Beim FC Valencia wird Erfolgstrainer Marcelino entlassen, die Spieler bestreiken eine Pressekonferenz. Das Durcheinander ist vor allem einem Machtkampf geschuldet, bei dem der Klubbesitzer die Muskeln spielen ließ.
Albert Celades sieht nicht besonders beneidenswert aus, wie er im Presseraum der Londoner Stamford Bridge sitzt und über das erste Spiel der neuen Champions-League-Saison redet. Reichlich floskellastig erklärt er: „Gegen Chelsea haben wir eine sehr große und aufregende Aufgabe vor uns.“ Der neue Trainer Valencias wirkt irgendwie verloren und im Stich gelassen. In gewisser Weise ist er das auch, denn vonseiten der Mannschaft leistet dem Trainer niemand Gesellschaft. Obwohl es eine UEFA-Anordnung ist, mindestens einen Spieler bei der Pressekonferenz zu haben, schwänzte die Mannschaft den Termin. Der Grund ist Verärgerung über die Entlassung von Ex-Trainer Marcelino.
Hundertster Geburtstag
Dabei lief das Jahr 2019 für den FC Valencia, der im Mai seinen hundertsten Vereinsgeburtstag feierte, ziemlich gut. Standesgemäß kochte der Verein für die Geburtstagsfeierlichkeiten einer übergroße Paella Valenciana, die am Stadion, dem legendären Mestalla, ausgeschenkt wurde. Und das schönste Geschenk machten sich die Fledermäuse selbst: Im Mai bezwang Valencia den FC Barcelona im Pokalfinale. Damit ging erstmals seit zehn Jahren wieder ein Titel in die Hafenstadt. Der Pokalsieg trug die Handschrift von Trainer Marcelino. Sein Spielstil: eher pragmatisch als aufregend. Doch was nicht immer schön aussah, mündete im Erfolg. Das brachte ihm große Sympathien bei Fans und Spielern ein.
Am vergangenen Mittwoch entließ Klubbesitzer Peter Lim den Erfolgstrainer. Nach der zweimaligen Qualifikation für die Champions League, dem Sieg in der Copa und nur drei Ligaspielen in der neune Saison. Das erzürnt die Stadt, denn unter Marcelino war der Klub nach turbulenten Zeiten endlich mal in ruhigem Fahrwassern. Und es erzürnt die Mannschaft, die gerne mit dem Trainer weiter gearbeitet hätte.
Peter Lim übernahm den Klub 2014, der zu Beginn des Jahrtausends noch Titel gewann, später aber in erster Linie Schulden anhäufte. Denn nach den Meisterschaften 2002 und der Meisterschaft und dem Sieg im UEFA-Cup 2004 überkam den Klub von der Costa del Azahar die Hybris.
Sportlicher Erfolg trifft Hybris
Im Falle des FC Valencias heißt die betongewordene Hybris Nou Mestalla. Der neue Prachtbau verstaubt vor den Toren der Stadt, soll 2022 fertig gestellt werden und verschlingt laufende Kosten en masse. Das neue Stadion riss ein tiefes Loch in die Kassen. Um nicht bankrott zu gehen, mussten Spieler verkauft und Erlöse erzielt werden. Deshalb verließen prominente Namen, wie Jordi Alba, David Villa, David Silva, Shkodran Mustafi oder Paco Alcácer die Stadt.
Lim und Mendes unter einer Decke
Dem konnte Peter Lim zwar mit frischem Geld entgegenwirken, doch neben Geld brachte er auch seinen engsten Berater mit in den Verein: Niemand geringes als Jorge Mendes, bekannt als Spielerberater von Cristiano Ronaldo. Dadurch wurde der Klub zur Durchlaufstation von Mendes-Spielern. André Gomes, Nicolás Otamendi, João Cancelo und andere kamen und gingen. Außerdem stand mit Nuno Espírito Santo sogar ein Trainer an der Seitenlinie, den Mendes berät. Als Santo 2015 wegen Misserfolg ging, kamen mit Gary Neville und Cesare Prandelli wohlklingende Namen, jedoch kein Erfolg.
2017 wurde schließlich Marcelino als Trainer verpflichtet, der zuvor in Villareal ruhige und gute Arbeit geleistet hatte. Durch seine unaufgeregte Art brachte er den Erfolg zurück nach Valencia. In die Aufstellung wollte er sich allerdings nicht hinein reden lassen und setzte statt auf Mendes-Spieler auf seine eigene Philosophie. Der Erfolg gab ihm ja schließlich Recht.
Trotz sportlicher Erfolge entschied Peter Lim, den Trainer nach einem akzeptablen Saisonstart von seinen Aufgaben zu entbinden. Es ist wahrscheinlich, dass der Geschäftsmann dem klubinternen Machtkampf ein Ende setze wollte. Ihre Verwunderung taten die Spieler kund: Kapitän und Nationalspieler Dani Parejo bedankte sich auf Instagram dafür, dass Marcelino „den Klub größer und mich zu einem besseren Spieler gemacht hat“. Innenverteidiger Ezequiel Garay beendete seinen Post mit einem fetten „ES IST NICHT FAIR“.
Die ärmste Sau der Posse ist, neben Marcelino, Albert Celades. Er hat jetzt die undankbare Aufgabe, eine Mannschaft zu motivieren, die sich eigentlich einen anderen Trainer wünscht. Man darf auf die Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Chelsea gespannt sein.