Heute vor 20 Jahren vergeigte Bayer Leverkusen auch die dritte von drei Titelchancen und unterlag im Champions-League-Finale mit 1:2 gegen Real Madrid. Wir erinnern an die endgültige Vizekusen-Stigmatisierung.
Der Text erschien erstmals 2007, fünf Jahre nach dem verlorenen Finale.
Eine Fußballsaison ist ein komplexes Gebilde. Höhen und Tiefen, Phasen der Euphorie und der Krise wechseln einander im Laufe der Spielzeit ab. Möglicherweise kommt irgendwann ein neuer Trainer, Teile des Personals verschwinden oder stoßen neu hinzu. Ist es also redlich, die Dramaturgie einer Saison auf fünf Minuten zu reduzieren? Sicher nicht, und doch kommt jeder, wirklich jeder, mit dem man sich über Bayer Leverkusen des Frühjahrs 2002 unterhält, auf bestimmte fünf Minuten zu sprechen. Und es sind nicht etwa die letzten fünf Minuten des letzten Spiels der Saison, sondern fünf vermeintlich unscheinbare Minuten ein paar Wochen zuvor.
Es ist der 20. April 2002, der 32. Spieltag, und Bayer spielt daheim gegen Werder Bremen. Fünf Punkte Vorsprung haben die Leverkusener zu diesem Zeitpunkt auf Borussia Dortmund, das gegen den schon fast abgestiegenen 1. FC Köln antreten muss. Die dunklen Regenwolken, die seit Tagen über dem Rheinland gelegen haben, sind auf einmal wie weggeblasen, es ist der erste warme Frühlingstag, „ein guter Tag, um Deutscher Meister zu werden“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ später schreibt. Doch Bayer kommt schwer ins Spiel und gerät durch einen Sonntagsschuss von Lisztes, bei dem Torwart Hans-Jörg Butt keine besonders gute Figur abgibt, rasch in Rückstand. Nach einer guten halben Stunde gelingt Zé Roberto der Ausgleich, kurz darauf verschießt Butt einen Elfmeter, so geht es mit dem 1:1 in die Pause. Bald nach Wiederanpfiff beginnen dann jene fünf Minuten, von denen noch Jahre später jeder spricht, der dabei war. Plötzlich erscheint eine Einblendung auf der Anzeigetafel der BayArena, Köln hat in Dortmund den Ausgleich geschossen. Das bedeutet: Wenn es dabei bleibt, braucht Bayer noch ein Tor, um auf sieben Punkte davon zu ziehen, dann wären sie vorzeitig Meister. Ein Ruck geht durchs Stadion und auch durch die Mannschaft, die beinahe wie von Sinnen alles nach vorne wirft, dabei ist doch noch mehr als eine halbe Stunde zu spielen. Am Ende der fünf Minuten schließt Ailton einen Bremer Konter zum 1:2 ab, und natürlich gelingt Dortmund durch einen unberechtigten Elfmeter in der Schlussphase das 2:1. Danach hat Bayer Leverkusen nur noch zwei Punkte Vorsprung. Als Michael Ballack nach dem Duschen auf den Parkplatz kommt, stemmt er sich trotzig den wartenden Journalisten entgegen: „Was ist? Irgendwas passiert?“
In Wahrheit war natürlich eine Menge passiert. „Bremen war der Knackpunkt für die Meisterschaft“, sagt Reiner Calmund heute. „Diese Einblendung hätte nicht kommen dürfen, und das Team hätte sich taktisch cleverer verhalten müssen.“ Calmund hat es sich mit belegten Brötchen und einem Milchkaffee im Kaminzimmer des „Altenburger Hofs“ gemütlich gemacht, einem Hotel in der Nähe seines Wohnortes im Bergischen Land. Wenn er von Bayer spricht, sagt er immer noch „wir“, obwohl er dort 2004 als Manager ausgeschieden ist. Er bleibt vorsichtig, wenn es darum geht, die aktuelle Bayer-Führung zu bewerten, doch die Identifikation mit dem Klub ist in jeder Sekunde zu spüren. Calmund redet gerne ohne Punkt und Komma, und jetzt, wo es um die Ereignisse des Frühjahrs 2002 geht, kommt man als Gesprächspartner höchstens ein Dutzend Mal in drei Stunden zu Wort. Der Ex-Manager redet sich in einen Rausch, wie man ihn von seiner damaligen Mannschaft auf dem Spielfeld kannte, dabei wirft er sich auf dem Sofa hin- und her, soweit es der massige Körper zulässt, und haut zur Betonung des Gesagten permanent mit der flachen Hand auf den Tisch.
