Weltklassestürmer fürchteten seine Kompromisslosigkeit, heute hat er Geburtstag: Jürgen Kohler über geklaute Sportwagen, wütende Sizilianer und knifflige Zweikämpfe.
Sie machten sich eher mit anderen Aktionen unsterblich. Zum Beispiel im Champions-League-Halbfinale 1997, als Sie für Borussia Dortmund gegen Eric Cantona in Manchester auf der Linie klärten. Dabei hieß es, Sie hätten eine Magen-Darm-Erkrankung?
Was eine Lüge war. Am Tag vor der Abreise hatte meine Frau eine Fehlgeburt. Also habe ich Ottmar Hitzfeld angerufen und er hat logischerweise nicht mit mir geplant. Irgendwann in der Nacht vor dem Spiel sagte meine Frau aber, ich solle fliegen. Also rief ich wieder Hitzfeld an, der Klub organisierte alles, ich flog mit einer Charter-Maschine nach Manchester und stand abends auf dem Platz.
Wenig später gewannen Sie gegen die alten Kollegen aus Turin mit einer Rumpftruppe sensationell die Champions League. Ihre Erinnerungen an die Feier nach dem Spiel?
Die ist sehr verblasst. (Lacht.) Ich muss ganz ehrlich sein: Ich habe keine Ahnung, wie ich an dem Abend nach Hause gekommen bin. Zum Glück war meine Frau dabei, die hat mich damals eingepackt.
Zum Abschluss Ihrer Karriere hätte das Double folgen können. Sie fuhren als Deutscher Meister zum UEFA-Cup-Finale nach Rotterdam.
Da war ich in der 32. Minute allerdings ein bisschen zu langsam – Notbremse, Rote Karte. Und der Freistoß war dann auch noch drin. Van Hoijdonk. Die Mannschaft hat zwar ein großartiges Spiel gemacht, aber trotzdem 3:2 verloren. Ich habe allerdings von keinem Fan je ein böses Wort gehört. Das war, gerade am Tag danach, als wir in Dortmund die Meisterschaft feierten, schon sehr rührend. So was kann man auch nicht mit Geld bezahlen. So habe ich meine Karriere trotz der Roten Karte als glücklicher Mensch beendet.
Danach arbeiteten Sie als Trainer. Erst für Duisburg, später in der Oberliga. Für Sie ein ungewöhnliches Level. Warum?
Ich habe mich 2009 bewusst aus dem großen Geschäft zurückgezogen. Damals wurde festgestellt, dass ich eine erweiterte Aorta habe, dementsprechend musste ich kürzertreten. Als die medizinischen Möglichkeiten ausgereift waren, ließ ich mich 2015 am offenen Herzen operieren. Jetzt könnte ich wieder angreifen. Allerdings haben Vereine mit Leuten wie mir mittlerweile ein Problem. Weil Sie wissen, dass ich – anders als die jungen Trainer – nicht so viele Kompromisse eingehe. Und immer meine Meinung sage.