Als sich Alex­ander Nübel am Samstag beim dritten Gegentor der Kölner den Ball, den er soeben durch die Hände hatte flut­schen lassen, selbst ins Tor legte, sah es für den Bruch­teil einer Sekunde aus, als wisse der Schalker Schluss­mann längst, dass ihn diese Szene nun für sehr, sehr lange Zeit nicht mehr los­lassen wird.

Als Nübel die Kugel aus seinem Tor geholt und wütend gen Anstoß­kreis gebolzt hatte, dreht er sich demons­trativ nach rechts, als spüre er einen ste­chenden Schmerz, den die Kameras, die sich gierig von der Kölner Haupt­tri­büne auf ihn rich­teten, in seiner Seele erzeugten. Es war bereits der vierte kapi­tale Fehler, der dem 23-jäh­rigen Schluss­mann in dieser Saison unter­lief. Der zweite in Folge nach seinem Lapsus am ver­gan­genen Wochen­ende bei der 0:5‑Heimniederlage gegen RB Leipzig.

Es gibt Szenen, die zemen­tieren das Image eines Tor­warts auf ewig. Ex-Natio­nal­tor­wart Oliver Reck köpfte sich eine uner­war­tete Flanke mal selbst in die Maschen und wurde Zeit seiner Kar­riere den Spitz­namen Pannen-Olli“ nicht mehr los. Der Bel­gier Jean-Marie Pfaff spielte jah­re­lang auf Welt­klas­se­n­i­veau für die Bayern, aber in die Bun­des­li­ga­ge­schichte ging der Moment ein, als Pfaff in seiner ersten Partie für die Münchner der Ein­wurf des Bre­mers Uwe Reinders über die Hand­schuhe glit­schte. Selbst der große Oliver Kahn kon­ter­ka­rierte seinen Status als Unbe­zwing­barer, als der er zuvor die Natio­nalelf 2002 ins WM-Finale geführt hatte, als er im Finale einen Ball in die fal­sche Rich­tung prallen ließ.

Kurzum: Fehler, die einen Spit­zen­tor­wart unbe­holfen oder gar des­ori­en­tiert aus­sehen lassen, prägen dessen Lauf­bahn. Wenn es schlecht läuft, für immer. So gesehen erlebt der 23-jäh­rige Nübel der­zeit die erste bein­harte Bewäh­rungs­probe in seiner Lauf­bahn. Anfang Januar war durch­ge­si­ckert, dass der Keeper es seinem Vor­gänger im Schalker Kasten, Manuel Neuer, gleichtut und nach den Initia­ti­ons­riten im Pott den finan­zi­ellen und sport­li­chen Ver­lo­ckungen nach­gibt, die in diesem Land eben nur der FC Bayern bieten kann.

Zum Sommer wird Nübel nach Mün­chen wech­seln. Er hat an der Isar einen Fünf-Jahres-Ver­trag unter­schrieben. Als der Wechsel bekannt wurde, hatte der junge Keeper keine Scheu, seine Ziele klar zu for­mu­lieren. Er machte keinen Hehl daraus, dass er nicht gedenke, sich beim FCB lang­fristig mit der Nummer zwei zufrieden zu geben.

Das Schalker Manage­ment wie­derum war sicht­lich über­rascht von Nübels Ent­schluss. Der Keeper wurde dar­aufhin die von seinen Diensten als S04-Kapitän ent­bunden. Die Erklä­rung von Trainer David Wagner: Wir haben alle Pros und Con­tras auf den Tisch gelegt und sind zu dem Ent­schluss gekommen, dass es das Beste für die Mann­schaft ist, wenn er das Amt abgibt, da es immer wieder zu Unruhen führen würde.“