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Seite 2: Kinski zerstört die Toilette mit einer Axt

Aguirre, der Eroberer, muß mit seiner kleinen Armada den Strom her­un­ter­fahren. Hitze, Mos­kitos, blu­tiger Durch­fall und Was­ser­mangel dezi­mieren seine Mann­schaft. Mit Gift­pfeilen bringen Indios seine Männer um. Der einzig Über­le­bende ist Aguirre. Hung­rige Affen sitzen auf seinen Schul­tern, tanzen auf seinem Kopf und beschmieren die Rüs­tung des einst so starken Mannes mit Kot. Diese Rolle ist Klaus Kinski auf den Leib geschrieben.

Bei der Arbeit kann man ihn nur bewun­dern. Er hat Aus­strah­lung und Rou­tine zugleich. Sonst ist er uner­träg­lich, ständig aggressiv, belei­di­gend. Herzog behan­delt ihn wie eine Mimose und teilt dem Erha­benen natür­lich auch die beste Hütte zu. Die Behau­sung hat einen üblen Fehler: Sie liegt unglück­li­cher­weise auf dem Weg zur Latrine. Jeder, der mal muß, muß an Kinski vorbei. Bald umflort den Welt­star ein damp­fend schwüler Gestank. 

Wer jetzt noch einmal aufs Scheiß­haus geht, dem spalte ich den Schädel!“

Eines Abends, als der auf­kom­mende Wind ihm so richtig den Duft der kleinen Welt um die Nase weht, läuft Kinski Amok: Ihr Scheißer! Warum scheißt ihr nicht in eure eigenen Hosen?!“ Seine Wut ist nicht zu stoppen, er ver­beißt sich mehr und mehr in seinen Auf­tritt. Wer jetzt noch einmal aufs Scheiß­haus geht, dem spalte ich den Schädel.“ Mit ver­zückten Augen greift er nach einer Axt, schleift die Schnitt­fläche mit einem Fahr­ten­messer. Wir reagieren betroffen. Er fuch­telt mit seiner Axt auf einen Beleuchter ein, der nichts­ah­nend auf das stille Ört­chen zusteuert.

Die Schau­spieler sind ein­ge­schüch­tert, zit­tern vor ihm. Wir alle machen aus der Not eine Tugend, ehe die Tugend in Not gerät. Und so wird der Urwald­boden rings um unser Lager kräftig gedüngt.

Der ist wirk­lich bekloppt“

Am nächsten Morgen wecken mich lautes Gebrüll und dröh­nende Schläge aus der Rich­tung des Wahn­sin­nigen. Ich jage durch das Dickicht, um den Weg abzu­kürzen. Hat er seine Dro­hung wahr­ge­macht und spaltet jemandem den Schädel? Nach fünfzig Metern bleibe ich stehen und sehe ihn: Kinski haut die Latrine wie ein Ber­serker in tau­send Stücke, Geifer läuft über sein mas­ken­haftes Toten­kopf­ge­sicht. Er gackert irre und schaut tri­um­phie­rend in die Runde, wobei er sich über­trieben in die Brust wirft. Ute, inzwi­schen neben mir, ver­tei­digt ihn: Er stei­gert sich in die Rolle des Aguirre, um sich mit ihm zu iden­ti­fi­zieren.“ Nein“, sage ich. Umge­kehrt ist es. Der Mann kann den Bekloppten so toll spielen, weil er bekloppt ist.“

Ich will voll­kommen frei und zügellos sein“, schreit er zu uns. Nur des­halb bin ich hier im Urwald in eurer bekotzten Lai­en­schar. Der ein­zige, vor dem ich bescheiden sein kann, bin ich selber. Ihr Toten­vögel, ihr seid ja schon ver­west. Riecht ihr den nicht, wie ihr stinkt?“