Am heutigen 1. Mai kommt es in der österreichischen Regionalliga West zum Spitzenspiel zwischen dem FC Liefering und Austria Salzburg. Beim FC Liefering handelt es sich allerdings keineswegs um einen normalen Drittligisten aus der österreichischen Provinz. Wir sprachen mit Moritz Grobovschek, dem Neumitbegründer von Austria Salzburg, über das trojanische Pferd des österreichischen Fußballs.
Moritz Grobovschek, am Mittwoch kommt es in Österreichs dritter Spielklasse zum Spitzenspiel um die Aufstiegsrelegation. Ihr Verein Austria Salzburg, aktuell Tabellenzweiter mit zwei Punkten Rückstand, spielt gegen den Tabellenführer FC Liefering. Bei genauerer Betrachtung könnte man allerdings auch von einem Derby gegen Red Bull Salzburg sprechen. Täuscht der Eindruck?
Keineswegs. Es handelt sich beim FC Liefering um eine Retorte in der Retorte. Der Zusammenhang zwischen den beiden Vereine wird schon deutlich, wenn man einen Blick auf die Homepage von Red Bull Salzburg wirft. Dort wird der FC Liefering zwischen dem Profi- und dem Junioren-Team aufgeführt. Auch auf dem Platz sind die Gemeinsamkeiten unverkennbar. Der FC Liefering trägt mit Ausnahme des Wappens sogar die gleichen Trikots wie sein großer Bruder und spielt seit kurzem auch in dem selben Stadion.
Der FC Liefering entspricht also dem Amateurteam oder der zweiten Mannschaft von Red Bull Salzburg?
Das ist korrekt und das ist der entscheidende Punkt.
Inwiefern?
Bis zu dieser Saison waren die Red Bull Juniors die offizielle zweite Mannschaft. Zu diesem Zeitpunkt gab es allerdings bereits eine lose Kooperation mit dem damaligen USK Anif. Dieser ist dann in eine finanzielle Schieflage geraten und Red Bull sprang in die Bresche. Damit wurde gleichzeitig auch die Lizenz für den Verein erworben. Die zusätzliche Lizenz nutzte man dann, um den FC Liefering aus der Taufe zu heben. Hinter dem verbirgt sich nun die eigentliche Mannschaft der Juniors. Der ehemalige USK Anif fusionierte dagegen mit den Red Bull Juniors zum FC Anif und wird seitdem als offizielles Amateurteam von Red Bull Salzburg geführt. Kurioserweise findet dieses offizielle Amateurteam im Gegensatz zum FC Liefering auf der Homepage von Red Bull Salzburg keinerlei Erwähnung.
Was verspricht sich Red Bull von diesem verschachtelten Modell?
In Österreich ist es den offiziellen Amateurmannschaften der Profi-Klubs nicht gestattet, in die Erste Liga (Zweite Liga in Deutschland, d. Red.) oder gar die Bundesliga aufzusteigen. Mit diesem Modell soll diese Regelung umgangen werden. Red Bull versucht sich auf diese Weise einen Platzhalter in jeder Spielklasse zu verschaffen. Pikanterweise gibt es ja zusätzlich auch noch eine Kooperation mit dem FC Pasching, der in Regionalliga Mitte noch aussichtsreich im Rennen liegt und in der Relegation auf den Ersten aus unserer Liga treffen würde.
Ein weiteres Farmteam?
Beim FC Pasching ist es weitaus weniger offensichtlich. Hier beschränkt sich der Einfluss offiziell auf ein ausschließlich finanzielles Engagement. Hinter diesem Konstrukt verbirgt sich aber letztendlich die Absicht, mindestens einen der beiden Vereine in die zweithöchste Spielklasse zu hieven. So soll den Talenten eine bessere Entwicklung ermöglicht werden.
Sportlich trennen Austria Salzburg und den FC Liefering vor dem Spitzenspiel nur zwei Punkte. Kann Austria Salzburg finanziell mit dem FC Liefering und seinem mächtigen Besitzer mithalten?
Nein, da können wir absolut nicht mithalten. Vorsichtig betrachtet würde ich davon ausgehen, dass der FC Liefering über das zehnfache Budget verfügt als die Austria. Neben den besten Nachwuchsspielern von Red Bull haben sie für diese Saison noch vier gestandene Ex-Profis verpflichtet. Nur zwei dieser vier Gehälter würden bei uns schon den kompletten finanziellen Rahmen sprengen.
Auf Seiten Ihres Gegners wird in den letzten Tagen fleißig um Zuschauer für das proklammierte Salzburger Derby geworden. Kann man unter diesen Voraussetzungen überhaupt von einem echten Derby sprechen?
Eine gewisse Brisanz liegt vielleicht in der eben beschriebenen Konstellation. Aber auf Seiten der Zuschauer sind bei diesem Spiel keine großen Emotionen zu erwarten. Im vergangenen Jahr, als wir noch gegen die Red Bull Juniors gespielt haben, kamen ungefähr 750 Zuschauer. Am Mittwoch werden sicherlich weniger kommen, weil die Red Bull-Anhänger nicht einen Verein mit einem anderen Namen unterstützen werden.
Auch von den eher traditionalistischen Austria Fans sind also keine Übergriffe zu befürchten?
Dadurch, dass wir immer noch die Chance haben aufzusteigen, weiß jeder unserer Fans, worum es in diesem Spiel geht und wird sich dementsprechend zurückhalten. Wo kein Gegner ist, droht allerdings auch keine Gefahr.
Befürchten Sie, dass Red Bull Salzburg durch diese Konstellation bald den gesamten österreichischen Nachwuchs kontrollieren wird?
Nein, die Nachwuchszentren der verschiedenen großen Vereine sind so stark, dass der Reiz relativ gering ist, zu Red Bull zu wechseln. Auch durch das sinkende Zuschauer- und Medieninteresse an diesem Projekt. Die Talente suchen dann eher den Weg in größere europäische Ligen.
Gibt es denn im österreichischen Fußball grundsätzlich gar keine Bestrebungen, gegen diese Entwicklung vorzugehen?
Der Verband hat es etwas halbherzig versucht, sich dann aber in typisch österreichischer Manier dem kleinsten Widerstand gebeugt. Die Vereine ziehen leider auch nicht alle an einem Strang. Das liegt aber in erster Linie daran, dass viele alte Traditionsvereine aktuell ihre ganz eigenen Probleme haben.
Das klingt nach Resignation.
Die Hoffnung für den österreichischen Fußball besteht darin, dass sich irgendwann einmal das gesamte Interesse von Red Bull auf RB Leipzig fokussieren wird. Aufgrund der Bedeutung der deutschen Bundesliga und dem dementsprechend größeren Markt, würde Red Bull Salzburg dann nur noch zu einem einzigen Farmteam verkommen. Dazu müsste Leipzig allerdings erst einmal in die Bundesliga aufsteigen.