Nach 29 Jahren im Exil zieht der Londoner Drittligist AFC Wimbledon 2020 endlich wieder in seine Heimat. Finanziert wird die Rückkehr maßgeblich durch die Fans – mit durchaus ungewöhnlichen Maßnahmen.
Stell dir vor, du bist Fan des AFC Wimbledon. Wenn du künftig bei einem Heimspiel, sagen wir, in der 16. Spielminute urinieren musst, suchst du einfach den nächsten Toilettenraum auf und benutzt das 4. Pissoir von links – das, auf dem dein Name steht. Geht nicht? Ab 2020 geht fast alles beim traditionsreichen Fußballklub aus der Londoner Tennis-Hochburg. Selbst das komplette Stadion des AFC Wimbledon, das pünktlich zur Saison 2020/21 fertig sein soll, könnte bald den Namen eines x‑beliebigen Fans tragen. James Smith Stadium zum Beispiel. Oder John Baker Stadium. Egal.
„Stell dir vor, du gehst mit deiner Familie oder deinen Freunden die Plough Lane entlang und steuerst auf dein eigenes Stadion zu“, wirbt Klubchef Joe Palmer in der „Sun“ für das neue, durchaus spektakuläre Crowdfunding-Projekt des AFC Wimbledon. Und das funktioniert so: Jeder, der einen 10 Pfund (11 Euro) teuren Anteilsschein am Stadion erwirbt, kann seinen Namen irgendwo in der Spielstätte verewigen lassen. Am Ende wandern alle Anteilsscheine in einen großen Lostopf, aus dem dann einige Glückliche gezogen werden, die der kompletten Arena ihren Namen verleihen dürfen – für jeweils ein Heimspiel.
Wachbecken, Torpfosten, Pissoir – Möglichkeiten gibt es genügend, Interessenten auch
Ansonsten können interessierte Wimbledon-Anhänger ihren Namenszug in so ziemlich jedem nur denkbaren Winkel des 9.000-Zuschauer-Stzadions aufmalen lassen: auf einem Handwaschbecken in der Damen-Toilette, an einer der vier Eckfahnen-Stangen, auf einem Torpfosten, unter der Latte, an einem Drehkreuz im Eingangsbereich, auf einem Bier-Zapfhahn im VIP-Raum. Oder eben am Rand eines wunderschönen Porzellan-Pissoirs. Möglichkeiten gibt es genügend, Interessenten wohl auch.
Der AFC Wimbledon ist schließlich nicht irgendein Verein. Der heutige Drittligist wurde 2002 von Fans des FC Wimbledon gegründet, nachdem dieser seinen Umzug von London in die Provinzstadt Milton Keynes angekündigt hatte. In Wimbledon selbst war der Klub schon damals nicht mehr zu Hause. 1991 hatte man das altehrwürdige Stadion an der Plough Lane verlassen, weil es den immer strengeren Sicherheitsstandards in England nicht mehr genügte. Bis zu seinem endgültigen Weggang aus London (2004) trug der FC Wimbledon seine Heimspiele im Selhurst Park von Crystal Palace aus, dann änderte Eigentümer Pete Winkelman den Namens des Vereins (aktuell ebenfalls 3. Liga) in „Milton Keynes Dons“.