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Oliver Hof­mann, wie sehr unter­scheidet sich Ihre Inklu­si­ons­mann­schaft von einer her­kömm­li­chen Fuß­ball­mann­schaft?
Gar nicht so sehr, wie man viel­leicht denken könnte. Die Spieler trai­nieren, kämpfen, feiern und leiden zusammen, genau wie jedes andere Team auch. Der Ball rollt überall gleich. Aber es bedarf der Hilfe der erfah­renen Spieler der SG Bad Soden, damit die Spieler mit Behin­de­rung richtig aus sich her­aus­gehen können. Im Gegenzug lehren letz­tere die anderen sehr viel Mensch­li­ches. Wir haben 15 Männer vom BWMK – dem Behin­der­ten­werk Main-Kinzig bei Hanau – im Alter von 25 bis 30 Jahren, mit kör­per­li­cher oder geis­tiger Behin­de­rung im Team. Dazu kommen fünf erfah­rene Spieler aus dem Verein, die noch Bock haben. Die Männer bringen sich hier gegen­seitig etwas bei, das ist das Beson­dere an dem Pro­jekt.

Wie funk­tio­niert der Umgang zwi­schen den Spie­lern mit und ohne Behin­de­rung?
Total gut! Alle gingen von Anfang an sehr offen auf­ein­ander zu. Da bedurfte es nur eines Hi, ich bin der Karl aus Hanau“ und schon waren die total dicke! All­ge­mein herrscht eine groß­ar­tige Akzep­tanz, auch bei anderen Ver­eins­mit­glie­dern. Da finden unge­wöhn­liche Begeg­nungen statt und es werden ganz beson­dere Freund­schaften geschlossen. Die sehr unter­schied­li­chen Spieler gehen mit­ein­ander um, als würden sie sich schon 20 Jahre kennen.

Wie ging das Pro­jekt denn los?
Die Idee hatte die ehe­ma­lige Natio­nal­spie­lerin Pia Wun­der­lich, mit der ich heute die Mann­schaft trai­niere. Sie betreut auch die Hobby-Mann­schaft des BWMK, in der viele der Spieler schon lange aktiv sind. Es waren aber die Männer selbst, die im ver­gan­genen Jahr auf sie zukamen und den Wunsch äußerten, in einem rich­tigen Verein Fuß­ball zu spielen. Mit nor­malem Liga­be­trieb, so wie alle anderen auch. Der Ver­eins­vor­stand der SG Bad Soden war sofort begeis­tert und dann ging das alles auch ziem­lich schnell. Ich arbeite jetzt seit zwei­ein­halb Jahren als Hei­ler­zie­hungs­pfleger im BWMK und kenne die Spieler sehr gut. Mitt­ler­weile mache ich meinen Trai­ner­schein.

Der Fuß­ball gehörte also schon vor dem Pro­jekt fest zum Leben der Spieler?
Auf jeden Fall! Das Schöne ist ja, dass die Mann­schaft in ihrer Initia­tive ent­stand und nicht ein­fach nur eins von vielen sozialen Pro­jekten ist, das sich irgendein Sozi­al­ar­beiter aus­ge­dacht hat. Wir haben alles dabei – die obli­ga­to­ri­schen Bay­ern­fans, die BVB-Anhänger, aber durch die Nähe zu Frank­furt natür­lich auch viele, die für die Ein­tracht leben. Einige haben eine Dau­er­karte und sind rich­tige Hard­core-Fans. Diese Begeis­te­rung für den Sport spie­gelt sich dann auch in ihrem eigenen Spiel wider. Sie sind wirk­lich top­mo­ti­viert.

Wie unter­scheidet sich das Trai­ning in der 3. Kreis­liga vom Trai­ning beim BWMK?
Eigent­lich nur inso­fern, als dass wir ver­stärkt an der Koor­di­na­tion mit den anderen Spie­lern arbeiten müssen. Die grö­ßeren Unter­schiede wird es dann in der Liga geben. Dann spielen sie nicht mehr zu siebt über zweimal 15 Minuten, wie beim BWMK, son­dern zu elft, wie alle anderen auch. Und auf Groß­feld. Bald werden sie Spiele über 90 Minuten haben, dann gibt es über län­gere Zeit viel wei­tere Wege zu bewäl­tigen, das ist beson­ders zu Beginn natür­lich anstren­gend. Dem­entspre­chend haben die fünf erfah­renen Bad Sodener auch die Auf­gabe, die anderen mit­zu­ziehen. Dafür ist ganz viel Kon­di­ti­ons­trai­ning erfor­der­lich. Aber wir haben ja erst Mitte Juli mit dem Trai­ning begonnen und noch aus­rei­chend Zeit für eine gründ­liche Vor­be­rei­tung.

