Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Wir hatten uns gerade das größte Spiel der jün­geren Ver­eins­ge­schichte erspielt und eine ganze Stadt war heiß darauf, in einer Woche nach London zu fahren, um im Wem­bley Sta­dion im Cham­pions-League-Finale den Bayern die Saison zu ver­sauen. Ein wei­terer Gipfel war erreicht, der nach den zwei Meis­ter­schaften 2011 und 2012 gar nicht mehr vor­stellbar gewesen war. Die Bun­des­li­ga­saison war zu diesem Zeit­punkt längst abge­dreht: Bayern war schon seit gefühlt acht Wochen und mit 20 Punkten Vor­sprung Meister, Borussia stand als Vize­meister fest, inter­es­siert hatte das in Dort­mund aber schon lange keinen mehr. Wie gesagt, Wem­bley war­tete.

Und eigent­lich hätte dieses letzte Heim­spiel der Saison 2012/13 am 34. Spieltag ein lauer Som­mer­kick werden können, so wie es letzte Heim­spiele so an sich haben, wenn in der Tabelle nichts mehr geht: Ein paar Spieler ver­ab­schieden, ein biss­chen ein­singen für die anste­hende Wem­bley-Gaudi, die Mann­schaft feiern für eine wei­tere groß­ar­tige Saison, kein Druck, bloß ein biss­chen Sams­tag­nach­mittag-Fuß­ball bei früh­som­mer­li­chen Tem­pe­ra­turen und kühlem Bier.

Doch die Rah­men­be­din­gungen waren andere. Denn der Gast hieß TSG Hof­fen­heim. Ein ganz beson­ders unbe­liebter bei Dort­munder Fuß­ball-Tra­di­tio­na­listen.

Ein Unent­schieden hätte gereicht

Und das hoch­ge­züch­tete Fuß­ball­pro­jekt stand vor dem Spiel mit dem Rücken zur Wand, zwei Punkte betrug der Rück­stand auf den vor­erst ret­tenden Rele­ga­ti­ons­platz. Aus­ge­rechnet der BVB hatte die Chance, den von Dietmar Hopp geför­derten Verein in die 2. Liga zu beför­dern. Ein Unent­schieden hätte schon gereicht. Eigent­lich Form­sache für einen Cham­pions-League-Fina­listen.

Die Stim­mung im Sta­dion war also alles andere als gelöst, sie war auf­ge­peitscht. Mit noch nach­klin­gender Wut im Bauch über den Götze-Wechsel zu Bayern, der wenige Wochen zuvor ver­kündet worden war, und dem ohnehin aus­ge­prägten Hass gegen die Kraich­gauer gab es noch diese eine letzte Mis­sion in dieser Bun­des­li­ga­saison zu erfüllen. Keine rein sport­liche, da für den BVB alles ent­schieden war, son­dern viel mehr eine mora­li­sche. Hun­derte Mil­lionen ver­prasst für fünf Jahre Erst­liga-Spaß“ stand sie­ges­si­cher auf einem Banner über den Blö­cken 12 und 13 der Süd­tri­büne. Wir haben es heute in der Hand, dieses Pro­jekt zu beenden“, brüllte der Vor­sänger von The Unity auf dem Podest vor Block Drölf in bester Pete-Dunham-moti­viert ‑seine-Gefolg­schaft-zum-Stra­ßen­fight-in-London-Manier. Nur ging es nicht wie in Green Street Hoo­li­gans für Pete Dunham gegen einen ver­hassten aber ehren­werten Rivalen wie die Firma des FC Mill­wall, son­dern gegen ein Kunst­pro­dukt vom Neckar.

Auf Spar­flamme Rich­tung CL-Finale

Könnte, wäre, hätte: Wem das Spiel nicht mehr im Kopf ist, wird sich natür­lich schon denken können, dass alles anders kam.

Dabei hatte es gut ange­fangen. Locker-easy stol­zierte die Mann­schaft über den Platz und stellte nach sechs Minuten durch Robert Lewan­dowski auf 1:0. In der Fol­ge­zeit spielte Dort­mund den Gast aus Hof­fen­heim auf Spar­flamme runter wie einen luschigen Dorf­verein, der über eine Coca-Cola-Aus­lo­sung ein Spiel gegen die Profis gewonnen hatte, ver­sem­melte zig gute Tor­chancen, hatte Lat­ten­schüsse. Alles berei­tete sich auf ein paar wei­tere Tore vor, die den Gast demü­tigen sollten. Borussia trat so lässig auf wie ein amtie­render Meister, der auf dem Weg nach Wem­bley mal eben dieses Fabrikat begut­achtet, es zwei‑, dreimal in der Hand wendet, dann für Schrott erklärt und in Liga Zwei zurück­schickt.

Doch aus uner­klär­li­chen Gründen stand bis 15 Minuten vor Schluss immer noch der mick­rige Ein-Tor-Vor­sprung und die Dinge nahmen schlag­artig eine Dynamik an, die nicht einmal mehr Dietmar Hopp zu Hause vor dem eigenen Fern­seher erwartet hatte. Zunächst senste Mats Hum­mels Kevin Volland unge­stüm um, den Elf­meter ver­wan­delte Sejad Sali­hovic zum 1:1. Vier Minuten später stoppte Roman Wei­den­feller Sven Schipp­lock per Not­bremse. Der Schieds­richter pfiff wieder Elf­meter. Und weil Jürgen Klopp schon drei Mal gewech­selt hatte, musste ein Feld­spieler ins Tor.

Wor­aufhin sich Kevin Groß­kreutz schnell das Tor­wart­trikot schnappte. Als habe er begriffen, dass er der Letzte sei, der die TSG jetzt noch auf­halten könnte. Parieren konnte er den zweiten Elf­meter von Sali­hovic jedoch nicht. Und auf einmal hatte die TSG Hof­fen­heim das Spiel gedreht und sich damit irgendwie auf den Rele­ga­ti­ons­platz gekra­xelt.