Werder Bremen gilt als großer Verlierer dieser Transferperiode, der Schuldige steht für viele Fans fest: Frank Baumann. Dabei hat der eigentlich längst bewiesen, dass er auch unter schwierigen Bedingungen gute Arbeit abliefern kann.
Im Tandem mit Kohfeldt schien dem Klub eine rosige Zukunft vorzuschweben, die sogar aus der Bremer Jugend einiges hervorbringen sollte. Stichwort: Maximilian und Johannes Eggestein. Bis die Saison 2019/20 kam. Vor der Saison wurden knapp 14 Millionen Euro in den neuen Kader gesteckt, von den Abgängen kam allerdings nichts zurück. Diese Abgänge hatten es aber in sich. Max Kruse (21 Scorerpunkte) und Martin Harnik (acht Scorerpunkte) verließen den Verein, insgesamt 29 Torbeteiligungen aus der Vorsaison. Ersatz fand Baumann in Niclas Füllkrug und Leonardo Bittencourt. Füllkrug verletzte sich bereits im September schwer und fehlte der Mannschaft 258 Tage oder 28 Spiele am Stück. Ein Verlust, den Kohfeldt nicht aufzufangen wusste. Der Verein befand sich nach der Hinrunde tief im Abstiegskampf auf Platz 17. Während andere Teams den Trainer wechselten und so die Kurve bekamen, setzte Frank Baumann gänzlich auf seinen angestellten Trainer. Er unterstützte ihn soweit, dass er ihm sogar neues Personal an die Hand gab. Im Winter kamen Davie Selke und Kevin Vogt. Letzterer war durchaus ein durchdachter Transfer, gab Vogt doch vor allem der teils hanebüchenen Defensive ein wenig mehr Stabilität.
Selke, der einst schon mal für Werder Bremen das Trikot übergestreift hatte, hatte jedoch viel vom Glanz vergangener Tage eingebüßt. In elf Bundesligaspielen gelang ihm kein einziges Tor. In der Relegation saß er 180 Minuten auf der Bank. Selke ist noch bis 2021 an Werder ausgeliehen. Falls der Verein die Klasse halten sollte, kommt eine Kaufverpflichtung zum Tragen. Zehn Millionen Euro muss Baumann dann nach Berlin überweisen. Selten passte die Bezeichnung Panikkauf wohl besser auf einen Transfer als hier.
Die Chronik zeigt, dass eigentlich überwiegend Gutes in Bremen in den letzten Jahren passiert ist. Bis vergangenen Sommer. Die Abgänge von Kruse und Harnik konnten sportlich wie finanziell nicht kompensiert werden. Viele Verletzungen aus der Hinrunde machten den riskanten Ansätzen von Baumann und Kohfeldt einen Strich durch die Rechnung.
Wie sehr in Bremen Spitz auf Knopf gerechnet wurde, veranschaulicht spätestens seit dem vergangenen Transferfenster die Corona-Krise. Laut Rechnungen von fussball-geld.de hatte Werder Bremen mit etwa 18 Millionen Euro aus dem Spielbetrieb der 1. Bundesliga kalkuliert. Da ein Drittel der Saison vor leeren Rängen stattfand, fehlen hier circa sechs Millionen Euro zusätzlich. Sollte Werder nicht absteigen, kämen im Sommer erneut zehn Millionen Euro für Selke an Ausgaben auf Baumann zu. Macht insgesamt etwa 30 Millionen Euro. Und Fans im Stadion gibt es derzeit weiterhin nur sehr wenige. Der geplatzte Transfer von Milot Rashica könnte nun für Werder Bremen Fluch und Segen zu gleich werden. Zum einen ist das Team mit Rashica definitiv wettbewerbsfähiger als ohne ihn, aber im Falle eines Abstiegs würde Rashica im nächsten Sommer wohl auch nicht mehr Geld einbringen als in diesem. Falls der sportliche Erflog bis zur Winterpause ausbleiben sollte, könnte manch einer behaupten, ist es nur gut, dass das nächste Transferfester bereits in zwei Monaten wieder öffnet. Frank Baumann weiß aber, Geld wird bis dahin trotzdem nicht in der Kasse sein.