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Was waren das 1997 noch für Zeiten? Men­schen rannten auf einmal mit vir­tu­ellen Haus­tieren namens Tama­gotchi durch die Gegend, das aller­erste Grand Theft Auto erschien für die Play­Sta­tion 1 und die DVD war der neue heiße Scheiß.

Auch in der Welt des Fuß­balls durften sich die Fans hier­zu­lande freuen: Borussia Dort­mund gewann die Cham­pions League. Par­allel dazu nis­tete sich das Mana­ger­spiel Hat­trick in den unend­li­chen Weiten des Inter­nets ein. Seit 24 Jahren hält es dort wacker seinen Platz und weiß eine treue Com­mu­nity hinter sich – und den­noch ist es den meisten Lieb­ha­bern von Mana­ger­spielen unbe­kannt.

Die Idee ent­stand in den 80ern

Die Geschichte von Hat­trick beginnt eigent­lich sogar schon irgend­wann in den Acht­zi­gern“, sagt der Schwede Johan Gustafson, einer der Gründer des Spiels. Einige Leute hatten sich in Schweden bereits eine Art Mana­ger­spiel aus­ge­dacht. Sie schickten ihre Auf­stel­lungen und Tak­tik­an­wei­sungen auf Papier geschrieben per Post an einen Pro­gram­mierer. Der hat dann alle Daten in seinen Com­puter ein­ge­geben und das daraus resul­tie­rende Ergebnis wieder per Brief zurück geschickt. Dann erst konnte man sich wieder Gedanken machen: Dieser Spieler hat auf dem Flügel schlecht gespielt, also muss ich ihn anders trai­nieren. Jeder Zug hat zwei Wochen gedauert“, erin­nert er sich. Eigent­lich unvor­stellbar in unserer heu­tigen Zeit.“

Der Faktor Zeit

Eigent­lich. Denn in gewisser Weise emu­liert Hat­trick diesen Aspekt des Slow-Gamings noch heute. Denn das Mana­ger­spiel ist so nah an der Rea­lität wie sonst wahr­schein­lich kein anderes ver­gleich­bares Game. Eine Woche im Spiel dauert reelle sieben Tage, ein Pflicht­spiel findet nur einmal pro Woche am Wochen­ende statt und dauert dann exakt 90 Minuten. Wäh­rend des Kicks pas­siert dann nichts son­der­lich spek­ta­ku­läres. In einem klas­si­schen Ticker kom­men­tieren Text­bau­steine das fik­tive Geschehen auf dem Platz. Tor­chancen, Schüsse, Platz­ver­weise. Hier ein Bei­spiel:

Abseits? Obbo Grauel wollte es nicht wahr­haben, dass er in der 60. Minute zurück­ge­pfiffen wurde, und drosch wut­ent­brannt den Ball auf die Tri­büne. Klarer Fall: Der Göt­tingen-Akteur sah dafür die Gelbe Karte.“ Alle zwei bis drei Minuten erscheint eine neuer Text­stein. Um ein wenig Span­nung zu erzeugen, werden seit einigen Jahren die Text­bau­steine erst langsam auf­ge­baut.

Hat global pitch 1
hat​trick​.org

Geduld ist gefragt

Für das Spiel braucht man viel Geduld“, gibt Gustafson zu. Aber im Gegen­satz zu anderen Mana­ger­spielen muss man nicht ständig ein­ge­loggt sein, um Spiele zu gewinnen. Ein, zwei Stunden rei­chen pro Woche, um kon­kur­rieren zu können.“ Denn der Erfolg kommt bei Hat­trick nur durch eine lang­fris­tige Stra­tegie – die gut und gerne auch mal auf einige (reelle) Jahre ange­legt sein kann.

Hat­trick ist im Gegen­satz zu anderen Mana­ger­spielen in erster Linie text­ba­siert. Außerdem basiert es nicht auf dem Fuß­ball­ge­schehen der Rea­lität, son­dern auf fik­tiven Spie­lern und Cha­rak­teren. Auch gra­phi­sche Ani­ma­tionen suchen die Nutzer ver­geb­lich.

Zwar haben die Spieler kleine Bild­chen mit ihren Gesich­tern, aber die wirken im 90er-Jahre-Comic-Stil wie aus der Zeit gefallen. Die Geister mögen sich an dieser Dar­stel­lung schei­tern.

Los­ge­löst von Gra­fiken, Ani­ma­tionen und kun­ter­bunten Menüs geht es im Mana­ger­spiel darum, durch ver­schie­dene Fähig­keiten der Spieler gewisse Ratings in Ver­tei­di­gung, Mit­tel­feld und Sturm zu erzeugen. Die Ratings beider Mann­schaften treffen dann im 90-minü­tigen Match auf­ein­ander und erzeugen ent­weder Ball­be­sitz, oder kre­ieren Tor­chancen. Mathe­ma­ti­sche Wahr­schein­lich­keiten lassen einen Spieler ein Tor erzielen, oder den Tor­wart den Ball halten. Klingt kom­pli­ziert? Ist es auch.

