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Lan­des­liga in Bran­den­burg. Es läuft die 80. Spiel­mi­nute zwi­schen dem Kolk­witzer SV und Ger­mania Schön­eiche. Dann fliegt ein Ein­wurf in den Straf­raum der Haus­herren, die seit der 64. Minute mit 1:0 führen. Es beginnt ein Zwei­kampf, der eigent­lich keiner ist, mit einer Berüh­rung wie im Strei­chelzoo.

Plötz­lich ertönt ein Pfiff. Elf­meter für Schön­eiche, kein Witz, die Chance zum Aus­gleich. Der Schütze heißt Paul Mit­scher­lich, Spie­ler­trainer von Schön­eiche. Der 33-jäh­rige Rou­ti­nier legt ent­schlossen den Ball auf den Punkt, läuft an – und spielt dem Tor­wart ein­fach den Ball zurück. Rück­gabe statt Elfer-Tor.

Fair Play trotz Abstiegs­kampf

Es war ein Geschenk und jeder auf dem Platz hatte es gesehen. Ich konnte ihn ein­fach nicht rein­schießen, es fühlte sich nicht richtig an“, sagte Mit­scher­lich rück­bli­ckend dem Tages­spiegel. Einige Mit­spieler lobten Mit­scher­lich, bei anderen stieß der Kul­ler­ball auch auf Unmut.

Schön­eiche ist Neu­ling in der Liga und steht nur zwei Punkte vor einem Abstiegs­platz. Ein Remis gegen die Sechs­plat­zierten aus Kolk­witz wäre nicht bloß über­ra­schend, son­dern in erster Linie sehr wichtig im Abstiegs­kampf gewesen. Allein das macht Mit­scher­lich zum Helden der Unter­klasse.

Der Anti-Werner

Timo Werner ver­passte es im Spiel gegen Schalke mit Bra­vour, als Held gefeiert zu werden. Man stelle sich einmal vor, er wäre nach dem Spiel vor die Mikro­fone getreten und hätte gesagt: Natür­lich tut es mir ein biss­chen leid für meine Mann­schaft. Aber solche Dinge gehören nicht zum Sport. So möchte ich keinen Punkt holen.“

Wahr­schein­lich wäre DFB-Prä­si­dent Rein­hard Grindel noch am glei­chen Abend mit einem Heli­ko­pter ein­ge­flogen und hätte den 20-Jäh­rigen für das Bun­des­ver­dienst­kreuz vor­ge­schlagen. Doch es sind nicht die Worte von Timo Werner, es sind die von Paul Mit­scher­lich. 

Gän­se­haut beim Gegen­spieler

Der Gegner aus Kolk­witz war voll des Lobes. Nachdem Mit­scher­lich den Ball ver­schossen“ hatte, umarmte ihn ein geg­ne­ri­scher Spieler. Der Kolk­witzer Kapitän Ben­jamin Goertz erzählte hin­terher, er habe in diesem Moment Gän­se­haut bekommen.

Geg­ne­ri­sche Zuschauer applau­dierten, und sam­melten spontan Geld für die Mann­schafts­kasse der Gäste. Mit­scher­lich aber wollte weder umarmt werden, noch Bei­fall bekommen. Zu allem Über­fluss lan­dete in der Nach­spiel­zeit auch noch einer seiner Frei­stöße an der Quer­latte. 

Seit über zehn Spiel­tagen ist die Mann­schaft aus dem Osten Ber­lins sieglos. Doch Mit­scher­lich hat ein absolut reines Gewissen: Das war die rich­tige Ent­schei­dung. Und viel­leicht hat es auch der Fuß­ball­gott gesehen und hilft uns mit etwas mehr Glück in den nächsten Spielen.“ Auch für Timo Werner hatte der 33-jäh­rige Spie­ler­trainer ein paar Punkte übrig.

Auf fupa​.net echauf­fierte sich Mit­scher­lich beson­ders über einen Aspekt: Am schlimmsten ist für mich, dass er dann den Elf­meter auch noch selbst schießt. Er ist noch sehr jung. Mit so einer Fair Play-Aktion hätte er zum Held werden können. So ist es sehr schade. Wenn er es gestanden hätte, wären sicher alle Zei­tungen voll davon und für alle wäre es ein gutes Bei­spiel gewesen.“ Werner habe viel­leicht ein Tor geschossen, aber auch eine große Chance vertan. 

Fair­play bedeutet Anomalie

Mit­scher­lichs Aktion erin­nert an das Jahr 2012, als Miroslav Klose für Lazio Rom ein Tor gegen den SSC Neapel erzielte und den Schieds­richter darauf hin­wies, dass er es mit der Hand erzielt habe. Der Gegner, die Medien – alle ver­neigten sich vor Klose mit Lob. Die Gaz­zetta dello Sport“ schrieb, Klose sei in einer von Wett­skan­dalen erschüt­terten Liga eine Anomalie“ . 

Normal bedeutet im heu­tigen Fuß­ball­ge­schäft vor allem, clever zu sein. Mit­scher­lich kann dem nichts abge­winnen. Dass Profis eine Schwalbe erst nach Spiel zugeben würden, bringe rein gar nichts. Wenn sie dann auch noch so tun, als wäre Betrug nur eine andere Bezeich­nung für Cle­ver­ness, dann haben wir ein Pro­blem“, so Mit­scher­lich.