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Als Ver­lierer ging Cle­mens Fritz in Ham­burg vom Platz. Eigent­lich hätte es sein letztes Nord­derby sein sollen. Nach zehn Jahren. Nach zehn Jahren für den SV Werder Bremen, der dem dro­henden Abstieg ent­ge­gen­tau­melt. So kann eine Kar­riere nicht beendet werden, dachte sich auch Kapitän Fritz und ver­kün­dete unter der Woche seinen Rück­tritt vom Rück­tritt. Die Werder-Fans müssen glück­lich dar­über sein.

Fehl­pass um Fehl­pass hatte Cle­mens Fritz am Frei­tag­abend im Volks­park­sta­dion gespielt. Nach einer desas­trösen ersten Halb­zeit lag Bremen mit 0:2 gegen Ham­burg zurück. Doch genau genommen war Fritz nicht zu kri­ti­sieren. Immerhin konnten seine Ver­suche, den Ball an einen Mit­spieler zu bekommen, im Ver­gleich zu seinen Mann­schaft­kol­legen, noch als Pässe dekla­riert werden. Wenn diese zumeist auch den Fal­schen fanden. Sein Schuss kurz vor der Pause erzeugte so etwas wie Tor­ge­fahr – immerhin.

Mehr als ein Gefallen unter Freunden

Es war ein Spiel, das nach seinem Ende den Kapitän zur Aus­sage nötigte: Ich kann nach so einer Saison den Verein nicht ver­lassen.“ Das klang nicht nach umju­belter, echter Liebe – die in diesen Tagen ohnehin nur noch selten zu finden ist –, son­dern nach einem großen Sorry an die Fans mit dem Ver­spre­chen um Wie­der­gut­ma­chung. Oder wie es Fritz selbst for­mu­lierte: Wenn wir aber mit diesem Team nicht drin­bleiben, werde ich die Kon­se­quenzen mit­tragen.“ Es ist mehr, viel mehr, als ein Gefallen unter Freunden.

Zusam­men­halten in guten wie in schlechten Zeiten. Auch auf­grund dieser Aus­sagen wirkte der stets jung­ge­blie­bene Fritz wie ein Ehe­mann in der Mid­life-Crisis, der erkannt hat: Zu früh ver­hei­ratet, zu viel ver­passt und den dicken Sport­wagen fährt auch nur der Nachbar. Aber Schatz, ich bleibe bei dir.

Ohne Fleiß kein Preis

Denn: Seine Pflicht erkennen und tun, das ist die Haupt­sache“, sagte schon Fried­rich II., der Große. Der alte Fritz“, wie ihn seine Unter­tanen im 18 Jahr­hun­dert lie­be­voll nannten, ver­stand sich selbst als erster Diener des Staates. Er und Cle­mens Fritz haben des­halb wohl mehr gemein, als nur den Namen. Pflicht­be­wusst, dem Kol­lektiv die­nend, oft­mals eher Kar­tof­fel­bauer als Gei­gen­spieler.

Tugenden, die in Bremen geschätzt werden. Über seinen eigenen Weg zum Profi sagt der Fuß­baller Fritz: Ohne Fleiß kein Preis. Ich habe hart trai­niert und Dis­zi­plin gehabt.“

Sein Weg führte ihn von Rot-Weiß Erfurt zum VfB Leipzig, über Karls­ruhe nach Lever­kusen in die Bun­des­liga. 2003 bestritt der damals 23-Jäh­rige, der in der Jugend als Stürmer aus­ge­bildet worden war, sein erstes Bun­des­li­ga­spiel als Rechts­ver­tei­diger. Erst 2006 lotsten ihn Klaus Allofs und Thomas Schaaf zum SV Werder Bremen. Die ganz großen Zeiten des Weser­klubs waren da noch nicht vor­über. Ein Uefa-Cup-Finale verlor Fritz mit den Han­seaten, zwei DFB-Pokal­fi­nals spielte er. Einmal hielt er die Gold­tro­phäe in den Händen.

Im Laufe der zehn Bremer Jahre wech­selte Fritz vom Rechts­ver­tei­diger zum Mit­te­feld­spieler. Erst auf die Außen, später in die defen­sive Zen­trale. So wie in Ham­burg, als der Kapitän das Auf­bau­spiel zu ordnen ver­suchte, Impulse setzen wollte und in der Schluss­phase als letzter Ver­tei­diger gegen Ham­burger Konter Last-Man-Stan­ding“ spielte. Er war an diesem Abend der ein­zige Bremer, der an sein Nor­mal­ni­veau ging. Eine kämp­fe­ri­sche Leit­figur“ wie ihn der Kicker“ tags darauf bezeich­nete.

Emo­tional hat er die Fans zu selten erreicht

Es ist zugleich die Erklä­rung, wes­halb die Fans in Grün und Weiß so glück­lich über den Ver­bleib ihres Kapi­täns sind. Ja, sein müssen. In einer Mann­schaft ohne Super­stars und Idole, abge­sehen vom alternden und den­noch genialen Claudio Pizarro, ist Fritz die letzte Gal­li­ons­figur im Bremer Dress. Emo­tional hat er die Fans dabei ver­gleichs­weise und zu Unrecht selten erreicht.

Dabei gehört Fritz zu der Gene­ra­tion, die den Ansprü­chen an der Weser noch gerecht wurden. Er war Mit­glied von Mann­schaften mit Diego, Tim Wiese, Miroslav Klose, Per Mer­te­sa­cker und Torsten Frings. Er wurde dabei zum Natio­nal­spieler. Zum Vize-Euro­pa­meister 2008. Ein Relikt alter Tage. Viele Bremer Fans würden ihren Kapitän ver­mut­lich trotzdem gern gegen einen seiner Ex-Kol­legen ein­tau­schen. Einige warfen ihm bei der Ver­trags­ver­än­ge­rung sogar eine PR-Nummer vor.

Man kann nichts weiter tun, als fleißig arbeiten“

Heute ist der alte Fritz nur noch Anführer einer blassen Bremer Mann­schaft. In der nach den Plänen der Ver­ant­wort­li­chen ein zuletzt meist mit­tel­mä­ßiger Zlatko Junu­zovic für Freu­den­taumel sorgen soll. Oder Fin Bartels. Oder Jannik Ves­ter­gaard. PR also wofür?

Fritz, der Fuß­baller, scheint dem Rat des alten Fritz, dem König, zu folgen: In Unglücks­zeiten ist man nicht Herr der Ereig­nisse; man kann nichts weiter tun, als fleißig arbeiten.“ Arbeiten, kämpfen, sich mit Lei­den­schaft gegen den dro­henden Abstieg stemmen. Das kann Fritz. Die Bremer Fans sollten wirk­lich glück­lich sein, dass ihr Kapitän sie noch nicht und nie ver­lassen hat.