Außerhalb des Platzes ist er zahm, doch wenn er den Rasen betritt, wird er zum Terrier: Inter Mailands Nicolò Barella ist Italiens neuer Superstar. Warum der Sarde derzeit in aller Munde ist.
Nicht Chiesa, nicht Verrati, nicht Zaniolo und auch nicht Insigne. Nein. Nicolò Barella sei derzeit der beste italienische Spieler, schrieb unlängst die Gazzetta dello Sport nach dem Derby d’Italia. Im Spiel gegen Juventus Turin bereitete Inter Mailands Mittelfeldspieler das erste Tor für Arturo Vidal vor und schoss das zweite selbst. Die unter Antonio Conte wiedererstarkten Nerazzurri gewannen das ewige Duell gegen Juve mit 2:0 – und Nicolò Barella war nicht nur der Spieler des Spiels, sondern er ist der Mann der Stunde. L’uomo del momento.
In Italien mehren sich die Stimmen, die Nicolò Barella zum neuen Fixstern im italienischen Fußball erheben. Vor dem Jahreswechsel bezeugte gar der ehemalige Inter-Spieler und Weltfußballer Lothar Matthäus in einem Interview mit France Football, Ähnlichkeiten zwischen sich selbst und Barella zu sehen. „Er ist nicht nur ein starker Spieler, sondern auch einer, der viel arbeitet. Er hat großes Potenzial, er hat die Aufgaben, die ein moderner zentraler Mittelfeldspieler hat, perfekt verstanden“, so Matthäus.
Nicolò Barella war seitjeher ein Versprechen. Geboren und aufgewachsen in der sardischen Hauptstadt Cagliari schloss sich „Barellino“, wie der kleine Nicolò genannt wurde, der Scuola Calcio Gigi Riva an. Die Fußballakademie in Cagliari ist nach Luigi „Gigi“ Riva benannt, der in den 60er und 70er Jahren für Cagliari Calcio wirkte. Eine Vereinslegende, die nicht nur Rekordtorschütze des sardischen Hauptstadtklubs ist, sondern bis zum heutigen Tag auch der italienischen Nationalmannschaft. Eine Ikone des italienischen Fußballs.
In einem DAZN-Interview erinnert sich Barella an eine Begegnung mit Riva: „Ich war 17 Jahre alt. Alle liefen ihm nach. Er kam zu mir und sagte, er kenne mich und wisse, dass ich gut sei. Dann erinnere ich mich an nichts mehr, weil ich so verwirrt war … Gigi Riva … Was für ein Gefühl!“ Es sollten nicht die letzten lobenden Worte von Riva gewesen sein.
Mit 18 Jahren verließ Nicolò Barella die Insel und schloss sich für eine halbjährige Leihe Como Calcio an, bei denen er sofort Stammspieler wurde. Nach der Rückkehr auf die Insel etablierte er sich schnell zu einer festen Größe im Team von Cagliari. Sicheres Passspiel, ausgeprägtes Raumgefühl und schnelles Umschaltspiel zeichneten ihn schon in frühen Jahren aus. Doch vor allem durch seine Bissigkeit in den Zweikämpfen machte er sich einen Namen. Seine Aggressivität, die gelegentlich in jugendlicher Plumpheit ihren Ausdruck fand, wurde dem Insulaner des Öfteren vorgeworfen. In 112 Spielen für Cagliari Calcio kassierte er 33 Gelbe und vier Gelb-Rote Karten. Aggressiv ist Barella jedoch nur auf dem Platz. Abseits davon ist er ein Vollprofi nach heutigen Maßstäben: brav und fließend im Floskelsprech.
Auf dem Platz ein Terrier, legte sich Barella als Volljähriger einen Staffordshire Bullterrier als Haustier zu. Diesen benannte er nach seinem großen Vorbild: LeBron. Für einen Fußballer etwas untypisch, einen Basketballer zum Vorbild zu haben. Der Sarde begründet es gegenüber dem Vereinskanal von Inter Mailand mit den üblichen Floskeln, die ihre Quintessenz im Siegeswillen haben. Nicht zuletzt jene Eigenschaft sorgte für die Lobpreisungen, die allenthalben erfolgten: „Seine wahre Stärke ist mental. In seinem Kopf gibt es nur den Sieg“, wird Tommaso Giulini, der Präsident von Cagliari Calcio, in der Gazzetta dello Sport zitiert.