Gladbach gegen Bayern, das klingt wie die Wiederkehr der Spitzenspiele aus den Siebzigern. Aber Geschichte wiederholt sich nicht, dafür hat sich der Fußball zu sehr verändert.
Es wird hierzulande ja gerne erzählt, dass mittelständische Unternehmen das wirtschaftliche Rückgrat unseres Landes bilden – und irgendwie auch das moralische. Handelt es sich bei ihnen doch nicht um globale Großkonzerne, die zu wenig Steuern bezahlen und undurchsichtig anonymen Konglomeraten gehören. Vielmehr bringt der deutsche Mittelstand wackere Weltmarktführer im Maschinenbau aus dem Schwäbischen hervor, innovative Feuerwehrschutzbekleidungshersteller aus dem Sauerland und Borussia Mönchengladbach.
Auch am Niederrhein wird schließlich seit vielen Jahren so gearbeitet, dass eigentlich nie wirklich etwas dagegen einzuwenden gewesen ist. Der Klub ist pumperlgsund und strotz nur so vor Kraft, ohne dass er einem damit auf die Nerven geht. Wie es sich für einen ordentlichen deutschen Mittelständler gehört, erobert er gerade die Welt. In Shanghai hat der Klub in diesem Jahr seine erste Auslandsniederlassung eröffnet, am vergangenen Dienstag gab es im im Borussia-Park zu ersten Mal einen Deutsch-Chinesischen Wirtschaftstag, und es könnte gut sein, dass auch der nächste Hauptsponsor aus China kommt.
Die Nostalgie wirkt nicht ranzig
Genüsslich darf der Klub sich in diesem Jahr seiner Geschichte erinnern (wozu es inzwischen ein vereinseigenes Museum gibt), mit dem 75. Geburtstag von Günter Netzer und dem 100. des ersten Meistertrainers Hennes Weisweiler am Donnerstag gab es dazu genug Gelegenheiten. Doch die Nostalgie wirkt nicht ranzig, funktioniert das Kerngeschäft doch so gut wie lange nicht. Gladbach ist am 13. Spieltag ziemlich sensationell Tabellenführer. Max Eberl, lange schon einer der besten Manager der Liga, hat mit Marco Rose einen Trainer gefunden, der seiner Mannschaft in rasendem Tempo spielerische Identität verpasst hat – und dabei auch noch sausympathisch ist.
Das alles trägt dazu bei, dass am Samstag vermutlich ungefähr 98 Prozent aller Fußballfans in Deutschland den Gladbachern gegen den FC Bayern die Daumen drücken werden – so sie nicht Anhänger der Münchner sind (oder des 1.FC Köln). Bis angepfiffen wird, dürfen wir uns wahrscheinlich noch haufenweise verblichene Bilder und Filme aus den Siebzigern anschauen, in denen die beiden Vereine um die Spitze des deutschen Fußballs rangen. Aber machen wir uns nichts vor: Die Geschichte wiederholt sich nicht.