Investoren sichern sich die Transferrechte von Fußballprofis – ohne deren Wissen. Das zeigen die Fälle von zwei Spielern aus der Bundesliga.
Im Jahr 2013 holte Atletico das französische Talent von dessen Heimatverein AS St. Etienne. Kosten: zehn Millionen Euro. Madrid konnte diesen Transfer offensichtlich nur mit der Hilfe des Investors Doyen stemmen, der insgesamt fünf Millionen Euro beisteuerte. Im Gegenzug aber sicherte sich Doyen wohl 50 Prozent der Transferrechte am Spieler. Bei jedem Weiterverkauf oder einer Ausleihe würde der Investor also profitieren.
Und so kam es: Im Jahr 2014 verlieh Atletico den Spieler an den VfL Wolfsburg. Seitdem erhielt Doyen internen Dokumenten zufolge im August 2014 und im August 2015 jeweils eine Zahlung in Höhe von 1,7 Millionen Euro von Atletico. Geld floss demnach von Wolfsburg nach Madrid – dann zu Doyen.
Im September wären 3,1 Millionen für Guilavogui fällig
Der veröffentlichte Guilavogui-Vertrag zwischen Doyen und Atletico läuft noch bis zum 1. September 2016. Dann kann Doyen seine Rechte abgeben, der Verein ist verpflichtet, diese zurückzukaufen – für 3,1 Millionen Euro. Heißt konkret: Wenn der spanische Spitzenverein in der kommenden Transferperiode den Spieler nicht verkauft, muss er zahlen. Wenn er ihn verkauft, hat er zumindest noch die Chance auf einen finanziellen Gewinn. Das schränkt die Handlungsfähigkeit des Vereins ein. Die Klauseln von geheimen Vereinbarungen bestimmen den Kurs des Klubs, ob ein Spieler verkauft oder gekauft, verliehen oder geliehen wird.
Am 30. Juni 2016 endet die Ausleihe von Guilavogui in Wolfsburg. Der VfL hat eine Kaufoption. Weder der VfL Wolfsburg noch Josuha Guilavogui wollten sich auf Nachfrage äußern.
Diese zwei Fälle von Bundesliga-Profis verdeutlichen, wie Investoren mittlerweile den Transfermarkt bestimmen.
Gewerkschaft verurteilt Praxis: „Eingeschränkte Freiheit “
Die internationale Spielergewerkschaft FifPro verurteilt den Handel mit Transferrechten und findet auch klare Worte zu den Deals um Castaignos und Gulavogui: „Das sind Vereinbarungen unter der Hand, die die Freiheit der Spieler einschränken“, sagt Alex Duff, einer der Sprecher, gegenüber 11FREUNDE. „Die Karrieren dieser Spieler werden an die kommerziellen Interessen dieser so genannten Investoren gebunden“, so Alex Duff. „So etwas geschieht bei Vollblutrennpferden, es sollte aber nicht mit Menschen praktiziert werden.“
Die Gewerkschaft sieht eine Gefahr für die Laufbahn der Spieler: „Investoren können immer noch Spielerkarrieren so beeinflussen, dass sie vor allem ihrem eigenen Geschäft nutzen.“
Holländischer Verband: „Schlechter Einfluss auf den Fußball “
Auch der niederländische Fußball-Verband KNVB hat auf die Vorgänge in Enschede reagiert. Am Dienstag gab der Verband die Ergebnisse seiner Untersuchungskommission bekannt: Doyen hat direkten Einfluss auf die Vereinspolitik genommen, der Klub hat dem Verband entscheidende Unterlagen vorenthalten, um seinen illegalen Deal mit Doyen zu vertuschen.
Der KNVB stellte einen Maßnahmenkatalog bis Mai für Twente auf, um den Lizenzentzug abzuwenden. Eine der Forderungen: der Rücktritt von mehreren Funktionären, die in die Vorgänge eingebunden waren. Am Mittwoch legten diese umgehend ihre Ämter nieder. Twente bleibt weiterhin für drei Spielzeiten vom Europapokal ausgeschlossen. Aus Verbandskreisen heißt es, Twentes Chancen auf eine Lizenzerteilung für die kommende Saison seien sehr gering. Auch ein Punktabzug steht als Strafe weiter im Raum.
Verbandssprecher Koen Adriaanse sagt gegenüber 11FREUNDE: „TPO-Parteien wie Doyen haben einen schlechten Einfluss auf den Fußball. Sie verhandeln mit verschiedenen Klubs und sind nur im Fußball, um Geld zu verdienen.“
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