Mit Javi Martínez verlässt einer der besten Sechser der Bundesligageschichte die Liga. Wo es für den Spanier weitergeht, ist unklar. Was jedoch klar ist: Das Wort Antizipation wurde für seinen Spielstil erfunden.
Von herausragender Bedeutung waren seine Defensivqualitäten bei den Spielen in der Champions-League‑K.O.-Runde 2013, besonders beim Rückspiel gegen Juventus, in beiden Spielen gegen Barcelona und im Finale gegen den BVB. Heynckes lag richtig, Martínez war das letzte benötigte Puzzlestück zur vollkommenen Harmonie auf dem Spielfeld und der Erfolg im Wembley die daraus resultierende logische Konsequenz.
Javi Martínez präsentiert den Bayerfans auf der Tribüne die Champions-League-Trophäe.
In keiner Spielzeit des FC Bayern absolvierte Javi Martínez so viele Partien wie in seiner ersten unter Jupp Heynckes. Auch Pep Guardiola setzte auf den baskischen Abräumer, stellte ihn nach seiner Sprunggelenksverletzung aber bevorzugt als Verteidiger auf. In der Saison 2014/2015 setzte Martínez ein Kreuzbandriss außer Gefecht, weswegen er in der gesamten Spielzeit nur dreimal auf dem Feld stand. Nach seiner Rekonvaleszenz agierte er dann nahezu ausschließlich als Innenverteidiger. Guardiola nahm seinem spanischen Landsmann damit dessen allergrößte Stärke: die Antizipation.
Martínez war wie kein zweiter Sechser in der Lage, das Spiel zu lesen. Er erahnte bereits wenige Sekunden vor dem passspielenden Gegner, wohin dieser den Ball gleich befördern würde. Martínez war zur Stelle, fing den Ball ab, notfalls mit einer feinjustierten Grätsche. In Windeseile richtete er sich auf, drehte sich, überblickte das Spielfeld und leitete den Ball unverzüglich zu Arjen Robben oder Franck Ribéry weiter. Seine Fähigkeit zur mentalen Vorwegnahme der gegnerischen Spielzüge machte seine Geschwindigkeitsmängel nicht nur wett, er konnte dank dieser Gabe sogar Tempo ins Spiel bringen. In der Verteidigung waren diese Qualitäten jedoch nicht gefragt. Erst 2018 wurde er wieder regelmäßig auf seiner Stammposition im Mittelfeld eingesetzt.