Die Geschichte begann ja nicht erst 2002, sie begann spätestens im Sommer 2000. Da verlor Bayer Leverkusen am letzten Spieltag mit 0:2 in Unterhaching, verspielte die fast schon sichere Meisterschaft und begründete seinen Ruf als „ewiger Zweiter“. Als Coach Christoph Daum wenig später wegen seiner Kokainaffäre zurücktreten musste, dachte man bei Bayer erstmals über einen Trainer Klaus Toppmöller nach. Der stand beim Zweitligisten 1.?FC Saarbrücken unter Vertrag, ein Engagement in Leverkusen scheiterte damals an überhöhten Ablöseforderungen der Saarländer. Stattdessen verpflichtete Bayer 04 etwas überraschend Berti Vogts. Weil der als Spaßbremse galt, holte Calmund neben dem Co-Trainer Wolfgang Rolff und Torwart-Coach Toni Schumacher den immer fröhlichen Ex-Nationalspieler Pierre Littbarski in den Trainerstab, um die Profis bei Laune zu halten. Es war ein Schuss, der nach hinten losging. Littbarski, der zuvor einige Jahre in Japan gelebt hatte, präsentierte sich als ordnungsliebender, prinzipientreuer Typ. „Er war strenger als Berti, und Berti war fast der Stimmungsmacher“, sagt Calmund heute. Als Littbarski im Training Michael Ballack umgrätschte, hatte er es sich mit dem Kader verdorben. Im Sommer hatte Bayer als Vierter zwar die Qualifikationsrunde für die Champions League erreicht, doch die Atmosphäre war nachhaltig belastet.
So kam es, dass alle Trainer bis auf Schumacher am Saisonende gehen mussten, und Klaus Toppmöller mit ein paar Monaten Verspätung doch noch Chef-Coach in Leverkusen wurde. Für ihn, der allenfalls Anfang der 90er in Frankfurt mal ein ähnlich starkes Team trainiert hatte, ging mit dem Engagement ein Traum in Erfüllung. Während der Sommerpause saß er in seinem Haus in Rivenich an der Mosel und spielte an der Magnettafel tausende mögliche Aufstellungen durch. Was für Möglichkeiten: Allein das Mittelfeld mit Ballack, Zé Roberto, Bastürk oder Schneider ließ Kenner mit der Zunge schnalzen. Als Toppmöller mit Calmund bald darauf zur U21-Weltmeisterschaft flog und dabei die Mannschaftsquartiere der Argentinier und Brasilianer besuchte, konnte der Manager die unverhohlene Begeisterung des Trainers spüren. „Er war ein Fußballkind mit riesigen Träumen“, sagt Calmund. „Er hat mit dem argentinischen Nationaltrainer geredet, und dieser Moment war für ihn wie Ostern, Weihnachten, Geburtstag und Kommunion zusammen. Er hätte sich wohl am liebsten noch ein weiß-blaues Trikot übergezogen, mittrainiert und Autogramme geholt. Und diese Begeisterung hat er später in Leverkusen eins zu eins auf die Mannschaft und das Umfeld übertragen. Selbst mich hat er angesteckt, und ich bin ja schon ein abgebrühter Hund.“
Andere waren da skeptischer. Als die Experten ihre Prognosen für die Saison 2001/02 abgaben, tauchte Bayer Leverkusen kaum einmal im Vorderfeld auf. Klaus Toppmöller nahm diese Einschätzungen verwundert zur Kenntnis. „Das Beste, was uns vor der Saison zugetraut wurde, war Platz sieben. Udo Lattek prophezeite sogar den Absturz.“ Toppmöller gab die Prognosen an seine Spieler weiter, nicht ohne hinzuzufügen, dass sie seiner Meinung nach den Tatbestand der Beleidigung erfüllten. Der Coach hatte zu Beginn seiner Tätigkeit mit vielen Baustellen zu tun. Michael Ballack war bei den Fans in Ungnade gefallen, als eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag bekannt wurde. Zé Roberto wollte zu Deportivo La Coruña wechseln und in der Champions-League-Qualifikation gegen Roter Stern Belgrad erst gar nicht antreten, weil ihn dies für die Europapokalspiele anderer Vereine gesperrt hätte. Überhaupt war der Kader während der wenig erbaulichen Ära Vogts in Grüppchen zerfallen. Es ist Toppmöllers großes Verdienst, dass es ihm gelang, die divergierenden Kräfte zu bündeln und einem gemeinschaftlichen Ziel unterzuordnen, das sich in einem einzigen Satz ausdrücken lässt: den schönsten Fußball des Universums zu spielen.