Das Spiel ist mit­unter so kom­plex und detail­liert, dass Anfän­gern erst ein Leit­faden zur Hilfe gestellt werden muss. Ein­fach so los­dad­deln? Schwierig. Sofort auf dem Trans­fer­markt zuschlagen? Klas­si­scher Anfän­ger­fehler. Neuen Manager sollten sich lieber erst durch das (sei­ten­lange) Hand­buch blät­tern.

Diese Hürde ist Neu­lingen meist zu hoch, sor­tiert aber in gewisser Weise auch gleich zu Beginn die Nutzer aus, die auf schnelle Dopamin-Schübe aus sind. Neue User von dieser alt­ba­ckenen Spiel­idee zu über­zeugen ist dem­entspre­chend schwierig. Denn was macht in unserer schnell­le­bigen Zeit noch den Reiz an einem rein text­ba­sierten Spiel aus, das in realer Geschwin­dig­keit gespielt wird?

Der Reiz an einem text­ba­sierten Spiel

Ich bin mir nicht sicher, ob meine eigenen Kinder über­haupt Hat­trick spielen würden“, sagt Gustafson und ver­weist so gleich auf die Ziel­gruppe: Natür­lich ist es ein nie­schiges Spiel für Leute, die viel­leicht lieber ein Buch lesen, als einen Film schauen. Es ist nichts für den schnellen Kick.“

Für den Schweden spielt die Fan­tasie im Spiel eine große Rolle: Je mehr Gra­fiken und Bilder du vor­gibst, desto weniger Raum gibst du für die Vor­stel­lungen der User. Wir haben trotzdem einige gra­phi­sche Tools. Einen Trikot- und Sta­di­on­de­si­gner zum Bei­spiel. Aber der Text wird immer im Vor­der­grund stehen.“

Sechs Monate War­te­zeit auf einen vir­tu­ellen Verein

Gustafson selbst habe Hat­trick 1998 durch einen Arbeits­kol­legen ken­nen­ge­lernt. Zur dama­ligen Zeit erhielten ange­mel­dete User jedoch erst nach einer War­te­zeit von mehr als sechs Monaten ihren Verein. Zu lange für den Schweden. Ange­fixt von der Spiel­idee schrieb er dem Ent­wickler, er sei Jour­na­list und würde einen Artikel über das neue Spiel schreiben, wenn er im Gegenzug dafür sein vir­tu­elles Team schon deut­lich früher erhalten könne.

Einen Tag später bekam er seine Mann­schaft. Rück­bli­ckend meint er: Man könnte es auch Erpres­sung nennen.“ Obwohl das Spiel damals erst eine über­schau­bare Anzahl von 2000 aktiven Mana­gern hatte, fiel ihm auf, dass es nicht ska­lierbar sei und die User­zahlen nicht wachsen könnten. Es war dafür schlichtweg zu simpel pro­gram­miert.

Kur­zer­hand schrieb er aber­mals dem dama­ligen Ent­wickler und bot ihm seine Hilfe an. Zusammen mit einem wei­teren Pro­gram­mierer über­ar­bei­teten sie Hat­trick und wagten einen großen Neu­start im Jahr 2000. Diesmal auch in deut­scher und spa­ni­scher Sprach­ver­sion. Zuvor war es nur auf schwe­disch ver­fügbar.

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Teile der Hat­trick-Com­mu­nity bei einem Treffen.

Johan Gustafson

Wie in einer Par­al­lel­welt

Mitt­ler­weile haben die User abseits des Spiels eine Par­al­lel­welt erschaffen. Eine Welt, in der es eigene Radio­sender gibt, die Spiel­ergeb­nisse zwi­schen Songwün­schen durch­geben. Es gibt jähr­liche Treffen, Pod­casts, Blogs und sogar Bücher und Lieder wurden über Hat­trick geschrieben und gesungen. Für Gustafson sind viele Mit­spieler Freunde geworden und seine sechs Mit­ar­beiter fast schon zu einer eigenen kleinen Familie ver­schmolzen.

Auch ein Euro­pa­meister spielte Hat­trick

Bei zwi­schen­zeit­lich einer Mil­lionen aktiver User ver­wun­dert es nicht, dass sich auch einige mehr oder weniger bekannte Fuß­ball­spieler im Mana­ger­spiel aus­pro­biert haben. Pro­mi­nen­testes Bei­spiel: Euro­pa­meister Giorgio Chiel­lini. Als er noch Jugend­spieler bei Juventus Turin war, gab er 2004 ein Inter­view indem er davon berich­tete, dass er Hat­trick spiele, erzählt Gustafson stolz.

Auf seine spiel­in­ternen Erfolge ist der Ent­wickler jedoch nicht son­der­lich stolz: Ich bin selber nicht wirk­lich gut in Hat­trick. Meine Lang­zeit­stra­tegie ist, der letzte Manager des Spiels zu sein. Ich werde Hat­trick erst ver­lassen, wenn wir das Spiel vom Netz nehmen müssten. Dann aber werde ich end­lich alle Pokale gewinnen.“