Zu Werner Herzogs 80. Geburtstag: Wie Trainerlegende Rudi Gutendorf Anfang der Siebziger eingeladen wird, den Dreh des neuen Herzog/Kinski-Films im peruanischen Dschungel zu begleiten. Und den Wahnsinn erlebt.
Ich traf auf meinen Stationen rund um die Erde interessante Figuren, großartige Persönlichkeiten und Hampelmänner, die sich für groß hielten. Sympathische, Millionenschwere, Blender, Betrüger und den leibhaftigen Wahnsinn! Klaus Kinski. In den Edgar-Wallace-Klamotten der sechziger Jahre spielte er schon überzeugend den Irren vom Dienst.
Ich erlebe ihn hautnah im Urwald. Bei einem belanglosen Empfang in der deutschen Botschaft von Lima stoße ich zum ersten Male auf Werner Herzog. Wer Herzog nicht kennt, könnte ihn für einen Schwärmer halten. Die Haartracht des Filmemachers, seine zarte Stimme geben ihm etwas Weiches. Doch in seinen klaren Augen sehe ich schnell die ungeheure Willenskraft, die nie versiegende Energie.
Herzogs Augen strahlen eine nie versiegende Energie aus
Herzog erzählt mir von seinem neuesten Plan: „Aguirre, der Zorn Gottes“. Ein spanischer Eroberer schippert im 16. Jahrhundert den Amazonas herunter, um die Stadt Eldorado und ihre sagenhaften Goldschätze zu entdecken. Der besessene Konquistador wird um seine Träume betrogen und siecht auf den Stromschnellen dem Tode entgegen. Herzog: „Ich kenne nur einen Schauspieler, der den Aguirre darstellen kann: Kinski.“
Herzog lädt meine damalige Frau Ute und mich zu den Dreharbeiten ein. Kinski erscheint mit unendlich viel Gepäck und einer Kiste Selterswasser. Allerdings nicht zum Trinken, sondern weil seine bildhübsche Vietnamesin, Genevieve, sich damit die Füße waschen lässt. Alles Geschmacksache.
Das Beste an Kinski ist seine reizende Frau
In Iquitos, dem letzten Stopp vor dem Eindringen in den Urwald, fragt unser Tropenarzt: „Bekommen Sie Anfälle, Herr Kinski?“ „Ja, täglich, du Arsch! Du auch?“, antwortet Kinski. Er läßt sich gegen alles mögliche impfen. Gegen Krankheiten, die es am Amazonas gar nicht gibt. Cholera zum Beispiel. Nur eine Gelbfieberimpfung lehnt er ab, obwohl gerade diese wichtig ist. Denn die Gefahr von Gelbfieber lauert in der „grünen Hölle“ von Peru.
Das Beste an Kinski ist seine reizende Frau, Genevieve. Sie erträgt ihn. Sie hat ihn schon erduldet, als er mit ihr und zwei weiteren Gespielinnen eine Villa an der Via Appia in Rom behauste. Die grazile Vietnamesin erzählt es Ute. Die beiden tuscheln und giggeln wie Kinder.