Und sie legten gleich richtig los. In der Bundesliga mischte Bayer 04 von Anfang an in der Spitze mit, im DFB-Pokal marschierten sie durch bis ins Finale. Die Festtage aber waren die Abende in der Champions League, wo sich das Team als die „Mannschaft des rotierenden Kombinationsfußballs, die Europas Fußballadel die Schamesröte ins Gesicht treibt“, präsentierte. So zumindest sah es die italienische „Gazzetta dello Sport“. In der Vorrunde setzte sich Leverkusen gegen den FC Barcelona, Olympique Lyon und Fenerbahçe Istanbul durch, in der damals noch gespielten Zwischenrunde gegen La Coruña, Arsenal und Juventus Turin. Dann kam das Viertelfinale gegen den FC Liverpool. An der Anfield Road, wo seit Menschengedenken keine deutsche Elf mehr gewonnen hatte, unterlagen die Leverkusener 0:1, im Rückspiel gewannen sie mit 4:2. Nach einem Spielverlauf, der nicht nur Calmund wieder mal an die Grenze seiner Belastbarkeit geführt hatte, erlöste Lucio sechs Minuten vor dem Ende mit einem Gewaltschuss ein ganzes Stadion, eine ganze Stadt, ach, mittlerweile fast eine ganze Nation. Der Klub war auf dem besten Weg, „Everybody’s Darling“ zu werden.
Bayer Leverkusen hatte es nie leicht gehabt mit den Sportjournalisten. Als der Werksklub 1979 in die Bundesliga aufstieg, stand der 1.?FC Köln im Europapokal-Halbfinale und genoss noch die ungeteilte Aufmerksamkeit der Meinungsmacher in der benachbarten Medienstadt. Die Chefs der Sportredaktionen und die besten Reporter des „Kölner Stadt-Anzeiger“, der „Kölnischen Rundschau“, des „Kölner Express“ und der „Bild“ gingen lieber ins Müngersdorfer Stadion, sinnierten dann über die kölsche Fußballseele und vergangene Fußballzeiten. Was auf der rechtsrheinischen Seite „beim Bayer“ passierte, interessierte nicht viele: Nach Leverkusen wurden die Anfänger geschickt, die Volontäre. Trotz des Niederganges des FC in den 90er Jahren hatte sich daran eigentlich nie etwas geändert. Natürlich hing das auch mit dem damals verbreiteten Ressentiment zusammen: Wie viele Fans fanden auch die meisten Sportjournalisten den Gedanken unsympathisch, dass ein Konzern wie Bayer viel Geld in die Hand nahm und so mit dem 1.?FC Köln oder anderen gewachsenen Bundesligaklubs konkurrierte – oder sie gar überholte. Der spektakuläre Fußball, den Christoph Daum ab 1996 in Leverkusen spielen ließ, änderte daran erstmal nichts Grundsätzliches.
Im Frühjahr 2002 geschah nun auch hier eine Revolution. Angelockt durch die Erfolge, begleiteten plötzlich Journalisten die Mannschaft, die sich sonst kaum in Leverkusen hatten blicken lassen. Und auch sie ließen sich durch dieses atemberaubende Kombinationsspiel betören. Hartgesottene Kollegen, die schon diverse Fußball-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele hinter sich hatten, gerieten ins Schwärmen. Als Oliver Neuville später im Halbfinale von Manchester das 2:2 erzielte, sprang Hartmut Scherzer, mit 65 Jahren einer der Doyens der Szene, der schon 1974 in Kinshasa über den legendären Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman berichtet hatte, plötzlich auf und jubelte. Selbst ihn, den Routinier, hatte die schöne Spielweise der Leverkusener mitgerissen, er hatte die Distanz zum Objekt verloren. „Das ist mir seit 20 Jahren nicht mehr passiert“, wunderte er sich danach selbst über seinen Gefühlsausbruch.
Wenn nun bei den Kollegen aus Köln, die lange Zeit so ungern nach Leverkusen gefahren waren, die Antipathien gegenüber Bayer allmählich schwanden, lag das auch an Klaus Toppmöllers klarer, direkter, manchmal entwaffnend einfacher Art. Wie er es zum Beispiel schaffte, den schüchternen Bernd Schneider zu einem der besten Mittelfeldspieler der Welt stark zur reden, das verblüffte und faszinierte nicht nur Stephan Klemm, Redakteur beim „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Der Toppmöller ging einfach im Training zum Schneider und sagte: ›Das kann doch gar nicht sein, dass du hier nur ein Mitläufer bist, so wie du zockst im Training‹“, erzählt Klemm. „Probier diese Tricks doch auch mal im Spiel, dann hält dich keiner.“ Und dann gab er Schneider einen Stammplatz: „Du spielst immer.“ Derart gestärkt, zeigte der Schnix seine bis dahin spektakulärste Saison. Schneiders Ruf als „weißer Brasilianer“, als bester deutscher Techniker, war begründet. Weil Toppmöller ihn gewissermaßen mit Worten aufgeputscht hatte.
