Chelsea plant ein Super-Stadion mit 60.000 Plätzen. Doch kurz vor Baubeginn stellt sich eine benachbarte Familie quer – und stößt bei vielen Fans auf Verständnis.
Auch in der Fangemeinde des FC Chelsea wird natürlich diskutiert über die aufmüpfigen Nachbarn, die den Klub-Oberen auf der Nase herumtanzen. Die Internetforen laufen heiß. Ein Spaßvogel prophezeite den Crosthwaites sogar einen Besuch der „Chelsea Headhunters“ – so nannte sich die Hooligan-Firma von der Stamford Bridge, die in früheren Jahrzehnten mehr Schlagzeilen lieferte als Chelseas Fußballmannschaft. Doch nichts dergleichen ist bislang passiert. Vielleicht weil heutzutage nur noch Investmentbanker ins Stadion gehen?
„Unverhältnismäßige Anzahl von Hospitality-Sitzen“
Viele alteingesessene Chelsea-Fans haben sogar Verständnis für die Crosthwaites, denn auch den Anhängern ist die Gigantomanie des Vereins eher fremd. Sie fürchten eine weitere Explosion der Ticketpreise in der neuen Super-Spielstätte. Zumal die Familie Crosthwaite öffentlich auf eine „unverhältnismäßige Anzahl von Hospitality-Sitzen“ hinwies. Diese würden viel mehr Platz fressen als normale Sitze und so dafür sorgen, dass die Tribünen in den Himmel wüchsen. Angeblich sollen 17.000 der 60.000 Plätze in Zukunft so genannten Business-Kunden vorbehalten sein.
Der FC Chelsea drängt derweil auf einen baldigen Baubeginn und hat die Regierenden der unmittelbar involvierten Londoner Bezirke Fulham und Hammersmith auf seiner Seite. Doch das Haus der Crosthwaites liegt jenseits der Grenze, im Bezirk Kensington. Und dort sieht man das Vorhaben eher skeptisch – auch wenn der Klub auf eine angeblich 97-prozentige Zustimmungsquote unter den Anwohnern verweist.
Zurzeit läuft es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinaus
Zurzeit läuft alles auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinaus. Die kann sich theoretisch über fünf oder zehn Jahre erstrecken. Chelsea aber will spätestens 2019 mit dem Neubau beginnen. Die Anwälte des Vereins verweisen darauf, dass eine Bezirksregierung das Recht habe, sich ein Grundstück – gegen eine entsprechende Entschädigung – anzueignen, wenn dies im allgemeinen Interesse liege. Gleichzeitig rechnet der FC Chelsea vor, wie viele Millionen man jährlich in Sozialprogramme und in Infrastrukturmaßnahmen investiere – und wie viele Millionen Besucher der Klub pro Jahr anlocke.
Doch die Crosthwaites, die schon seit über 50 Jahren in ihrem schmucken Häuschen jenseits der Bahnlinie wohnen, sind durch große Zahlen kaum einzuschüchtern. In englischen Medien lassen sie immer wieder durchklingen, dass sie notfalls bis zur allerletzten Instanz kämpfen wollen. Auch wenn es ein Kampf „David gegen Goliath“ ist.