Die erste Präventivnominierung, eine Rückbesinnung auf den Fußballgott und die schönste Schwalbe seit dem Sommerfest der Ornithologen. Kurzum: die 11 des Spieltags.
Ron Ulrich
Ja, unser geschätzter Kollege Ulrich steht heute in der Elf des Spieltags. Zugegeben, nicht aufgrund seiner eigenen sportlichen Leistung (schoss heute den halben Empfangsraum in Schutt und Asche), sondern wegen einer besseren Vorhersagekraft als Wetterfrosch Sven Plöger. „Schalke gewinnt gegen Leipzig, überall Euphorie – und dann verlieren sie gegen Hannover“, sagte Ulrich. Vor exakt fünf Wochen. Und was sollen wir sagen: er behielt recht. Faselt nun die ganze Zeit über einen Europapokalsieg, aber auch die Meteorologie erklärt ja meist nur, wie es hätte sein sollen und nicht wie es wirklich wurde.
Jesus Jonathas
Womit wir sogleich zum gefeiertsten Einstand seit Erfindung des Mettigels kommen. Für neun Millionen Euro, neue Rekordsumme, kam der Brasilianer nach Hannover und traf nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung zum 1:0‑Sieg. Wenn auch nur, weil er zur richtigen Zeit am richtigen Ort stand, was aber ja zum Jobprofil eines guten Stürmers seit jeher gehört. Spätestens jetzt dürfte Jonathas also in Hannover nur noch Messia.., äh Jesus genannt werden. Und wenn er zur nächsten Trainingseinheit an die Mettigel denkt, haben wir ihn auch schon ins Herz geschlossen.
Denis Zakaria
Das Schweizer Neuzugänchli derzeit neben der SPD mit den bundesweit ulkigsten Werten. Denn auch im zweiten Spiel schob der Sechser jeden Pass zum eigenen Mitspieler, was bedeutet, dass er nach insgesamt 135 Minuten Bundesliga noch ohne Fehlpass, dafür aber mit zwei Gelben Karten und einem Tor gelistet wird. Darüber hinaus musste ihn sein Trainer Dieter Hecking auswechseln, weil er akut Gelb-Rot gefährdet über den Platz wütete. Was ihn für uns mensch-gewordenen Fluggrätschen aus der 11FREUNDE-Redaktion nur noch sympathischer macht. Weiter so.
Leverkusens Mr. X (Lucas Alario?)
Die wohl erste Präventiv-Nominierung in der „11 der Woche“-Geschichte. Doch egal, wen Völler für das Leverkusener Sturmzentrum demnächst ankarrt, der Mann wird knipsen ohne Ende. Das hat der Neu-Neuner, unfreiwillig, auch am Samstag gegen Hoffenheim wieder bewiesen. Denn wie schon zum Auftakt gegen München erspielten sich seine zukünftigen Mitspieler beste Chancen im Minutentakt, doch – anders all er – versiebten all die wuseligen Brandts und Vollands, Baileys und Mehmedis diese Chancen fahrlässiger als blinde Goldgräber. Wenn der neue Superstürmer, der aller Voraussicht nach auf den Namen Lucas Alario hören wird, also endlich da ist, wird er Gelegenheiten genug bekommen, den Ball zum Rumsen zu bringen. Und wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, es nicht vorher gewusst zu haben.
Kyriakos Papadopoulos
Es gibt Dinge, die sind ohne Diskussionsspielraum stillos: Jackets mit Sportartikel-Emblem etwa, Halb-Jeans-Halb-Kord-Hosen, oder auch gewöhnliche Schwalben. Und es gibt vor Swag strotzende Dinge wie die Schauspieleinlage vom HSV-Abwehrchef Kyriakos Papadopoulos. Der sank im Spiel gegen Köln nach einem leichten Windzug, den der vorbei eilende Gegenspieler heimtückisch in seine Richtung gedrückt hatte, dermaßen bedeutungsschwer zu Boden, dass man sich nach Instant-Filmmusik über die Stadionlautsprecher sehnte. Eine Meisterleistung des Griechen, zumal in Zeiten des Videobeweises. Schade nur, dass er sich später reumütig für seine durchweg gelungene Performance entschuldigte. Und so mit dem Hintern einriss, was er vorher mit den eigenen Händen geschaffen hatte. Peinlich.