Spätestens nach dem Triumph gegen Liverpool aber wurde klar, dass die vielen Spiele an der Mannschaft nicht spurlos vorbeigingen. Das Team, das in der Hinrunde fast komplett von Verletzungspech verschont geblieben war, beklagte immer mehr Wehwehchen und größere Blessuren. „Das Problem ist ja nicht, dass du dich verletzt“, sagt Toni Schumacher. „Das Problem ist, dass du dich nicht auskurieren kannst. Das immer wieder mit ins nächste Spiel zu nehmen, das ist nicht gut.“ Einen Ballack oder Zé Roberto mal draußen zu lassen kam jedoch nicht in Frage, dazu war der Kader in der Breite zu schwach besetzt. Bayer ging also mehr und mehr auf dem Zahnfleisch, und was die Überbelastung nicht schaffte, das erledigten sie selbst. Dass Stürmer Thomas Brdaric in den entscheidenden Wochen fehlte, hatte laut Zeitzeugen weder mit Formschwäche noch mit einer Verletzung zu tun, sondern allein damit, dass Brdaric von Physiotherapeut Dieter Trzolek versehentlich ein Allergiemittel verabreicht worden war, das auf der Dopingliste stand.
Das aber meint Schumacher wohl nicht, wenn er sagt, das Trzolek „seine ganze Hexenküche auffahren“ musste, um die Spieler bei Kräften zu halten. Wie auch immer, die Mannschaft musste noch einen ganzen Monat durchhalten, und immer weiter ging es im Rhythmus der englischen Wochen. Unmittelbar nach dem bitteren 1:2 gegen Bremen zeigten die Leverkusener beim 2:2 in Manchester eines ihrer besten Spiele der gesamten Saison. Drei Tage später verloren sie in Nürnberg mit 0:1 und hatten die Meisterschaft fast verspielt. „Wenn 2002 überhaupt etwas an Unterhaching erinnerte, dann dieses Spiel“, sagt Reiner Calmund. Bayer war entkräftet, kam mit dem Druck nicht klar oder beides. Für Trauerarbeit blieb freilich keine Zeit, denn schon weitere vier Tage danach stand das Halbfinalrückspiel gegen Manchester United auf dem Programm. Dass sich die Mannschaft hier durch ein 1:1 ins Endspiel kämpfte, ist nach Calmunds Meinung hauptsächlich einem Mann zu verdanken: „Danach habe ich Ballack zum Ritter geschlagen. Es war klar, dass er zu Bayern München wechseln würde und noch die WM vor der Brust hatte. Aber was er in dem Spiel abgegrätscht und weggeputzt hat, war einfach unglaublich.“
Sie hatten es also tatsächlich geschafft, und sie hatten immer noch die Chance auf das Triple, die heilige Dreifaltigkeit aus Meisterschaft, DFB-Pokalsieg und dem Triumph in der Champions League. Der Traum von der Meisterschaft platzte zuerst. Zwar gewann Bayer am letzten Spieltag gegen Hertha BSC 2:1, doch die Dortmunder gaben sich keine Blöße und bezwangen ihrerseits Bremen mit dem gleichen Ergebnis. Die Bilder von Manager Calmund, wie er nach dem Abpfiff weinend zur Fankurve spricht, haben sich bis heute ins Gedächtnis gebrannt. „Das war Enttäuschung, aber auch Erleichterung“, beteuert das Schwergewicht heute. „Wir hätten an dem Tag ja auch noch die direkte Qualifikation für die Champions League verspielen können.“ Nach dem Match gegen Manchester war Calmund in der Kabine gewesen, hatte in die müden Gesichter der Spieler geblickt und gedacht, „wie kriegen wir die müden Kaulquappen bis Samstag wieder zum Laufen“. Jetzt, nach dem Sieg, sei die ganze Anspannung von ihm abgefallen. Die Meisterschaft war dennoch verloren, und eine Woche später auch der Pokal. Die Geschichte des Berliner Finales gegen Schalke ist schnell erzählt. Leverkusen ging durch den jungen Dimitar Berbatov nach einer halben Stunde in Führung. Nachdem Berbatov eine weitere Großchance vergeben hatte, gelang Jörg Böhme unmittelbar vor der Pause mit einem nicht unhaltbaren Freistoß das 1:1. Nach Victor Agalis 1:2 brach Bayer auseinander und verlor schließlich 2:4. Und wieder konnten die Spieler das Geschehen kaum verarbeiten: Sie hatten ja noch ein letztes Finale zu spielen.
