Gestern ist Deportivo La Coruña in die dritte spanische Liga abgestiegen. Ohne selber gespielt zu haben – und unter skandalösen Umständen. Über einen letzten Spieltag, der für Ärger sorgt.
Als die LaLiga-Chefs vor einigen Wochen stolz verkündeten, dass der Wettbewerb in den beiden höchsten spanischen Ligen ohne Publikum fortgesetzt werden könne, träumten die Obersten um Boss Javier Tebas sicherlich von Spannung in Titelrennen und Abstiegskampf und von einem furiosen Finale vor einem begeisterten Millionenpublikum an den Bildschirmen. Sportlich gesehen erfüllte sich der Traum nicht: Meisterschaft und Abstiegskampf in der Primera División waren bereits vor dem letzten Spieltag entschieden. Beziehungsweise vorhersehbar. Auch in der Segunda Divisíon standen die beiden direkten Aufsteiger vor der letzten Spielrunde bereits fest. Spannung versprachen nur noch der Kampf um den letzten Playoff-Platz, der zur Teilnahme an einer Aufstiegsrunde berechtigt, und der Kampf um die zwei Abstiegsplätze. Das furiose Finale trat gestern Abend in der Segunda División dennoch ein. Das lag aber nicht am Geschehen auf den Plätzen, sondern am Coronavirus.
Deportivo La Coruña klingt nach rauschenden Champions-League-Nächten. Nach Duellen mit den Bayern und nach Roy Makaay. Allerdings ist das alles knapp 20 Jahre her. In den letzten 15 Jahren war für den Club die einzige Konstante die fehlende Konstanz: La Coruña wurde zur klassischen Fahrstuhlmannschaft, zu schlecht für die erste, zu gut für die zweite Liga. Nachdem man letzte Saison denkbar knapp an der Rückkehr in die Primera División gescheitert war, sollte es dieses Jahr anders kommen. Und es kam anders – allerdings nicht ganz so, wie man es sich im Verein gewünscht hatte: Vor dem gestrigen 42. und letzten Spieltag in der Segunda División stand der Meister von 2000 und Pokalsieger von 2002 vor dem Absturz in die Drittklassigkeit. Aus eigener Kraft war die Rettung nicht mehr zu schaffen, man musste selbst siegen und auf Ausrutscher der Rivalen hoffen.
Gegner am letzten Spieltag: Überraschungsteam CF Fuenlabrada aus der Madrider Peripherie, als Aufsteiger überraschend Sechster. Ein Unentschieden sollte dem Team, dessen berühmtester Sohn Europa- und Weltmeister Fernando Torres gleichzeitig Namensgeber des Stadions ist, für die Teilnahme an den Aufstiegs-Playoffs reichen. Alles war angerichtet für einen interessanten Abend vor den Fernsehern, der zumindest zum Teil für die fehlenden Spannung ganz oben an der Spitze, wo Cádiz und Huesca als direkte Aufsteiger feststanden, entschädigen sollte. Doch kurz vor 19 Uhr platzte die Bombe: Sieben positive Corona-Tests bei CF Fuenlabrada.
Dies als Worst-Case-Szenario zu beschreiben, wäre eine maßlose Untertreibung. Es ist zwar davon auszugehen, dass in den Schubladen der Madrider La Liga-Zentrale allerlei Notfallpläne zu finden waren, aber dass ein solcher Fall nur Stunden vor dem allerletzten Spieltag eintrat, zudem noch bei einer Partie, von der potenziell Auf- und Abstieg diverser Teams abhingen, das dürfte selbst den als abgebrüht bekannten Javier Tebas zumindest kurzzeitig aus der Bahn geworfen haben. Wie hoch wird der internationale Imageschaden für La Liga? Gab es Lücken im Hygienekonzept?
Zunächst mussten aber dringendere Fragen geklärt werden. Die Spekulationen aus den Online-Redaktionen der Sportblätter schossen ins Kraut: Muss der gesamte Spieltag verschoben werden? Kann Fuenlabrada nicht einfach mit den 15 gesunden Spielern antreten?