheimatet ist der FK Bodø/Glimt im nordnorwegischen Stadt Bodø – noch kein Meister kam aus den nördlichen Provinzen Norwegens. Dort, wo die Sonne im Winter lange Zeit gar nicht hinter den Bergen hervorscheint, hat es der Fußball traditionell schwerer als im Süden des Landes. Geldgeber, kurze Wege, ganzjährig bespielbare Rasenplätze – all das findet man in den großen Städten Oslo, Trondheim oder Bergen. Im Norden hingegen führen die einsamen Straßen zwar an wunderschönen Fjordlandschaften vorbei, aber weite Entfernungen und der lange, kalte Winter schränken den geregelten Fußballbetrieb seit jeher ein. Erst seit 1972 dürfen Teams aus dem Norden deshalb überhaupt an der höchsten Liga teilnehmen. Bodø/Glimt schaffte dies als einer der ersten nordnorwegischen Vereine und holte sogar schon Mitte der 1970er den Pokal und eine Vizemeisterschaft. Abgesehen vom noch nördlicher angesiedelten Tromsø IL (aktuell 2. Liga) ist Bodø auch der einzige Klub aus dem Norden, der zu einem regelmäßigen Gast in der höchsten Spielklasse wurde.
Als wirklich beständig konnte man die Erstligajahre von Glimt bislang trotzdem nicht beschreiben. Eher mit in einem bekannten Fangesang: Mit den Zeilen „Wir steigen auf, wir steigen ab, und zwischendurch UEFA-Cup“ besangen die Fans des VfL Bochum Anfang der 2000er Jahre humorvoll ihr Dasein als Fahrstuhlklub. Die Anhänger des FK Bodø/Glimt hätten den Text damals problemlos übernehmen können. 2003 holte der Verein die dritte Vizemeisterschaft der Vereinsgeschichte, doch schon zwei Jahre später ging es runter in die zweite Liga. Nach dem Wiederaufstieg 2007 erreichte der Klub in der Folgesaison direkt den vierten Platz, um dann ein Jahr später schon wieder abzusteigen. Es waren unterhaltsame, aber finanziell ungesunde Jahre. Und doch kehrten die Nordnorweger auch 2017 nach einer überragenden Zweitligasaison wieder einmal in die Eliteserien zurück.
Trotz der Tatsache, dass der Verein schon zwei Jahre später Vizemeister wurde, zählte Glimt in dieser Spielzeit auch wegen seiner Vorgeschichte nicht zu den Titelfavoriten. Zudem hatten erneut Leistungsträger den Verein verlassen – beispielsweise Mittelfeldtalent Hakon Evjen, der zum AZ Alkmaar ging oder Amor Layouni, den es in wärmere Gefilde zu Pyramids FC nach Ägypten zog. Viele Saisonprognosen verorteten den FK Bodø/Glimt deshalb im Mittelfeld – und insgeheim wurde dem Nordklub sowieso der überraschende Abstieg eher zugetraut als der Titelgewinn.