Am Tag vor dem Endspiel der Champions League in Glasgow war ein Bankett anberaumt. Viele Prominente des Fußballs waren in das noble Fünf-Sterne-Hotel gekommen, Sepp Blatter zum Beispiel, als FIFA-Präsident der oberste Fußballfunktionär, UEFA-Chef Lennart Johansson, der ehemalige IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch, aber auch schottische Nationalheroen wie Sean Connery. „Eine ganze Galerie von Persönlichkeiten“, erinnert sich Meinolf Sprink. Sprink war damals Sportbeauftragter der Bayer AG, gewissermaßen der Herrscher über die vielen Weltklassesportler, die unter dem Bayer-Logo Medaillen und Meisterschaften sammeln: die Leichtathleten in Leverkusen, die Handballer in Dormagen, die Volleyballer in Wuppertal. Sprink hat die Statur eines Zehnkämpfers: breite Schultern, gut zwei Meter groß, dazu diese riesigen Hände, die bei der Begrüßung den Druck eines Schraubstocks entwickeln. Ausgestattet mit der Jovialität und Eloquenz eines Rheinländers, strahlt sein ganzer Auftritt Selbstbewusstsein aus. „Damals“, erzählt er, „sollte ich für Bayer die Tischrede halten“, denn das Englisch von Calmund und Holzhäuser „war für solche offiziellen Anlässe eher ein bisschen peinlich“. Sprachlich war das für Sprink kein Problem, weil er einige Jahre in den USA gearbeitet hatte. Als er aber die vielen Prominenten sah, die er sonst nur aus dem Fernsehen oder James-Bond-Filmen kannte, schlotterten ihm die Knie in dieser „Traumwelt“, wie er sie nennt: „Ich dachte: Was machst du jetzt hier? Ich kleines Licht von Bayer 04?“
Zunächst erhob sich Florentino Pérez, der Präsident von Real Madrid, und untermauerte mit kühler Rhetorik die Ambitionen des Klubs, der in jenen Tagen 100 Jahre alt wurde. Durch dieses Jubiläum, diese ruhmreiche Geschichte, schwang in der ganzen Ansprache mit, habe Real gewissermaßen das Recht auf den Pokal. „Der kam dabei schon als arroganter Geldsack rüber“, erzählt Sprink, was freilich für ihn eine Steilvorlage war. Als er selbst an der Reihe war, sprach er von einer langen märchenhaften Reise, an deren Ende Bayer Leverkusen nun stand. Davon, dass sie der Underdog seien, der krasse Außenseiter, der mit großen Augen auf die Großen der Fußballwelt schaute, der froh sei, Teil eines solchen Spiels sein zu dürfen. Und davon, dass sie nun, wenn es gut laufen würde im Hampden Park, sich vielleicht sogar den ganz großen Traum verwirklichen konnten. Es war eine romantische Geschichte, die Sprink erzählte, er war in diesem Moment sozusagen der Klaus Toppmöller der Fußballfunktionäre. Den meisten gefiel es. „Danach kam Blatter zu mir und bedankte sich“, sagt Sprink. Und womöglich erinnerte die Rede auch seinen berühmten Tischnachbarn an die Geschichte Schottlands, das Jahrhunderte lang gegen die Macht und Arroganz Englands gekämpft hatte. Die beiden Worte, die Sean Connery sagte, der im schottischen Kilt neben ihm saß, hat Sprink noch im Ohr: „Very remarkable.“ Bemerkenswert. Außergewöhnlich. So wie die Geschichte des Klubs in diesem Jahr.
Die Eigendynamik, die sich damals um die Bayer-Fußballer entwickelte, nennt Sprink heute „eine Art Tsunami, es wurde immer größer, wir sind von all dem überrollt worden“ – eine Erfolgswelle, welche die PR-Strategen des Konzern ironischerweise in die Bredouille brachte. Erst ein gutes halbes Jahr zuvor nämlich hatte die Bayer AG das Cholesterin-Präparat Lipobay vom Markt nehmen müssen, da es angeblich für 100 Todesfälle in den USA verantwortlich gewesen war. Der Kurs der Aktie fiel um fast 25 Prozent, der Marktwert Bayers schrumpfte um über fünf Milliarden Euro, für kurze Zeit drohte sogar die Zerschlagung des Weltunternehmens. Auch wurden Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut, alles wegen Lipobay. Die Stimmung war am Boden in der Region, die, wie es heißt, Fieber bekommt, wenn Bayer nur hustet. „Alle sind doch nur mit dem Kopf unterm Arm durch die Gegend gelaufen“, erinnert sich Sprink. Nun, im Frühjahr, standen die Prozesse in den USA an, mit ungewissem Ausgang.
Als im April und Mai 2002 die Ballacks, Schneiders und Bastürks ihr Kurzpass-Festival feierten und wenigstens im Sportteil positive Schlagzeilen schrieben, wussten die verunsicherten Marketing-Chefs damit nicht umzugehen. „Es gab eine endlose Debatte im Haus über die Frage, ob wir eine Anzeige schalten oder nicht“, rekapituliert Sprink. Der Konflikt war der: „Hier sind angeblich Menschen gestorben, auf der anderen Seite schreien wir Hurra.“ Das Ergebnis: Bayer schaltete keine Anzeige. Die Werbeeffekte durch die Tore der Fußball-GmbH waren auch so gigantisch, wie Sprink schon damals wusste. Rund 100 Millionen Euro hätte es die Bayer AG gekostet, auf anderem Wege so viel Aufmerksamkeit zu erregen, propagierte er, noch bevor das letzte Finale gespielt war. „Und damals musste ich mich noch belehren lassen, dass das zu bescheiden gerechnet war.“ Der Geschäftsführer von TEAM, dem Vermarkter der Champions League, sprach von 250 Millionen Euro – wegen der starken Marken FC Liverpool, Manchester United und Real Madrid, gegen die Leverkusen anzutreten hatte.
