Im Frühjahr 2022 wollten wir zum Tag der Talente an die erinnern, denen zwar eine große Karriere prophezeit worden war – die aber irgendwann falsch abgebogen sind. Vorhang auf für unsere 20 Lieblingstalente.
Moritz Leitner – eine Karriere auf der Ersatzbank. Wechselte hochtalentiert 2011 von 1860 München zum BVB in die 1. Bundesliga. Kam dort fast ausschließlich von der Bank, ohne sich jemals zu beschweren. Chapeau! Ähnliches Schicksal ereilte ihm beim FC Augsburg, VfB Stuttgart, Lazio Rom und Norwich City. Spielt heute in Zürich. Schick da.
Laszlo Bölöni verhalf Gourcuff als 17-Jähriger zu seinem Profidebüt für Stade Rennes. Bölöni, der später bei Sporting Lissabon an der Seitenlinie stand und Cristiano Ronaldo groß werden sah, sagte mal über ihn: „So wie ich es damals bei Cristiano wusste, dass er ein Großer werden würde, war ich mir bei Yoann sicher.“ Die französische Zeitung „L’Equipe“ nannte ihn gar den Nachfolger von Zinedine Zidane. Doch es kam anders für Yoann Gourcuff. Beim AC Mailand scheiterte er an Kaka und Seedorf, bei Giroudon Bordeaux gelang ihm zunächst der Durchbruch, dann folgte der Wechsel zu Olympique Lyon. Immer wieder verletzte er sich schwer, in fünf Jahren fiel er fast 700 Tage aus. Nach einer Rückkehr zu Stade Rennes landete er bei FCO Dijon. In dieser Sekunde sitzt Gourcuff vermutlich als Privater mit einem frechen Franzosen im Campingstuhl in den Bergen.
Den 12. Dezember 2007 wird Manuel Fischer nicht vergessen haben. Damals gab er sein Profidebüt für den VfB Stuttgart. Im Camp Nou. Ein Jahr zuvor war er bei der U17-Europameisterschaft Torschützenkönig geworden. Mit je fünf Treffern mussten sich Fischer, Bojan Krkic und Tomas Necid die Torjägerkrone teilen. Sein früherer A‑Jugend-Trainer Hansi Kleitsch sagte damals: „So einen Knipser habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Gerd Müller war der letzte.“ Und da allseits bekannt ist, dass solche Vergleiche nie hilfreich sind, geriet Manuel Fischer in einen immer tieferen Strudel. Irgendwer sollte A‑Jugend-Trainern mal sagen, dass sie damit aufhören sollen, ihre Kids mit den größten Weltstars des Fußballs zu vergleichen. Fischer spielt mittlerweile nur noch Futsal in Stuttgart. Das Camp Nou hat er trotzdem gesehen.
2009 musste sich Reinhold Yabo nur Mario Götze geschlagen geben, der die Fritz-Walter-Medaille in Gold erhielt. Auf Platz 3 verdrängte er Marc-Andre ter Stegen. Europas Elite buhlte daraufhin um den damals 17-Jährigen. Yabo aber blieb beim FC Köln. Und wurde zunächst von Volker Finke und dann von Holger Stanislawski aussortiert. Nach fünf Spielzeiten bei RB Salzburg ging er zu Arminia Bielefeld, schaffte den Aufstieg und schoss Anfang letzten Jahres sein erstes Bundesligator. Im Sommer beendete er mit 29 Jahren seine Karriere.
Irgendwie schade um Thomas Eisfeld. Ihm war eine geile Karriere prophezeit worden. Bei Borussia Dortmund ausgebildet, ist er früh zum FC Arsenal gegangen, Arsene Wenger soll große Stücke auf ihn gehalten haben. Durchsetzen konnte er sich in der Premier League aber nicht, stattdessen wechselte er zum FC Fulham in die Championship und nach nur einem Jahr von Englands Zweiter in Deutschland Zweite. Zunächst Bochum, jetzt Essen. Guten!
Muss eine aufregende Zeit gewesen sein 2008. Damals wechselte Merkel als 16-Jähriger vom VfB Stuttgart zum AC Mailand. Als er 2010 sein Debüt für die Rossoneri gab, standen Spieler wie Clarence Seedorf, Ronaldinho, David Beckham und Zlatan Ibrahimovic im Kader. Die Mannschaft war zu stark für ihn, sodass er nach vier Jahren zum CFC Genua verkauft wurde. Was dann folgte, liest sich wie eine Interrail-Tour: Merkel machte Station bei Udinese Calcio, FC Watford, Grashopper Zürich, AC Pisa, VfL Bochum, bei FC Admira Wacker Mödling in Österreich und in den Niederlanden bei Heracles Almelo. Zurzeit spielt er in der Türkei für Gaziantep FK. Mal sehen, wie lange noch.
So ganz passt Hatem Ben Arfa nicht in diese Liste. Wirklich gescheitert ist er nämlich nicht. Er kommt bei Olympique Lyon, Olympique Marseille, Newcastle United, Hull City, OGC Nizza, Paris Saint-Germain, Stade Rennes und Real Valladolid auf 18 Titel und 297 Spiele, dazu hat er 15 Länderspiele für Frankreich absolviert. Ein Samed Yesil kann davon nur träumen. Aber Ben Arfa wurde mehr prophezeit, er sollte mit den anderen beiden Bad Boys Karim Benzema und Samir Nasri eine goldene Generation bilden. Stattdessen fielen alle drei irgendwann in Ungnade. Zur goldenen französischen Generation wurde die danach, um Pogba, Griezmann und Varane. Zu viele Partys, zu viele Skandale, zu wenig Disziplin. Seit dieser Saison spielt Ben Arfa für OSC Lille.
Mit 19 Jahren wechselte Jan Moravek von Bohemians Prag zum FC Schalke. Es hieß, er sei eines der größten Talente im tschechischen Fußball. Der neue Rosicky, sagten sie in der Heimat. Im Pott kam er nie wirklich an, landete über FC Kaiserslautern beim FC Augsburg. Verpasste seither knapp 486 Spiele verletzungsbedingt. Und ja, eben geschaut, er spielt dort immer noch.
Grenier dürfte vielleicht einigen hartgesottenen FIFA-Suchtis ein Begriff sein. Obwohl er ziemlich unbekannt war, verlieh ihm EA Sport schon sehr früh ein Game Face. Ein absoluter Geheimtipp im Karrieremodus. Mit 18 schaffte er den Sprung ins Profiteam von Olympique Lyon, ihm wurde auch im echten Leben viel Potenzial bescheinigt. Bis 2018 hat Grenier bei Lyon gespielt und alle Jugendauswahlen der Nationalmannschaft durchgespielt. Mittlerweile zockt er für RCD Mallorca und es ist sehr, sehr still um ihn geworden.
Sean Dundee, das „Tor-Krokodil“, wechselte 1995 zum Karlsruher SC. Der gebürtige Südafrikaner schlug voll ein. Und weil zu dieser Zeit ein Stürmermangel in der deutschen Nationalelf herrschte, erhielt Dundee in einem einzigartigen Einbürgerungsverfahren die deutsche Staatsbürgerschaft. Um dann nie ein Spiel für die DFB-Auswahl zu machen. Zahlreiche Verletzungen bremsten Dundee immer wieder aus. Er spielte noch für den FC Liverpool, VfB Stuttgart, Austria Wien, kehrte noch einmal zum KSC zurück und beendete 2009 in seiner Heimatstadt Durban seine Karriere. Heute betreibt er eine Fußballschule in Karlsruhe.
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