Tammy Abraham trifft und trifft und trifft – seit seinem Wechsel zur AS Rom ist der Stürmer in Topform. Mittlerweile spricht sein Trainer José Mourinho sogar Drohungen aus.
Es gibt viele Versprechen, die uneingelöst bleiben. Der Gutschein über „drei mal Staubsaugen“, den man der Mutter oder dem Vater im Alter von fünf Jahren zum Geburtstag schenkt, beispielsweise. Oder das Versprechen, sich „nach Corona“ mal auf einen Kaffee zu treffen, das man entfernten Bekannten gibt. Und dann gibt es Versprechen, die erst über Umwege und mit Verspätung endlich eingelöst werden. Zu letzteren zählt Tammy Abraham. Nachdem er beim FC Chelsea bereits als neue Sturmhoffnung galt und seine Qualitäten unter Beweis gestellt hatte, geriet seine Karriere unter Thomas Tuchel ins Straucheln, Abraham sah sich zu einem Vereinswechsel gezwungen. Bei der AS Rom blüht der mittlerweile 24-Jährige aktuell unter Trainer José Mourinho fernab seiner englischen Heimat auf und lässt Mitspieler, Fans und Medien schwärmen. Dadurch rückt er auch in England zurück ins Rampenlicht.
Bereits ab seinem siebten Lebensjahr spielte Kevin Oghenetega Tamaraebi Bakumo-Abraham für die Jugendabteilung des FC Chelsea, ist also tief mit den Blues verwurzelt. Seine ehemaligen Trainer und Mitspieler dort nennen ihn Tammy, ein Spitzname, der bis heute geblieben ist. Abraham ist in London geboren, sein Vater ist nigerianischer Abstammung. Bereits in der Jugend wird deutlich, welch großes Talent der Stürmer mitbringt, er wird deshalb häufig in einem älteren Jahrgang eingesetzt. 2014 gewinnt der damals 17-Jährige mit der U19 die UEFA Youth League, trifft dort in sieben Einsätzen vier Mal. Im Folgejahr kann das Team den Titel verteidigen und Abraham seine Quote ausbauen. In neun Spielen gelingen dem hochveranlagten Angreifer stolze acht Treffer. Abraham scheint bereit für den Profifußball. Das sieht auch der damalige Chelsea-Trainer Guus Hidding so und verhilft dem Youngster 2016 zu seinem Premier-League-Debüt. Im Sommer 2016 folgt dann für Abraham, wie für viele andere verheißungsvolle Talente auch, der Zwischenschritt in Form einer Ausleihe zu einem „kleineren“ Klub. In seinem Falle: Bristol City
In der zweiten englischen Liga wird der Engländer auf Anhieb Stammspieler und avanciert mit 23 Treffern zum zweitbesten Torschützen der Championship. Über eine Fortsetzung der Leihe können sich die beiden Vereine allerdings nicht einigen. Nach einer halben Vorbereitung mit dem FC Chelsea entscheidet der Verein, Abraham vorerst erneut zu verleihen, diesmal zum Ligakonkurrenten Swansea. Die Premier League erweist sich für den jungen Stürmer allerdings noch als eine Nummer zu groß. Während seiner Swansea-Zeit kommt Abraham auf 15 Einsätze, nur wenige davon von Beginn an. Also wieder zurück in die Championship, wiederum per Leihe. Bei Aston Villa schlägt der Stürmer ein, die Fans widmen ihm sogar einen Song. So schallt in der Saison häufig der Chorus „Oh Tammy Tammy, Tammy Tammy Tammy Tammy Abraham“ durch den Villa Park. Mit diesem Empfehlungsschreiben geht es für den mittlerweile 22-Jährigen im Sommer 2019 endgültig zurück zum FC Chelsea. Aus dem geplanten Zwischenschritt sind mehrere Schritte geworden, doch ab diesem Zeitpunkt scheint Abraham den vorgezeichneten Weg in die Chelsea-Startelf endlich einzuschlagen.
Und es klappt tatsächlich, zumindest vorerst.
Weil zum damaligen Zeitpunkt gleich mehrere Faktoren dafür sorgten, dass Abraham bei den Blues endlich gebraucht wurde. Zum einen war da Frank Lampard, der zum neuen Trainer berufen wurde und vermehrt auf Talente aus dem eigenen Nachwuchs setzen wollte. Abraham wurde gemeinsam mit dem Mittelfeld-Wirbler Mason Mount und Außenverteidiger Reece James zu einer Art Musterschüler Lampards. Zum anderen hatte der Verein zu dieser Zeit mit einer Transfersperre zu kämpfen und durfte in der Sommertransferperiode 2019 keine neuen Spieler verpflichten. Stürmer Nummer Eins wurde beinahe zwangsläufig Tammy Abraham. Der erzielte in 47 Pflichtspielen 18 Treffer, bereitete sechs weitere vor und wurde zum unumstrittenen Stammspieler. In der Offensivreihe gemeinsam mit Christian Pulisic, Willian und dem angesprochenen Mount verkörperte der Stürmer all das, für was das neue Chelsea unter Lampard stehen wollte: Tore, Geschwindigkeit, Spektakel. So fand auch der „Tammy-Abraham-Song“ bald Einzug in die Stamford Bridge.
Doch in der Saison 2021 ging es mit den Ergebnissen der Mannschaft bergab. Nachdem die Mannschaft sich in der Vorsaison noch als Tabellenvierter souverän für die Champions League qualifiziert hatte, rutschte das Team ins Mittelfeld der Tabelle ab. Zwar war Abraham immer noch Stammspieler, seine Treffsicherheit war ihm allerdings etwas abhanden gekommen. Als dann Ende des Jahres 2020 Thomas Tuchel den entlassenen Frank Lampard als Trainer ersetzte, war Abraham plötzlich außen vor. Tuchel präferierte in seinem System Timo Werner oder Havertz als zentrale Stürmer. Beide hatte Lampard zuvor auf der Außenbahn eingesetzt. Unter dem deutschen Trainer machte Abraham nur noch ein Premier-League-Spiel von Beginn an. Die Beziehung zwischen dem Stürmer und seinem Jugendverein bekam erste Risse. Der „Tammy-Tammy-Song“ schien in Vergessenheit zu geraten, stattdessen sangen die Fans von nun an: „Kai Havertz is the best on earth“.