Am Ende dieser Saison hatte das ungeliebte Bayer, das jahrzehntelang als Werksklub verspottet und verhöhnt worden war, unglaublich große Sympathien gewonnen. Sprink packt es in einen Satz: „Die Leute hatten mit Bayer 04 ihren Frieden geschlossen.“ Lipobay ist längst nur eine Fußnote in der Geschichte des Konzerns, kaum jemand kann noch die näheren Umstände zu referieren. Die Siege der Werkself aber sind zu veritablen Mythen geronnen, fast jeder vermag die einzelnen Stationen noch nachzuerzählen. Auch Sprink wirkt in diesen Momenten nicht wie ein grauer Konzernbeauftragter, nicht wie ein Zahlenhuber, der nur schaut, ob sich das Investment lohnt, ob die Wertschöpfung stimmt. Auch er schwärmt wie ein Fußballfan. Nichts hat er vergessen: nicht die Szene, in der die Zuschauer in Old Trafford die Bayer-Elf mit Standing Ovations aus dem Theater der Träume verabschiedeten. Nicht den Freistoß im Pokalfinale, den sich Jörg Böhme zurechtlegte und „jeder im Stadion wusste, wo der ihn hinhaut, nur der Torwart nicht“. Nicht den Satz, den Calmund ihm nach dem Sieg gegen Liverpool sagte: „Wir können diesen Zug nicht mehr stoppen, und wir werden dafür einen hohen Preis bezahlen.“ Und nicht die Opferbereitschaft Michael Ballacks: „Der hat sich zum Schluss nur noch auf dem Fahrrad warm gemacht, wegen der Schmerzen, die er hatte.“
Aber das alles spielte jetzt keine Rolle mehr. Es ging ja nur noch um dieses eine Spiel. Als sie schon in Schottland waren, zeigten die Trainer dem Team ein Video mit einem Zusammenschnitt der schönsten Szenen der langen Saison in der Champions League: Tore, Jubelbilder, Traumkombinationen. Bloß nicht mehr an Bremen, an Nürnberg, an Schalke denken, und die Müdigkeit in den Knochen vergessen. „Wir waren überzeugt, dass wir das gewinnen“, sagt Toni Schumacher. Das Spiel wurde letztlich zu einem Spiegelbild dieses ganzen schönen, schrecklichen Jahres. Bayer war Real nicht nur ebenbürtig, Bayer war über weite Strecken die bessere Mannschaft. Und es war ja nicht das Real von heute, die Karikatur einer Fußballmannschaft, sondern eines mit Stars wie Figo, Roberto Carlos, Raúl und Zidane, als „sie noch kein Moos auf dem Rücken hatten“ (Calmund), sondern auf dem Zenit ihres Schaffens waren. Nach dem frühen Rückstand durch einen Kullerball von Raúl hatte Leverkusen durch Lucio bald ausgeglichen, dann aber gelang Zidane kurz vor der Halbzeit mit einem echten Traumtor, einem technisch perfekten Volleyschuss, das 2:1. Je mehr das Spiel dem Ende zuging, desto größer wurde der Druck, den Bayer auf das Tor von Real ausübte, doch immer scheiterten sie am Mann mit den 1000 Armen, dem erst während der zweiten Hälfte eingewechselten jungen Schlussmann Iker Casillas. Alleine in der Nachspielzeit hatten die Leverkusener drei erstklassige Möglichkeiten, darunter eine für den nach vorne gestürmten Torhüter Butt, aber es sollte nicht sein. „Wir hatten gedacht, der liebe Gott hätte Großes mit uns vorgehabt“, sagt Toni Schumacher, „aber nun mussten wir einsehen, dass es doch nicht so war.“
Welche Auswirkungen solch eine emotionale Achterbahnfahrt auf die Psyche eines Fußballers hat, kann man noch immer bei Thomas Brdaric heraushören, der im Champions League Finale wieder dabei sein durfte. „Wir waren nach dem Spiel wie in Trance“, erzählt Brdaric. „Was danach auf uns einstürzte, haben wir gar nicht mehr richtig wahrgenommen. Beim Bankett erinnere ich mich an Sponsoren, Frauen und Tische, aber eigentlich kann ich mich kaum erinnern.“ Das Bankett fand im vornehmen Landhotel MacDonald Crutherland außerhalb von Glasgow statt. Während Trainer Klaus Toppmöller noch nachts um zwei mit seiner Gattin tapfer auf der Tanzfläche seine Runden drehte, lümmelten sich die meisten Spieler draußen in der Lobby und gaben sich Tabak und Alkohol hin.
