Wie fühlt es sich an, im größten Finale zu stehen, das der Vereinsfußball zu bieten hat? 10 Helden, glückliche wie tragische, erinnern sich.
„Es war der Himmel, es war die Hölle“
Verdammt, war ich enttäuscht, als Alex Ferguson mich auf die Bank setzte. Im Camp Nou, im großen Finale gegen den FC Bayern, war ich nur Zuschauer. Dabei ist doch jeder Mannschaftsspieler zugleich auch ein Egoist: Er will das Spiel entscheiden, er will der Held sein. Als Ferguson in der Pause zu mir sagte: „Teddy, wenn es noch 15 Minuten beim 0:1 bleibt, dann bringe ich dich!“, da dachte ich dann auch insgeheim: „Hoffentlich machen die Jungs jetzt nicht den Ausgleich – und ich bleibe draußen.“
Der Ausgleich ließ auf sich warten, daran konnte ich auch nach meiner Einwechslung in der 67. Minute zunächst nichts ändern. Als unser Torwart Peter Schmeichel zur vermeintlich letzten Ecke mit nach vorn ging, dachte ich: „Jetzt wird’s aber Zeit!“ David Beckham brachte den Ball auf den langen Pfosten, ein Verteidiger klärte mehr schlecht als recht, Ryan Giggs zog von der Strafraumkante ab, irgendwie fiel mir der Ball vor die Füße und von da ins Tor. Ich wusste zwar, dass ich nicht im Abseits gewesen war, weil ein Bayern-Spieler auf der Linie stand, aber noch im Jubel drehte ich mich immer wieder zum Linienrichter um: Zählt es wirklich, zählt es wirklich? Ja, verdammt: es zählt!
Nur Augenblicke später das Gleiche noch mal: Wieder eine Ecke von Becks, ich stand am kurzen Pfosten, der Ball flog herein, und ich merkte, dass ich ihn nicht selbst verwandeln konnte, weil ein Verteidiger direkt hinter mir stand, also leitete ich ihn weiter vors Tor, wo schon einer von unseren Jungs sein würde, da war ich mir sicher. Es war natürlich der listige Ole Gunnar Solskjaer, der da sein Bein ausstreckte und den Ball oben ins Netz prallen ließ. Und plötzlich stand es 2:1! Ich hatte ja noch nicht einmal meinen eigenen Jubel beendet, da ging es schon weiter mit dem nächsten. Alle reden immer von den Bayern, aber auch für uns war das natürlich ein Schock, eine extreme emotionale Erfahrung, mit nichts anderem zu vergleichen.
Ich bin nie wieder eine so lange Ehrenrunde gelaufen, drei Stunden immer im Kreis unter dem endlosen Jubel unserer Fans. Die Siegesparty ging bis sieben Uhr morgens, es war der Himmel, es war die Hölle, es war die beste Party meines Lebens. Wir haben diesen Moment wirklich ausgekostet. Wir tun es eigentlich immer noch. Wir sind Helden. Und genau das wollte ich immer sein.
„Typen, die aus der Dachrinne saufen“
Natürlich war mir bewusst, dass englische Fußballprofis oft ein bisschen härter sind als andere. Aber was da vor dem Finale bei Aston Villa in der Kabine los war – so was hatte ich noch nicht erlebt! Die Spieler kloppten mit ihren Fäusten so stark gegen die Wände, dass ich Sorge hatte, das Stadion würde gleich zusammenbrechen. Dann schrien und polterten sie, und als die Tür aufging, blickte ich in die Gesichter von Typen, die aus Dachrinnen saufen. Teilweise hatten die gar keine Zähne mehr im Mund. Ich dachte, wir spielen gegen eine Eishockeymannschaft.
Aber verloren wir, weil wir zu großen Respekt hatten? Ich glaube nicht. Es war einfach Pech. Nach dem Spiel flossen Tränen, und zum Glück gab es genug Bier.
„Ihr seid besser, sagte Van Gaal“
Unsere Mannschaft war eigentlich zu jung, um diesen großen Titel zu gewinnen. Erfahrung hatten wir kaum, nur jugendliche Unbekümmertheit, viel Ehrgeiz und ein bisschen Talent. Kaum jemand außerhalb der Niederlande glaubte, dass wir das Finale gewinnen könnten. Dabei hatten wir die Italiener schon in der Gruppenphase zwei Mal geschlagen.
Genau das sagte Van Gaal uns auch. „Ihr seid besser“, sagte er. „Ihr habt sie zwei Mal geschlagen, ihr schlagt sie auch ein drittes Mal.“ Im Finale waren wir dann aber doch ziemlich nervös. Wir wussten ja, dass wir nur noch einen ganz kleinen Schritt zu gehen hatten. Das lähmte uns. Doch obwohl wir nicht gut spielten, gewannen wir 1:0. Danach folgte der Rausch, die Party. Alle drehten durch. Wir waren ja noch jung!