Das Tuchel-Aus bei Paris Saint-Germain erscheint vielen unverständlich. Doch es gibt Gründe, die dafür sprechen, dass die PSG-Führung jetzt auf Pochettino setzt.
„Die Spieler wollen gewinnen, sie wollen Trophäen hochhalten.“ Im ersten Interview mit dem hauseigenen Fernsehkanal von Paris Saint-Germain ließ Mauricio Pochettino keine Zweifel daran aufkommen, wozu er in Frankreichs Hauptstadt gekommen ist. Denn der Argentinier selbst hat noch keine Titel vorzuweisen, zumindest als Trainer. Somit ist seine Aussage wohl auch als Wunsch zur Erfüllung eines lang gehegten Traumes zu sehen.
Pochettinos Vorgänger Thomas Tuchel hat hingegen schon einige Titel gesammelt. In seinen zwei Jahren konnte der 47-jährige Deutsche mit PSG zwei Meistertitel, einen Pokal, einen Ligapokal und zwei Supercups gewinnen. Hinzu kommt das Erreichen des Champions-League-Finals. Was einerseits sehr prestigeträchtig war, andererseits aber den Anspruch des Vereins verfehlte. Denn der ist eben der Gewinn der Champions League.
Dass nun der Vertrag von Tuchel, der eigentlich noch bis Sommer galt, vorzeitig aufgelöst wurde, kam für viele unerwartet. Am Heiligabend gaben erste Medien die Trennung bekannt; ein Zeitpunkt, den auch Zsolt Löw, Tuchels Co-Trainer, als überraschend empfand: Im Interview mit der ungarischen Zeitung Nemzeti Sport sprach Löw von einem „Schock“ und bezeichnete die Entscheidung als „unverständlich“.
Tuchel hat seit dem Start der aktuellen Ligue-1-Saison schwierige Aufgaben gemeistert: Das Team hatte zu Beginn der Spielzeit mit Verletzungen und Corona-Infektionen zu kämpfen, die Abgänge von wichtigen Säulen des Teams sorgten zudem für kleinere Wackler im Mannschaftsgefüge. Resultat: Der Ligagigant kam nur langsam ins Rollen. Dafür, dass es am Anfang so holprig lief, hat Tuchel PSG ganz schön auf Kurs gebracht: Als Dritter hat der Serienmeister nur einen Punkt Rückstand auf Platz 1.
Ein Grund dafür war wohl auch, dass Tuchel einen guten Draht zu seinen Spielern gehabt haben soll. Unter ihm schaffte es PSG, die Stärken seiner Offensivstars wie Mbappé und Neymar ausspielen zu können, gleichzeitig aber auch eine sichere Defensive zu bilden. Rein sportlich lässt sich die Vertragsauflösung somit nicht begründen. Eher ist es ein Indiz für eine Klubführung, die die Muskeln spielen lassen will.
Im vergangenen Oktober kritisierte Sportdirektor Leonardo Tuchel harsch. Der Trainer hatte als Reaktion auf einige prominente Abgänge öffentlich Verstärkungen gefordert. „Das hat uns überhaupt nicht gefallen“ sagte Leonardo damals und wies den Deutschen darauf hin, dass er die „Politik des Vereins“ akzeptieren müsse. Leonardo wiederum hatte die Klubbosse auf seiner Seite. Auch Zsolt Löw führt das Zerwürfnis zwischen Tuchel und Sportdirektor Leonardo als Begründung für die vorzeitige Vertragsauflösung an. Langfristig sei „dieser Zustand nicht aufrechtzuerhalten gewesen.“