In Berlin kämpfen Dortmund und Leipzig um den DFB-Pokal. Und um etwas anderes, denn inzwischen ist dieses Aufeinandertreffen mehr als nur ein Spiel.
Dortmund gegen Leipzig als Derby? Obwohl die beiden Städte 400 Kilometer trennen? Nun, damit sind sie sich schon mal näher als Dortmund und München. Zudem hat das Duell BVB gegen RB eine Komponente, die viele bedeutende Derbys – von Hamburg bis Glasgow – auszeichnet, die dem Revierderby aber stets ein wenig abging. Die Rede ist natürlich von der Trennschärfe. Man darf das Dortmundern und Schalkern zwar niemals ins Gesicht sagen, aber das Ungewöhnliche an ihrer Unversöhnlichkeit war ja stets, dass sie einander so ähnlich sind.
Das kann man nun von Dortmund und Leipzig beim besten Willen nicht behaupten. Gut, man kann das von keinem deutschen Verein – nicht mal den üblichen Verdächtigen wie Hoffenheim, Leverkusen oder Wolfsburg – und Leipzig behaupten. Trotzdem ist der Graben zwischen Borussen und Bullen ganz offenkundig noch ein bisschen tiefer als der zwischen anderen Traditionsvereinen und der sächsischen Filiale des österreichischen Mutterkonzerns. Man denke nur an die Vorfälle, die dazu führten, dass vor vier Jahren die Südtribüne im Westfalenstadion für ein Spiel gesperrt wurde. Die einen haben diesen schrecklichen Anblick bis heute nicht vergessen, die anderen seinen Anlass.
Manche Leute finden es befremdlich, dass ausgerechnet der BVB so allergisch auf RB reagiert. Schließlich ist zumindest der äußeren Form nach kein deutscher Verein so durchkommerzialisiert wie die westfälische Kommanditgesellschaft, deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Es ist auch der Verein, dessen Fans in den Neunzigern gerne sangen: „Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf!“
Aber wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum der Verein, dem ein Unternehmen gehört, so eine Aversion hat gegen das Unternehmen, das einen Verein gegründet hat. Bis heute gilt der Dortmunder Börsengang klubintern als leider nicht mehr umkehrbarer Sündenfall – als der Moment, in dem man sich von Finanzjongleuren blenden ließ und erst buchstäblich die Kontrolle verlor, dann um ein Haar sogar den ganzen Klub. Seither sind die Dortmunder Fans auf Exponenten des postmodernen Fußballs so schlecht zu sprechen wie sonst nur noch auf … äh, Schalker.
Womit wir wieder beim Duell wären, das vielleicht eines Tages als Bullenderby bezeichnet werden wird, schließlich liefert das männliche Hausrind nicht nur Taurin, sondern ist auch eines der beiden Symbole für die Börse. Zweimal hat der BVB in dieser Saison den neuen Rivalen aus Leipzig schon geschlagen (und dazu zweimal den alten aus Gelsenkirchen!). Doch man darf davon ausgehen, dass viele Fans die sechs Punkte in der Liga gerne gegen einen Sieg im Olympiastadion eintauschen würden. Und zwar gar nicht mal so sehr, weil man dann einen Titel hätte … sondern weil der Gegner keinen bekäme. So ist das halt bei einem richtigen Derby.