Daniel Didavi führt den VfB Stuttgart mittlerweile als Kapitän aufs Feld. Dabei hätte seine Laufbahn aufgrund von einer schweren Knieverletzung längst vorbei sein können. Ein Gespräch über Schmerzen – und die Angst vor dem Karriereende.
Sie entschieden sich für eine OP – und wurden über ein Jahr nach Ihrer ersten Operation 2012 erneut am Knie operiert.
Ich war einfach glücklich darüber, dass es doch noch die Möglichkeit für ein Comeback geben würde.
Manche Profis absolvierten den Reha-Alltag ganz bewusst nicht auf dem Vereinsgelände, um Abstand zum Fußball zu gewinnen. Wie haben Sie es gemacht?
Wir haben beim VfB ein eigenes Reha-Zentrum, das nicht unmittelbar am Trainingsplatz liegt, in dem aber natürlich auch andere verletzte Spieler arbeiten. Trotzdem gewinnt man dort Abstand vom Tagesgeschäft. Anfangs habe auch ich versucht, andere Räume für mich zu finden, um meine tägliche Reha-Arbeit zu absolvieren. Für mich war dann allerdings schnell klar, dass mir eine gewisse Routine – auch in Bezug auf die Räumlichkeiten – gut tut.
Wie sah zu dieser Zeit der Kontakt zu Ihren Mitspielern aus? Tritt man irgendwann aus der gemeinsamen Whatsapp-Gruppe aus?
Ausgetreten bin ich nicht, aber es gab zu dieser Zeit kaum Kontakt mit anderen Spielern. Ab und zu habe ich mit den Trainern gesprochen oder geschrieben, sie wollten mich immer mal wieder ins Boot holen. Aber auch denen erklärte ich meine Situation.
Wie meinen Sie das?
Ich habe Ihnen offen gesagt, dass ich mich zum Großteil aus dem fußballerischen Alltag raus halten möchte und das eine aktive Entscheidung von mir ist, mit der ich mich selbst schützen möchte.
Stießen Sie dabei auf Verständnis?
Ja. Ich glaube, jeder konnte meine schwierige Lage nachvollziehen.
Würden Sie sagen, dass der Fußball zu diesem Zeit vollends aus ihrem Alltag verschwunden ist?
Zumindest hatte ich in diesen zwei Jahre nicht mehr viel mit Fußball zu tun. In der gesamten Reha-Zeit ging es vielmehr um den Menschen, als um den Fußballer oder ein mögliches Comeback. Das tat mir zu diesem Zeitpunkt gut.
Welches Ziel hatten Sie denn in der Reha vor Augen?
Die Physios und Ärzte haben mir in dieser Zeit vermittelt, dass es für mich primär darum gehen würde, nach der Reha wieder alltägliche Dinge wie Fahrradfahren oder Treppensteigen tun zu können. Der Profifußball war zu diesem Zeitpunkt weit entfernt.
Wie gingen Sie mit Schmerzen um?
Nach meiner ersten Operation waren die Schmerzen kaum auszuhalten. Während der zweiten Reha lernte ich unterschiedliche Schmerzen kennen. Nach all den Spritzen und Tabletten begann ich langsam wieder ein Gefühl für mein Knie zu bekommen. In der Folge konnte ich die Schmerzen besser einschätzen und wurde nicht gleich nervös, wenn ich etwas im Knie spürte. Aber natürlich härtet man auch ab und gewöhnt sich an den Schmerz.
Gehen Sie davon aus, dass Sie ihr Leben lang Schmerzen im Knie haben werden?
Ja.
In der breiten Öffentlichkeit geraten Fußballer nach schweren Verletzung schnell aus dem Fokus. War es für Sie ein Problem, sich nicht mehr Woche für Woche 50.000 Menschen präsentieren zu können?
Nein, im Gegenteil. Mir hat die Anonymität gut getan. Ich weiß, dass es dazu gehört, in der Öffentlichkeit zu stehen und ich akzeptiere das und freue mich darüber, wenn ich mit Fans in Kontakt komme. Aber ich persönlich war nie ein großer Freund davon, erkannt zu werden. Mir hat in dieser Zeit der Fußball gefehlt. Und klar habe ich es vermisst, vor 50.000 Menschen zu spielen. Aber nicht, weil mir die öffentliche Anerkennung fehlte, sondern einfach, weil die Stimmung in einem Fußballstadion geil ist.