Maccabi Bnei Reineh hat es in nur sechs Jahren seit seiner Gründung bis in die 1. israelische Liga geschafft. Der arabisch geprägte Underdog-Verein hat nicht mal ein eigenes Stadion, aber schon 350 Ultras.
Zum Auftakt geht es gleich mal zum Rekordmeister. Wenn Aufsteiger Maccabi Bnei Reineh am 20. August bei Maccabi Tel Aviv antritt, ist das wie ein fußballerischer Ausflug zum Mond. Das steil aufragende Bloomfield-Stadion von Tel Aviv fasst 30.000 Zuschauer und gilt als Hexenkessel. Maccabi Bnei Reineh hingegen hat nicht mal eine eigene Spielstätte. Der Klub wurde erst vor sechs Jahren gegründet. Eine Geschichte im historischen Sinne können die Blau-Gelben nicht vorweisen – dafür jedoch eine spannende Story.
Der sportliche Werdegang von Maccabi Bnei Reineh ist so spektakulär, dass selbst die renommierte New York Times darüber berichtet. „Vor Saisonbeginn haben alle gesagt, dass wir keine Chance haben, in der zweiten Liga zu bleiben“, erinnert sich Jamil Bsoul, der Bürgermeister des arabisch dominierten Städtchens: „Sie sollten Recht behalten – weil wir aufgestiegen sind“. Es war bereits der dritte Aufstieg in Folge für Maccabi Bnei Reineh. Eine Cinderella-Story.
Die Heimspiele des Erstliga-Neulings aus dem Raum Nazareth steigen auch künftig auf einem staubigen Sportplatz mit Minitribüne in der nahe gelegenen jüdischen Stadt Nof Ha-Galil. Dort sieht man die arabischen Fan-Invasionen mit gemischten Gefühlen, doch bislang blieb alles friedlich. Nach den Spielen wand sich der bunte Blech-Lindwurm meist fröhlich hupend zurück nach Reineh.
Anwar Bsoul, Sportdirektor des Klubs, weiß gar nicht so recht, was er erzählen soll über seine Heimatstadt Reineh (18.000 Einwohner): „Es ist ein winziger Ort“, erklärt der Neffe des Bürgermeisters in der Times. „Wenn die Leute aus Reineh früher nach Tel Aviv oder Jerusalem kamen, erzählten sie einfach, sie seien aus Nazareth. Den Ortsnamen Reineh kannte eh niemand.“
Dieser Umstand erschwerte dem Sportdirektor die ohnehin komplizierte Spielersuche zusätzlich. „Wir mussten den Beratern immer erst genau erklären, wo der Klub beheimatet ist“, verrät Anwar Bsoul. „Aber das hat sich jetzt geändert, weil wir berühmt geworden sind. Jetzt wollen die Leute überall nur noch über Reineh reden.“ Nun ja, zumindest in Israel ist der Underdog zurzeit das Fußball-Thema Nummer eins.
Dabei hatte es in Reineh zwischen 2003 und 2016 überhaupt keinen organisierten Fußball gegeben. Es fehlte an Infrastruktur, an Geld, an Sportgerät, an politischer Unterstützung, kurz: an allem. „Es gab in Reineh überhaupt keine sportlichen Aktivitäten mehr“, erinnert sich Said Bsoul, der örtliche Bauunternehmer und Vater des heutigen Sportdirektors Anwar Bsoul. „Das wollten wir ändern und die Menschen durch den Fußball zusammenbringen.“
Said Bsoul stiftete Trikots, Bälle und einen gebrauchten Kreidewagen zum Ziehen der Spielfeldlinien. Zum Dank kürte man ihn zum Präsidenten. Als sein Bruder Jamil 2018 zum Bürgermeister von Reineh gewählt wurde, startete der Klub richtig durch. Der Ortsvorsteher ermutigte die lokale Jugend, einen Ultra-Fanclub zu gründen, dem heute bereits 350 Mitglieder angehören.
Die 1. Mannschaft von Maccabi Bnei Reineh startete 2016 in der 5. Liga, tiefer geht es nicht in Israel. Der Kader bestand aus einem Dutzend Ortsansässiger. Nur etwa zehn bis zwanzig Zuschauer kamen zu den Spielen. Doch es reichte zum Aufstieg. Das allein war schon ein Wunder, ebenso wie der anschließende Klassenerhalt. Derweil schuf der Verein immer bessere Strukturen: In Eigeninitiative baute man eine Kabinenhäuschen und begradigte den Trainingsplatz.