Inter Mailand gegen Bayern München – der Champions-League-Kracher am Dienstag (20.45 Uhr auf Sat1 und Sky) hat eine lange Geschichte. In der Saison 1988/1989 empfangen die Bayern Inter zum Hinspiel im Achtelfinale des UEFA-Cups (Gott hab ihn selig). Gegen die Italiener um die Ex-Münchener Lothar Matthäus und Andy Brehme geht der FCB vor heimischer Kulisse mit 0:2. Das frühe Aus? Nein, denn den Bayern um Libero Klaus Augenthaler gelingt eine sensationelle Aufholjagd. Im Interview mit www.11freunde.de erinnert sich „Auge“ an einen Kleinkrieg mit Bergomi und prophezeit ein geschwächtes Inter Mailand 2011.
Klaus Augenthaler, 0:2 vor eigenem Publikum gegen Inter Mailand – wie konnten Ihnen das denn passieren?
Klaus Augenthaler: In den achtziger Jahren war Italien das Fußball-Land Nummer Eins. Nahezu die gesamte Fußball-Elite aus Europa und Südamerika spielte in der Serie A – nicht nur wir hatten einen Heidenrespekt vor italienischen Mannschaften. Und bei Inter spielten die richtigen Granaten: Giuseppe Bergomi, Lothar Matthäus, Aldo Serena oder Walter Zenga. Was soll ich sagen: Wir wurden zweimal ausgekontert und waren anschließend nicht mehr in der Lage gegen die großartige Abwehr ein Tor zu erzielen. (Serena und Berti schossen damals im Münchener Olympiastadion die Tore für Inter, d. Red.).
Die Partie fand am 23. November 1988 statt, zwei Wochen später mussten Sie zum Rückspiel nach Mailand reisen. Wie viel Hoffnung auf ein Weiterkommen steckte in der Bayerbn-Mannschaft?
Klaus Augenthaler: Wir hatten uns nicht mal eine Chance ausgerechnet. Natürlich haben wir uns gegenseitig Mut zugesprochen, aber das waren hohle Phrasen. Eigentlich wollten wir alle nur mit Anstand aus der Sache herauskommen.
Nach 41 Minuten stand es 3:0 für den FC Bayern durch Tore von Roland Wohlfahrt, Jürgen Wegmann – und Klaus Augenthaler! Warum ist Inter so in sich zusammengefallen?
Klaus Augenthaler: Ich glaube, die hatten das Achtelfinale in Gedanken schon abgehakt. Schließlich hatten sie uns in München deutlich geschlagen, das Rückspiel wollten sie schon irgendwie schaukeln. Und vier Tage nach dem Rückspiel stand das Derby gegen den AC Mailand an (das Inter mit 1:0 gewann, d. Red.). Inters Aufmerksamkeit galt nur noch diesem Prestigeduell – was unser Vorteil war.
Jagd auf Millionen – Deutsch-italienische Europapokalschlachten »>
Kurz vor der Halbzeit gelang Serena noch der 1:3 – Anschlußtreffer…
Klaus Augenthaler: …und bei einem weiteren Mailänder Treffer wären wir raus gewesen…
Wie haben sie die zweiten 45 Minuten überstanden?
Klaus Augenthaler: Mit viel Glück – und ein paar handelsüblichen Tricks und Kniffen.
Was meinen Sie damit?
In der Halbzeitpause saßen wir in der Kabine und uns war klar, was uns nach Wiederanpfiff erwarten würde: Krieg. 45 Minuten Krieg. Die Italiener versuchten alles, Trainer Giovanni Trapattoni hatte sie entsprechend geimpft und heiß gemacht. Wir aber blieben clever und spielten hemmungslos auf Zeit. Dribblings an der Eckfahne, lange Dinger auf die Tribüne, den Ball zurück zum Keeper (damals durften Torhüter Rückpässe noch mit der Hand aufnehmen, d. Red.), das ganze Programm.
Wie haben die Stars von Inter darauf reagiert?
Klaus Augenthaler: Sie waren fuchsteufelswild. Selbst als das Spiel zu Ende war, wollten sie uns noch an den Kragen. Giuseppe Bergomi und Torwart Walter Zenga haben mich gar bis in die Kabine verfolgt! Aber da war es zu spät: Wir gewannen 3:1 und zogen ins Viertelfinale ein. (Im Halbfinale schieden die Bayern schließlich gegen den späteren Sieger SSC Neapel aus, d. Red.)
Bayern und Inter haben dieses Jahr in der Liga bisher eine durchwachsene Saison gespielt. Beide haben kaum noch Chancen auf den nationalen Titel. Wird es trotzdem ein Spitzenspiel?
Klaus Augenthaler: Natürlich. Es wird hoch interessant! Dass beide Teams bisher eine schwache Saison gespielt haben, ist doch verständlich. Beiden haben eine äußerst erfolgreiche vergangene Saison gespielt und viele ihrer Spieler zur Weltmeisterschaft abstellen müssen. Irgendwann ist nun einmal die Luft raus. Auch bei solchen Top-Mannschaften. Das ist doch ganz normal.
Wie schwer wirkt der Verlust von Trainer José Mourinho, der Inter nach der vergangenen Spielzeit Richtung Real Madrid verließ?
Klaus Augenthaler: Das ist eine klare Schwächung. Mourinho ist einer, der die Öffentlichkeit polarisiert und damit die Aufmerksamkeit von der Mannschaft ablenkt. Für die Spieler ist das immer von Vorteil – so können sie ganz in Ruhe arbeiten. Mourinho hat auch noch eine andere Stärke, die Inter in dieser Saison zu fehlen scheint.
Und zwar?
Klaus Augenthaler: Er ist in der Lage seine Spieler so stark zu motivieren, dass sie für ihn durchs Feuer gehen.
Inters aktueller Trainer, der Brasilianer Leonardo, ist recht unerfahren. Ist der FC Bayern mit Louis van Gaal im Vorteil?
Klaus Augenthaler: Leonardo ist Anfang 40. Da ist ein Trainer auch nicht mehr so unerfahren. Auch er wird wissen, dass van Gaal vor allem auf die Offensivstärke der Bayern setzen wird. Diese Offensivqualitäten hat Inter nicht. Dafür haben sie eine hervorragende Verteidigung. Das hat man vergangenes Jahr im Finale gesehen. (2:0 für Inter Mailand, d. Red.). Die Rollen sind also klar verteilt: Münchener Offensive gegen Mailänder Defensive..
Klaus Augenthaler, wer wird diese Partie am Ende gewinnen?
Klaus Augenthaler: Die Revanche für das verlorene Endspiel 2010 gelingt: Bayern München kommt weiter.
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