Ginge es nach dem DFB, würde die 3. Liga in knapp einer Woche wieder beginnen. Dabei sind nach wie vor viele Vereine gegen einen Restart. Was ist da los?
Jetzt ist Eile geboten. Bereits in neun Tagen will die 3. Liga ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen. Das bekräftigte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius am Dienstag in einer Medienrunde. „Wir gehen davon aus“, so Curtius optimistisch, „dass wir am 30. Mai wieder starten können.“ Gleichzeitig schränkte er ein: „Wir müssen abwarten, was die Politik entscheidet.“
Allein: Diese Entscheidungen verantwortlichen Landesregierungen sind bislang alles andere als einheitlich. Zwar gab das bayrische Kabinett am Dienstag grünes Licht für die Austragung von Spielen im DFB-Pokal und der 3. Liga im Freistaat. In Sachsen-Anhalt und Thüringen allerdings sind nicht nur Spiele sondern sogar das Mannschaftstraining bis zum 27. Mai beziehungsweise sogar bis zum 5. Juni verboten. Der DFB will deshalb auf seinem außerordentlichen Bundestag am 25. Mai die Austragung von Partien an anderen Standorten ermöglichen.
Nach den Vorstellungen des DFB sollen dann bereits fünf Tage später die ersten Spiele stattfinden. Weil aber auch das Hygienekonzept für die 3. Liga siebentägige Trainingslager unter Quarantänebedingungen vorsieht, drängt die Zeit. Das machten auch neun Vereine deutlich, die den DFB laut Bild in einem Schreiben um eine verbindliche Terminierung der Wiederaufnahme des Spielbetriebs bis zum Mittwochabend gebeten haben. Doch ohne eine bundesweite Freigabe der Politik kann der DFB diesem Ansinnen wohl nicht nachkommen. Bei den Unterzeichnern des Briefs soll es sich um die Befürworter einer Fortsetzung des Saison handeln, namentlich Meppen, Rostock, Uerdingen und Chemnitz sowie die fünf Liga-Vertreter aus Bayern (Unterhaching, Ingolstadt, 1860 München, FC Bayern II und Würzburg).
Ihnen gegenüber steht eine Allianz von Vereinen, die vehement einen Abbruch der Spielzeit fordern. Zu ihnen zählen mit Halle, Magdeburg und Jena die Klubs aus Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie weitere Vereine aus dem Tabellenkeller der Liga. Sie argumentieren vor allem mit ungleichen Wettbewerbsbedingungen. So ist etwa der TSV 1860 München bereits seit dem 14. Mai zurück im Mannschaftstraining, während Tabellenschlusslicht Jena erst am Dienstag auf den Trainingsplatz zurückkehren durfte – und das auch nur in Kleingruppen von fünf Personen. Zudem befürchten einige Vereine durch das Hygienekonzept einen finanziellen Mehraufwand, den sie nicht ohne weiteres stemmen können. So gibt etwa Carl Zeiss Jena zu bedenken, dass etwa die Schaffung von Quarantäne-Bedingungen in Hotels mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre.
Hinzu kommen die Unwägbarkeiten, die die Corona-Pandemie mit sich bringt und das ganze Konzept ins Wanken bringen könnte. Seit Montag sind drei Profis des Chemnitzer FC in Quarantäne, weil einer von ihnen positiv auf Covid-19 getestet wurde. Bei den anderen beiden handelt es sich um Kontaktpersonen. Und auch der 1. FC Kaiserslautern musste das erst am Samstag aufgenommene Mannschaftstraining bereits wieder aussetzen – bei den Testungen am Dienstag waren drei Verdachtsfälle aufgetreten. Sollte ein Gesundheitsamt entscheiden, gleich eine ganze Mannschaft in Quarantäne zu schicken, könnte das die Terminplanung komplett durcheinanderwirbeln.
Nach wie vor ist der DFB bestrebt, die Saison bis zum 30. Juni zu Ende zu spielen. Geht die Spielzeit darüber hinaus, droht möglicherweise ein Vertragschaos. Nicht nur Spielerverträge auch Vereinbarungen mit Sponsoren laufen zu diesem Termin aus. Kaiserslauterns Torhüter Lennart Grill etwas steht ab dem 1. Juli bei Bayer Leverkusen unter Vertrag. Topscorer Deniz Undav (Meppen) hat bei einem belgischen Zweitligisten unterschrieben. Um die Saison vorher zu beenden, müssten die verbleibenden elf Spiele ab dem 30. Mai im Dreitagesrhythmus ausgetragen werden. Ein Mammutprojekt, das jederzeit von der Politik oder durch Corona-Infektionen in den Mannschaften zu Fall gebracht werden kann.
Doch das größte Problem dürfte nach wie vor die Zerstrittenheit zwischen den Vereinen untereinander und dem DFB sein. Die vom Verband beschworene Mehrheit für eine Fortsetzung der Saison ist eben keine deutliche. Zu den Befürwortern eines Abbruchs zählen neben den Kellerkindern auch die Aufstiegskandidaten Duisburg und Mannheim. Letztere hatten allerdings für einige Irritationen gesorgt, als sie sehr plötzlich mit einem Todesfall im Umkreis der Mannschaft argumentierten, der jedoch schon einige Wochen zurücklag.
In den vergangenen Tagen und Wochen war der Ton zwischen den Kontrahenten immer schärfer geworden. Zwischenzeitlich ging es sogar zwischen DFB-Verantwortlichen und Sachsen Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sogar so hoch her, dass der Verband mit einem Lizenzentzug für Magdeburg und Halle gedroht haben soll. Zuletzt hatte dann DFB-Vizepräsident Rainer Koch der Abbruchs-Fraktion ein „unwürdiges Schauspiel“ vorgeworfen und konkrete Alternativen eingefordert. Daraufhin hatte der FC Carl Zeiss Jena eine Aufstockung der Liga ins Spiel gebracht, um bei einem Saisonabbbruch Abstiege zu verhindern und den Regionalliga-Meistern gleichzeitig den Aufstieg zu ermöglichen. Dies lehnt Curtius jedoch mit dem Hinweis auf eine Spieltagsballung ab und sieht daher keine Mehrheit für das Konzept – ebenso wie für eine zweigleisige 3. Liga, wie sie die Regionalligist SV Elversberg vorgeschlagen hat.
Ideen gibt es also viele, Meinungen ebenfalls. Im Gespräch mit dem Kicker hatte DFB-Vizepräsident Peter Frymuth zuletzt die Außendarstellung beklagt, das die Liga derzeit abgebe. Das Gesamtinteresse müsse über Einzelinteressen stehen. Doch wie soll dieses Gesamtinteresse aussehen, wenn sich die Vereine in der Kernfrage der Saisonfortführung derart konträr gegenüberstehen? Dass es auf dem DFB-Bundestag am Montag zu einer einvernehmlichen Lösung kommt, erscheint derzeit fast utopisch. Doch genau das hat sich DFB-Präsident Fritz Keller zum Ziel gemacht. Er wolle „alles daran setzen, die Liga komplett zu überzeugen. Die Saison soll auf dem Rasen entschieden werden.“ Um dieses Ziel zu erreichen dürfte noch eine ganze Menge Überzeugungsarbeit vonnöten sein. Und die Zeit, sie drängt.