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Cor­doba war weit weg und doch so nahe wie lange nicht mehr. 34 Jahre nach der WM in Argen­ti­nien hatten die Öster­rei­cher am Dienstag in Wien die Chance, dem großen und unge­liebten Nach­barn richtig weh zu tun. Die deut­sche Fuß­ball-Natio­nal­mann­schaft spielte so schlecht wie lange nicht mehr in einem Pflicht­spiel, und warum es am Ende doch zu einem Sieg reichte, das wussten die Betei­ligten am Ende selbst wohl nicht so recht. Vor 47.000 Zuschauern im aus­ver­kauften Ernst-Happel-Sta­dion gewannen die Deut­schen 2:1, aber eine Offen­ba­rung war es nicht, was sie zur Vor­füh­rung brachten.

Wenn wir 2:1 führen, müssen wir in der Lage sein, den Ball zu behaupten. Wir haben die Öster­rei­cher immer wieder ins Spiel gebracht. Hätten wir es nach dem 2:0 besser gemacht, hätten die Öster­rei­cher keine Chance mehr gehabt“, sagte Bun­des­trainer Joa­chim Löw kri­tisch an. Wir haben sechs Punkte aus zwei Spielen, das ist ein sehr guter Start. Mit dem Spiel können wir nicht zufrieden sein. Der Gegner hat früh Druck gemacht, damit sind wir über­haupt nicht klar gekommen“, räumte Kapitän Philipp Lahm ein.

Es war zwar eine aus dem Bun­des­liga-Alltag bekannte Mann­schaft, die das Geschehen im Wiener Prater bestimmte. Aber sie trug die roten Leib­chen Öster­reichs. In der Start­auf­stel­lung standen gleich neun Spieler, die ihr Geld in Deutsch­land ver­dienen. Und sie waren gut drauf gegen die hoch favo­ri­sierten Arbeits­kol­legen. Schon nach ein paar Minuten hatte der Stutt­garter Martin Harnik das Füh­rungstor auf dem Fuß. Vor­aus­ge­gangen war ein bru­taler Fehl­pass von Mats Hum­mels direkt in den Fuß des Main­zers Julian Baum­gart­linger. Im letzten Moment bekam Holger Bad­s­tuber gegen Harnik noch einen Fuß dazwi­schen. Ein Schuss des Bre­mers Marko Arn­au­tovic sauste nur ein paar Zen­ti­meter am rechten Pfosten vorbei. Auch beim anschlie­ßenden Distanz­schuss des Main­zers Andreas Ivan­s­chitz fehlte nicht viel. Ein biss­chen billig war es, wie Harnik sich im Lauf­duell mit Bad­s­tuber im Straf­raum fallen ließ. Der erhoffte Elf­me­ter­pfiff blieb aus.

Öster­reich war lange Zeit die bes­sere, die akti­vere Mann­schaft, ohne jeden Respekt vor dem großen Nach­barn. So sehr die Deut­schen sich auch bemühten, sie bekamen das Spiel nicht in den Griff. In der Defen­sive reihte sich Fehler an Fehler. Da machte auch Manuel Neuer keine Aus­nahme. Einmal wollte der Tor­hüter den Ball ein­fach nur nach vorne dre­schen und traf dabei doch den unbe­tei­ligt vor ihm ste­henden Bremer Zlatko Junu­zovic. Neuer hatte Glück, dass der Abpraller ein paar Meter am Tor vorbei flog.

Junu­zovic machte das Spiel mit seinem 1:2 noch einmal span­nend

Im Mit­tel­feld war von Mesut Özil wenig zu sehen, und Marco Reus kam auf dem linken Flügel kaum einmal an den Ball. Es spricht für die Klasse von Reus, dass ihn die geringe Teil­habe am Spiel nicht weiter ver­un­si­cherte. Ein paar Sekunden waren noch zu spielen in der ersten Halb­zeit, da kam er end­lich einmal an den Ball, und was der daraus machte, war aus deut­scher Sicht der ein­same Höhe­punkt des bis dahin belang­losen Spiels. Reus zog an Garics vorbei in die Mitte, und kurz bevor ihn der aus­ge­streckte Fuß des Wolfs­bur­gers Ema­nuel Pogatez daran hätte hin­dern können, schlug er den Ball zur über­ra­schenden Füh­rung ins linke Eck.

Reus hatte seine Schul­dig­keit getan und machte zur zweiten Halb­zeit Platz für seinen Dort­munder Kol­legen Mario Götze. Diesem war noch am Freitag das erlö­sende 1:0 gegen die Färöer gelungen, aber in Wien hatte er zunächst im Sinne einer stärker defensiv ori­en­tierten Auf­stel­lung zugunsten von Toni Kroos wei­chen müssen. Kroos blieb lange Zeit unauf­fällig, aber sein Ein­satz machte sich spä­tes­tens bezahlt, als er gleich zu Beginn der zweiten Hälfte Thomas Müller anspielte. Der hatte noch gar keine Gele­gen­heit zur Ver­wer­tung des Zuspiels, da rannte ihn Veli Kavlak unge­schickt und über­mo­ti­viert über den Haufen. Den fäl­ligen Elf­meter schoss Özil bei­nahe aus dem Stand und pass­genau in die rechte Ecke zum 2:0.

Damit hätte das Spiel eigent­lich ent­schieden sein können. War es aber nicht, weil die Deut­schen eben noch nicht die Form auf­weisen, die sie zu ihren guten EM-Tagen in Polen einmal hatten. Vor allem, was die Defen­siv­ar­beit betrifft. Dass Marcel Schmelzer als linker Ver­tei­diger keine Opti­mal­be­set­zung ist, war am deut­lichsten beim öster­rei­chi­schen Anschlusstor zu sehen, als ihm Arn­au­tovic mal wieder davon lief. In der Mitte kam der von drei Deut­schen umringte Junu­zovic zum Schuss und traf zum 1:2.

Es wurde also noch einmal span­nend, auch und vor allem dank Arn­au­tovic, der auf seinem Flügel allzu viele gute Szenen hatte. Öster­reich machte Druck und bestimmte das Spiel, und bei­nahe hätte es noch zum Aus­gleich gereicht. Nach Philipp Lahms desas­trösem Rück­pass auf Neuer, den der ein­ge­wech­selte Guido Burg­staller erlief und dann doch am deut­schen Tor­hüter hängen blieb. Und dann brachte Arn­au­tovic das Kunst­stück fertig, den Ball allein vor dem leeren Tor vor­bei­zu­grät­schen. Das war drei Minuten vor Schluss die letzte brenz­lige Szene. Die Deut­schen waren noch einmal davon gekommen.