Am 30. August haben Sie Ihren ersten Spieltag. Welche Beson­der­heiten wird es bei den Spielen geben?
Vor kurzem hatten Pia Wun­der­lich und ich eine Grup­pen­be­spre­chung mit den Ver­ant­wort­li­chen der anderen Ver­eine, damit jeder ange­messen auf die Spiele vor­be­reitet ist. Wir wollen auf keinen Fall eine Son­der­be­hand­lung, aber den­noch muss Rück­sicht auf unsere Spieler genommen werden. Viele Gegner und Schieds­richter haben keine Erfah­rungen im Umgang mit Behin­derten und es müssen beson­dere Vor­keh­rungen getroffen werden. Zum Bei­spiel müssen immer Betreuer am Spiel­feld­rand bereit stehen. Dar­über hinaus kann es sein, dass es mal zu Kraft­aus­drü­cken kommt oder sich ein Spieler in einer Situa­tion falsch ver­hält, weil er die Regeln noch nicht ver­standen hat.

Sehen Sie die Spieler mit Behin­de­rung dadurch im Nach­teil gegen­über den anderen Spie­lern?
Nein, sie brau­chen ledig­lich mehr Trai­ning und fragen viel­leicht zwei- , dreimal nach, was jetzt noch mal genau Abseits bedeutet. Und da wir noch kein Pflicht­spiel absol­viert haben, können wir nicht genau sagen, wie sie mit Nie­der­lagen umgehen. Aber unsere erfah­renen Spieler sind ja da, um sie bei all dem zu unter­stützen. Da wird dann wäh­rend des Spiels noch viel Taktik bespro­chen. Wohin soll der Spieler laufen, wie muss er sich bei einem Angriff ver­halten, wie muss die Abwehr stehen? Und es darf viel­leicht nicht bei jeder Klei­nig­keit eine Karte geben, weil die Moti­va­tion sonst gleich am Boden ist. Aber mit jedem Spiel lernen sie ja dazu und können die Situa­tionen besser ein­schätzen.

Wie ist die Stim­mung in der Mann­schaft kurz vor Sai­son­be­ginn?
Die Spieler fragen jeden Tag, wann end­lich wieder Trai­ning ist und wie lange es noch bis Ende August dauert. Bei der Aus­sicht auf Zuschauer bei ihren Spielen und die vielen neue Ein­drücke sind sie natür­lich nervös. Der Liga­be­trieb ist für fast alle neu. Einer der Männer spielte schon bei der SG Höchst in Frank­furt, wurde aber immer erst ein­ge­wech­selt, wenn seine Mann­schaft schon fünf, sechs zu null führte. Klar hat ihm das einen Rie­sen­spaß gemacht, aber einen rich­tigen Ein­druck von der Fuß­ball­wirk­lich­keit bekam er dabei nicht. Die meisten von ihnen werden nun ins kalte Wasser geworfen.

Was ist für Sie und die Spieler das Wich­tigste an dem Pro­jekt?
In erster Linie geht es um den Spaß am Spiel. Dass dieser dazu bei­trägt, die Spieler mit Behin­de­rung in den Lig­aalltag zu inte­grieren, ist super. Dadurch lernen sie Zusam­men­halt und den Mann­schafts­ge­danken kennen und ver­grö­ßern ihr Selbst­be­wusst­sein. Aber natür­lich schweißt der Sport auch zusammen. So unter­schied­lich die Jungs auch sind, sie haben alle einen gemein­samen Nenner und der heißt Fuß­ball. Sie sind jetzt ein Teil einer Mann­schaft, werden gebraucht und sind unheim­lich stolz darauf.