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Die Szene war bezeich­nend für das ganze Spiel. In der 32. Minute des Rele­ga­tions-Hin­spiels zwi­schen dem Ham­burger SV und der SpVgg Greu­ther Fürth bekam Gäs­te­keeper Wolf­gang Hesl den Ball zurück­ge­spielt. Pierre-Michel Lasogga roch den Braten und stürmte auf den Tor­mann zu. Hesl über­legte kurz und ließ den anstür­menden Gegner dann mit einem kleinen Kabi­nett­stück­chen ins Leere laufen. Eine gewagte Aktion in einem wich­tigen Rele­ga­ti­ons­spiel beim Stand von 0:0. Hesl, der mit­spie­lende Tor­wart meis­terte sie den­noch.

Es war nicht die ein­zige Szene, in der er die Spieler des HSV zur Ver­zweif­lung trieb. Auch andere gute Chancen, wie einen Kopf­ball und einen Schuss von Lasogga aus spitzem Winkel parierte der Schluss­mann sou­verän. In den Ein­zel­kri­tiken diverser Medien nach dem Spiel wurde Hesl für sein auf­merk­sames Spiel“ oder seine tolle Straf­raum­be­herr­schung“ gefeiert. Von Lob wollte der Kapitän der Klee­blätter“ nach dem Spiel aller­dings wenig hören. Wir haben ein richtig geiles Spiel gemacht“, sagte er zwar, mahnte aber sogleich an, seine Mann­schaft müsse im Rück­spiel nach­legen.

HSV statt Bayern Mün­chen

Viel­leicht käme beim ange­peilten Auf­stieg für den Für­ther Kapitän sogar eine Prise Genug­tuung hinzu. Denn er hat ein ganz spe­zi­elles Ver­hältnis zum HSV. Mit 18 Jahren ver­ließ Hesl, der bis zur B‑Jugend noch als linker Ver­tei­diger auf­lief, seinen Hei­mat­verein, den FC Amberg. Meh­rere Bun­des­li­gisten hatten ein Auge auf den talen­tierten Tor­wart des ober­pfäl­zi­schen Klubs geworfen. Sogar der große FC Bayern hatte ihm einen Ver­trag ange­boten, Hesl ent­schied sich aber für einen Wechsel zum Ham­burger SV.

Die Ver­ant­wort­li­chen des Bun­des­liga-Dinos lockten ihn mit der Aus­sicht, zunächst noch ein Jahr in der U19 zu spielen, um anschlie­ßend zu den Profis auf­zu­steigen. Die Kar­riere lief viel­ver­spre­chend an. Noch als Jugend­li­cher absol­vierte er erste Ein­sätze für die zweite Mann­schaft, wurde in der Saison 2005/06 sogar Stamm­tor­hüter und rückte ein Jahr später zu den Profis auf.

Trainer Thomas Doll setzte aber auf Sascha Kirsch­stein und Stefan Wächter, Hesl blieben nur wei­tere Ein­sätze im Reser­ve­team. Der ganz große Sprung wurde mir ver­wehrt“, sagt er heute im Rück­blick. In einem Inter­view mit der Ham­burger Mor­gen­post kri­ti­sierte er im letzten Jahr: In Ham­burg haben es nur sehr wenige junge Spieler geschafft. Ich hatte ein­fach keine Lobby.“

Dass man ihn sieben Jahre fak­tisch igno­rierte und ihm keine Chance gab, sich als erster Tor­wart zu beweisen, nagt noch heute an seinem Selbst­be­wusst­sein. Denn dass er sein Hand­werk durchaus beherrscht, bewies er 2010. Auf­grund man­gelnder Per­spek­tive ließ er sich aus Ham­burg zum SV Ried nach Öster­reich aus­leihen und sicherte dem Klub mit starken Leis­tungen die Herbst­meis­ter­schaft und den Pokal­sieg.

Beim HSV schien das kaum jemand wahr­zu­nehmen. Denn auch nach der Rück­kehr blieb ihm die Chance, sich in Ham­burg zu beweisen, ver­wehrt. Also zog Hesl einen Schluss­strich unter das Kapitel HSV und heu­erte nach einem kurzen Inter­mezzo bei Dynamo Dresden 2012 in Fürth an. Letzt­lich habe ich mich in Ried, Dresden und Fürth immer durch­ge­setzt, obwohl ich jedes Mal als Nummer zwei gestartet bin“, unter­streicht der Tor­wart.

Einer der besten in Liga zwei

Im Fran­ken­land fand er eine neue sport­liche Heimat. Schon nach einem halben Jahr ver­drängte er beim dama­ligen Erst­li­gisten Auf­stiegs-Keeper Max Grün aus dem Tor, ist seitdem die unan­ge­foch­tene Nummer eins der Klee­blätter“. 51 Spiele in Serie hat Hesl mitt­ler­weile absol­viert. Weil er sich dabei als Füh­rungs­spieler her­vortat, ernannte ihn Trainer Frank Kramer vor der Saison sogar zum Kapitän. Wolf­gang hat mitt­ler­weile die Akzep­tanz und Aner­ken­nung von allen“, lobt Kramer seinen ver­län­gerten Arm. Dessen Markt­wert hat sich seit dem Abgang beim HSV ver­viel­facht. Die Spiel­ver­ei­ni­gung ist längst darum bemüht, den im nächsten Sommer aus­lau­fenden Ver­trag mit dem Keeper zu ver­län­gern.

Hesl dankt diese Wert­schät­zung mit starken Leis­tungen. Wie bei­spiels­weise in der Rele­ga­tion in Ham­burg, über­zeugt er gerade in Druck­si­tua­tionen durch Ruhe, starke Reflexe auf der Linie und fuß­bal­le­ri­sche Qua­li­täten im Auf­bau­spiel. Nicht umsonst führt ihn der Kicker“ in der Rang­liste der besten Zweit­liga-Tor­hüter mit einem Noten­schnitt von 2,75 ganz oben.

Dass er seine Klasse nun aus­ge­rechnet gegen den Ham­burger SV unter Beweis stellen darf, freut Hesl, auch wenn er ein­schränkt: Die Ver­gan­gen­heit zählt nicht. Ich spiele jetzt für das Klee­blatt, daher müssen wir den HSV leider run­ter­schi­cken.“ Um das zu tun, muss er auch im Rück­spiel wieder eine ähn­lich gute Leis­tung abrufen, wie am ver­gan­genen Don­nerstag. Wenn er Lasogga und Co. dann wieder zur Ver­zweif­lung treibt und sich seine Mann­schaft­kol­legen in der Offen­sive etwas effek­tiver zeigen, könnte der ange­peilte Auf­stieg Rea­lität werden. Dass sein Ex-Verein dann absteigen würde, wird der Keeper auf­grund der Ver­gan­gen­heit wohl ver­schmerzen können.