Einer, der noch geknickter war als die anderen, war der Torwart. Das 1:0 für Madrid, so sahen es die meisten, war ein Torwartfehler gewesen, auch das 2:1 schien, bei aller Brillanz des Schusses, nicht völlig unhaltbar. „Ich habe das Spiel verloren“, sagte Butt nachher zu Schumacher. „Jetzt ist doch eh vorbei, lass erstmal sacken“, antwortete der Torwarttrainer. Doch selbst fünf Jahre danach wird Jörg Butt nicht von allen Seiten Absolution erteilt. Dass der selten überragende, aber meist solide Keeper in jenen Wochen seine Form verloren hatte, ist den meisten Gesprächspartnern im Gedächtnis geblieben. Es ist zu spüren, dass niemand Butt, der erst jüngst in Leverkusen seinen Stammplatz an den jungen René Adler verloren hat, zu nahe treten will, und dennoch: Dass Bayer mit einem überragenden Torwart die Saison nicht ohne Titel beendet hätte, ist nahezu Konsens, wenn man Schumacher mal außen vor lässt. Aber der hat ihn ja auch trainiert.
Dennoch war Butt einer von fünf Bayer-Profis, die für Deutschland zur Weltmeisterschaft nach Japan und Südkorea flogen. Dort wurden sie, wie um die Ironie des Schicksals perfekt zu machen, Vize-Weltmeister. Die anderen Leverkusener WM-Teilnehmer waren Carsten Ramelow, Michael Ballack, Bernd Schneider und Oliver Neuville. Auch Reiner Calmund war vor Ort, und noch heute witzelt mancher beim DFB, dass man ihn wohl besser nicht zum Finale nach Yokohama eingeladen hätte. Calmund selbst nimmt die Sache mit dem ihm eigenen Humor. „Ich war wenigstens froh, dass ich nach dem WM-Finale nicht auf den Rasen und mir das Konfetti um die Ohren hauen lassen musste. Aber dann kam es plötzlich vom Dach der Tribüne.“
Eine zentrale Korsettstange von Bayer fehlte bei der WM, jemand, der sonst in jedem Fall dabei gewesen wäre. Jens Nowotny ist kein Schwärmer, in seinem Fall bestätigt sich das Gesetz, dass die Fußballer das Geschehen auf dem Rasen zumeist viel rationaler und nüchterner betrachten als die Zuschauer. Dabei war er vielleicht der größte Verlierer jener legendären Spielzeit, denn er wurde im Rückspiel des Champions-League-Halbfinales gegen Manchester United mit einem Kreuzbandriss vom Platz getragen. Das war tragisch, hatte Nowotny doch bis dahin eine überragende Saison gespielt, und nun war in diesem einen Moment in der 10. Minute, als er einen harmlosen Zweikampf mit Ruud van Nistelrooy ausfocht, alles vorbei. Auch die Teilnahme an der Weltmeisterschaft.
In dieser Saison habe in Leverkusen vieles gepasst, findet Nowotny. „Sechs Jahre lang hat Christoph Daum die Arbeit vorgeleistet, er hat die Mannschaft vorbereitet auf traumhaften Fußball – aber immer irgendwo mit angezogener Handbremse, mit kontrollierter Offensive, das war unter Daum perfekt.“ Nowotny verweist darauf, dass sieben Spieler bereits unter Daum gespielt hätten, sozusagen das Gerüst der Elf aus dem Jahr 2002 bildeten. Die folgenden Monate unter Vogts, nun ja, da habe es Spannungen gegeben. Aber dann vervollständigte Toppmöller das „Gemeinschaftsprodukt“, wie es Nowotny nennt. „Toppmöller hat die Handbremse gelöst und gesagt: ›Lasst den Ball laufen, ihr könnt ja spielen.‹ Im Prinzip haben wir unter Toppmöller nichts Systematisches trainiert, keine große Taktik, jeder wusste, was wir zu machen hatten. Das hat sich perfekt ergänzt.“ Als perfekt bezeichnet Nowotny auch die „erfrischende Mischung“ im Team. Da waren auf der einen Seite die „Schachspieler“, also Spieler wie Butt, Ramelow oder er selbst, die das Spielfeld rasterten und eine große taktische Reife besaßen. Auf der anderen Seite die „Instinktfußballer“ wie Zé Roberto, Bastürk oder Schneider, technisch brillante Straßenkicker. „Denen wirft man einen Ball vor die Füße, dann spielen sie los, dann vergessen sie alles“, sagt Nowotny und lächelt.
