Selbst zur Stunde seines größten Erfolgs gönnt man ihm keinen Makel. Nein, ein Manuel Neuer macht keine Fehler. Er ist der Schnellste, Souveränste, Modernste. Kurz: Er ist der beste Torhüter der Welt. Für das 0:1 gegen Inter Mailand wollte er zumindest eine Teilschuld auf sich nehmen, doch Johannes B. Kerner und Franz Beckenbauer ließen ihn nicht.
Zu seiner Faustparade gegen Eto’o in der 48. Minute sagte Neuer nach dem Spiel zu Sat-1-Moderator Kerner, dass er etwas gutzumachen habe. Schließlich sei die Situation vor dem 0:1 sehr unglücklich gewesen. Doch Kerner und Beckenbauer wiegelten gönnerhaft ab. Und während Kerner noch überlegte, ob er sich verbeugen solle, balzte Beckenbauer in Anspielung auf die Farbe von Neuers Trikot, dass dem Manuel Rot besonders gut stehe. Es war ein Dialog, wie er bezeichnend ist für den öffentlichen Umgang mit dem 25-Jährigen. Ungeschriebenes, aber immerzu ausgesprochenes Gesetz: Manuel Neuer war, ist und bleibt weltbester Torhüter.
Neuer ist größer als Eigenrauch Mulder und Wilmots zusammen
Auf Schalke ist er ein größerer Säulenheiliger als Yves Eigenrauch, Youri Mulder und Marc Wilmots zusammen. Auch wenn Inter 1:0 gewonnen hätte, wäre der Flugkopfball vor dem Gegentor schnell vergessen gewesen. Mehr noch, er wäre erst gar nicht diskutiert worden.
Neuers Alleinstellungsmerkmal: Kein Torwart macht solche Paraden. Sein Makel: Kein Torwart kassiert solche Gegentore. Der Höhepunkt des medialen Neuer-Hypes war der 21. Spieltag, als Dortmund gegen Schalke spielte – nach der Partie hieß es nur noch Dortmund gegen Neuer. In der Sportschau sympathisierte sich Kommentator Marc Schlömer von einem Superlativ zum nächsten. Mal war Neuers Leistung vielleicht einzigartig in der Bundesligageschichte. Mal war sie eine Leistung, die es vielleicht noch nie gab. Dabei waren die Schüsse auf sein Tor meist so zielgerichtet wie die Managersuche beim Hamburger Sportverein. Neuer zeigte zwar starke Paraden, doch war es eine Leistung, wie sie in dieser Saison schon etliche Bundesliga-Torhüter zeigten. Selbst Werder-Ersatz-Keeper Sebastian Mielitz hat in dieser Spielzeit schon gleichermaßen über 90 Minute überzeugt.
Ein Bälle parierender Superlativ
Hinzu kommt: Manuel Neuer präsentiert sich nicht etwa fehlerfrei. Zuletzt patzte er gegen Frankfurt, als er unter einem 73-Meter-Pass von Tzavellas herstolperte und den Weg für den 1:1‑Ausgleich ebnete. Und auch in den Rückrundenspielen gegen Borussia Mönchengladbach und den HSV strahlte er nicht gerade übernatürliche Souveränität aus.
Derzeit kann man ihn sicherlich den besten Torhüter Deutschlands nennen. Doch für viele ist er mehr, ein Bälle parierender Superlativ. Als solcher muss er sich mit Namen wie Iker Casillas, Petr Cech, Pepe Reina oder Maarten Stecklenburg messen. Das Problem dabei: Durch das Prädikat „bester Torhüter der Welt“ haftet ihm der Nimbus der Unfehlbarkeit an – und das ist er noch weniger als die Spieler, die diesen Titel vor ihm trugen.