Die Technik
Fliederblauer Hintergrund bei Eurosport, Tonprobleme bei Sky, Störungen bei der Telekom und teilweise nur der Bundesligatrailer bei Amazon. Ganz gleich, welcher Sender übertrug, irgendwas war an diesem Spieltag immer. Was zumindest einen Sieger zur Folge hatte: die gute alte Radiokonferenz.
Holger Badstuber
Wir hadern ja oft mit dem Fußballgott, ganz besonders wenn wir uns erneut das WM-Halbfinale von 2006 ansehen oder die Aufstiegsregelung in der Regionalliga (was auch immer der Fußballgott dafür kann). Oder eben wenn uns die Verletztenliste von Holger Badstuber vorgelegt wird. Dann zetern und klagen und schimpfen wir drauf los. Und dann, kurz bevor wir uns vom Sport abwenden wollen und wahrscheinlich kläglich scheitern würden, schädelt dieser Badstuber vor ausverkauftem Haus, als Anführer einer Cannstätter Rasselbande, den Ball ins Tor. Und lässt uns wieder an den Fußball glauben.
Nuri Sahin
Unter Peter Bosz finden in Dortmund Fast-Vergessene zu alter Stärke zurück. Mario Götze, das Selbstbewusstsein auf den Rängen, es würde nicht wundern, wenn Frank Mill bald wieder auf Torejagd gehen würde. Am Stärksten ist zurzeit aber Nuri Sahin, Profiteur der Verletzung von Julian Weigl, und derzeit Führender auf der Liste des Bundesligators des Jahres – wohlgemerkt am zweiten Spieltag. Setzte den Ball per Dropkick in einer affenartigen Geschwindigkeit und Geradlinigkeit ins Berliner Tor, dass sich Gerüchten zufolge Elon Musk noch gestern die Technik für sein Hyperloopsystem patentieren ließ.
Hannovers Minimalismus
Übrigens ist Hannover 96 seit dem Wochenende als gängige Übersetzung des Wortes „Minimalismus“ erlaubt. Denn mit nur fünf Schüssen aufs Tor und zwei Treffern, somit also zwei 1:0‑Siegen und sechs Punkten liegen die Niedersachsen – sofern uns diese Zahlenspielerei nicht jetzt schon überfordert hat – auf Platz Vier. Dass das nicht direkt zu Europapokal-Gesängen auf den Rängen führte, hat, neben Martin Kind, auch den Grund, dass Coach Breitenreiter noch von alter Station gezeichnet ist und zu einer Neujustierung der Saisonziele nur sagte: „Wir sind ja nicht auf Schalke, sondern in Hannover. Da geht man mit gewissen Dingen realistisch um.“
Sören Storks
Noch weniger auf Einsatz hoffen als Benedikt Höwedes dürfen zurzeit eigentlich nur die vierten Offiziellen. Sitzen deshalb meistens auf einer einsamen Bank, gehen pflichtbewusst oder aus Langeweile zu den Trainern, wenn die im wahrsten Sinne die Linie übertreten und zeigen zweimal pro Spiel die Nachspielzeit an. Ein ruhiger Arbeitstag, der für Sören Storks ganz anders endete. Nachdem sich Dr. Felix Brych in Köln verletzte, musste Storks an die Pfeife und zeigte Hamburgs Mergim Mavraj die Ampelkarte. Damit ist Storks nicht nur der erste eingewechselte Schiedsrichter, der einen Platzverweis aussprach, sondern hat auch mehr Einsatzminuten als eben Höwedes.
Thomas Müller
Wir, die morgens mit Spiritus duschen und abends Grillanzünder aus Holzwolle snacken, freuen uns immer diebisch, wenn irgendwo der Baum brennt. Umso schöner, dass das neueste, leicht kokelnde Exemplar an der Säbener Straße steht. Nicht aus sportlichen Gründen, sondern weil Thomas Müller, ausgerechnet Müller, dieser stoische Teamplayer, sich über mangelnde Einsatzzeit echauffiert hat. Quasi der Glimmstängel unter den Länderspielpausen. Wir bleiben dran, beziehungsweise fahren gleich mit einem Eimer Pyridin nach München.