Womöglich hatten sie einen oder zwei Schachspieler zu wenig dabei, auch Nowotnys Nebenmann Lucio war ja bekanntlich jemand, der plötzlich mit dem Ball durchbrannte und alle Systeme über den Haufen warf. „Letztlich hat die Cleverness gefehlt, die Coolness“, findet Nowotny, „wir haben zwar auf höchstem Niveau nach vorne gespielt, aber wir hätten auch mal ein Spiel mit wenigen Chancen 1:0 gewinnen müssen.“ Vielleicht war es genau das: Dass ein Champions-League-Sieger und Deutscher Meister manchmal auch einen unattraktiven Ball spielen muss, fiesen Ergebnisfußball, der auf der kalten Vernunft eines Mathematikers basiert und Kräfte spart. Nowotny will Klaus Toppmöller nicht zu stark kritisieren, aber: „Nicht wenige sagen, wenn der Daum geblieben wäre, hätten wir alle drei Titel gewonnen.“
Verbittert über die Fortsetzung der Serie als „ewiger Zweiter“ ist er dennoch nicht. „Der schöne Fußball hätte belohnt werden müssen, aber gut“, sagt er lakonisch. Vielmehr sei ihm die Tragik seines Kollegen Zoltan Sebescen nahe gegangen, der damals mit einem Meniskusriss spielte, sich durchquälte bis zum Champions-League-Finale. „Vier Wochen später war er operiert und hat geheiratet, und dann ging es nicht mehr, er konnte sich nicht mehr herankämpfen. Was ihm letztlich geblieben ist, war ein feuchter Händedruck.“ Dieses persönliche Schicksal, sagt Nowotny heute, „bleibt mir eher in Erinnerung als die vielen verpassten Gelegenheiten.“
Die meisten Beteiligten von damals haben mit jenen Wochen indes ihren Frieden gemacht. Selbst Thomas Brdaric, obwohl er meint: „Ich hätte lieber durch Glück oder Zufall einen Titel gewonnen, als tollen Fußball gespielt zu haben und unter dem Strich nichts dafür rauszukriegen.“ Dennoch überwiegt bei den meisten der Stolz, zu dieser Gruppe dazugehört zu haben. „Wir haben alles an die Wand gespielt, alles und jeden“, sagt Schumacher. „Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kommt das erst wieder richtig hoch. Es war so geil, dieser Mannschaft zuzuschauen.“ Das ging vielen so, die vorher mit Bayer 04 Leverkusen herzlich wenig anzufangen wussten. „Selbst jemand wie der Sänger Campino hat mich damals angerufen und zu diesem Wahnsinn gratuliert“, erzählt Reiner Calmund.
Und der Coach? Klaus Toppmöller hat bei Bayer Leverkusen vermutlich die schönste Zeit seiner Trainerkarriere erlebt. Beim Hamburger SV ist er danach nicht richtig glücklich geworden, mittlerweile trainiert er die georgische Nationalelf. Damals wurde er zum zweitbesten Trainer Europas gewählt. „Wir haben für unsere Arbeit im Ausland eine größere Anerkennung erfahren als in Deutschland“, sagt Toppmöller. „Wenn ich heute nach Schottland komme, sprechen mich die Leute noch immer auf das Finale gegen Real Madrid an. Und der Präsident von Girondins Bordeaux meinte erst kürzlich zu mir, er habe noch nie eine deutsche Mannschaft so Fußball spielen sehen.“ Vielleicht ist es kein Zufall, dass die Anregung zu dieser Geschichte aus Schweden gekommen ist, vielleicht sind wir in Deutschland tatsächlich zu sehr auf Titel und Trophäen fixiert. Aber muss Toppmöller nicht trotzdem ein wenig traurig ums Herz werden, wenn er an das denkt, was möglich war, und an das, was am Ende übrig blieb? Toppmöller wird energisch: „Ich konnte die Kritiker nicht verstehen, die uns als Loser abgestempelt haben. Ich bin keiner, der unbedingt einen Titel will, ich finde das lächerlich. Wo soll ich mit dem ganzen Silberkrempel denn hin?“ Kann sein, dass sich da einer seine Biographie schön redet. Kann aber auch sein, dass Klaus Toppmöller, der bodenständige Junge von der Mosel, tatsächlich genau so gestrickt ist.
Wenn man Toppmöller glauben darf, hat ihm in Leverkusen nur eines richtig zugesetzt: dass er mit dieser Mannschaft, seinen Jungs, nicht weitermachen durfte. Der Abgang von Michael Ballack und Zé Roberto zum FC Bayern im Sommer 2002 war schon der Anfang vom Ende. Das Ende der von Pleiten und Pech geprägten folgenden Spielzeit sollte Toppmöller nicht mehr als Coach von Bayer 04 erleben. „Man hat solch eine tolle Mannschaft, die gut spielt und dazu auch vollkommen intakt ist“, sagt Klaus Toppmöller, “aber dann werden jedes Jahr wieder drei Spieler verkauft.“ Doch das Schicksal war schon besiegelt, bevor sein Team nach den Sternen griff. Am 13. Mai 2002, zwei Tage vor dem Champions-League-Finale, beschloss die Bayer AG die finanzielle Konsolidierung der Fußballabteilung. Danach war klar: Eine solche Elf würde es in Leverkusen nie wieder geben.
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