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Für Kids in King­ston ist das Leben meis­tens nicht leicht. Die jamai­ka­ni­sche Haupt­stadt gilt nach wie vor als eine der gefähr­lichsten Städte der Welt, auch wenn die Kri­mi­na­li­täts­rate in diesem Jahr­zehnt kon­ti­nu­ier­lich abnimmt. Kids aus dem Stadt­teil Cas­sava Piece haben es beson­ders schwer. Der ver­ru­fene Bezirk gilt als sozialer Brenn­punkt. Im Internet wird Tou­risten emp­fohlen, ihn zu meiden.

Die Bewohner haben diese Wahl nicht. Klar, man kann sich aus dem Ghetto raus­ar­beiten. Aber nur, weil man den Pro­blem­be­zirk ver­lässt, wird das Leben nicht auto­ma­tisch ein­fach. Das zeigt der Fall eines Ex-Bewoh­ners sehr ein­drück­lich. Der von Bayer-Profi Leon Bailey.

Aber von vorn.

Genk sehen und… illegal bleiben

Bailey wird im August 1997 in King­ston geboren. Er wächst in Cas­sava Piece auf und beginnt an seiner High­school mit dem Fuß­ball­spielen. Kurze Zeit später tritt er in die Phoenix All Stars Foot­ball Aca­demy ein, die der noto­ri­sche Schwe­re­nöter und Bai­leys Adop­tiv­vater Craig Butler leitet. 

Noto­ri­scher Schwe­re­nöter? Nun, ja. Im Sommer 2011 bringt Butler seinen leib­li­chen Sohn Kyle und Adop­tiv­sohn Bailey nach Europa, um die große Kar­riere der beiden anzu­stoßen. Zuerst geht es zum öster­rei­chi­schen Regio­nal­li­gisten USK Anif. Ein Jahr später wird der vom FC Lie­fe­ring über­nommen. Bailey lie­fert in der U15 ordent­lich ab: Inof­fi­zi­ellen Sta­tis­tiken zufolge erzielte er sage und schreibe 75 Tore in 16 Ein­sätzen. 

Das ist genug, um das Inter­esse des bel­gi­schen Erst­li­gisten KRC Genk zu wecken, wo Craig Butler ihn unter­bringen will. Das Pro­blem: Mit 16 ist das laut FIFA-Regu­la­rien nicht mög­lich. Der eigent­lich schon unter­schrie­bene Drei­jah­res­ver­trag wird wider­rufen. Und es wird noch besser: Butler, der bereits in Jamaica wegen ille­galer Trans­fer­be­stre­bungen eine sechs­jäh­rige Sperre absitzen musste, ver­lässt das Land. Somit ist Bailey als unbe­glei­teter Min­der­jäh­riger illegal im deut­schen Nach­bar­land.

Und Butler? Der ver­schwindet für vier Monate mir nichts, dir nichts von der Bild­fläche. Genk küm­mert sich in der Zwi­schen­zeit um Bailey und seinen Bruder, der mit nach Bel­gien gekommen war. Kurz darauf taucht Butler wieder auf, behauptet, er sei in Mexico ent­führt worden. Alles gelogen, wie sich später her­aus­stellt.

Das bel­gi­sche Arbeits­mi­nis­te­rium wird auf­merksam auf den Fall, es kommt zur Razzia beim KRC. Und Butler? Flieht mit seinen Söhnen ins Aus­land. Das Ende der Geschichte in Bel­gien? Kei­nes­wegs. Nach einem zwei­jäh­rigen Enga­ge­ment beim Nach­wuchs des slo­wa­ki­schen FK AS Trenčín ist Bailey im August 2015 end­lich voll­jährig. Der Kon­takt nach Genk war zwi­schen­zeit­lich nicht abge­rissen. So kommt er end­lich doch noch zu seinem Ver­trag und debü­tiert noch im selben Monat. 

Eine Saison und 18 Scor­er­punkte später steht eine Ver­trags­ver­län­ge­rung und die Aus­zeich­nung als Nach­wuchs­spieler des Jahres in Jamaica. Auch in der anschlie­ßenden Hin­runde kann Bailey auf sich Auf­merksam machen, knipst und legt auf. In der Win­ter­pause klopft Bayer 04 Lever­kusen an. Und Bailey geht für 13,5 Mil­lionen Euro über die Grenze.

Eine ordent­liche Hypo­thek; es kommt, wie es kommen muss. Am Rhein läuft es erstmal so gar nicht für den jungen Jamai­kaner. Weder unter Roger Schmidt noch Tayfun Korkut. Statt­dessen macht er Schlag­zeilen, als der Dau­er­re­ser­vist in Genk fast vom bel­gi­schen Boxer Atif Tan­ri­seven Ribera auf die Schnauze kriegt, den er vorher einen Clown“ genannt hat.

Herr­lich bringt die Erlö­sung

Die Saison endet ent­täu­schend. Für Bailey und für Lever­kusen. Doch dann kommt Heiko Herr­lich. Was für die Lever­ku­sener Fans erstmal wie der nächste Nacken­schlag klingt, ist für Bailey die Erlö­sung.

Wäh­rend Roger Schmidt ihm noch die sehr grob­ge­fasste Auf­gabe sich an die Spiel­idee gewöhnen“ gab, lässt Herr­lich den drib­bel­starken und schnellen Bailey ein­fach mal von der Leine. Der dankt es auf seine Weise. Mit starken Toren, trick­rei­chen Dribb­lings und über­legten Assists.

Bailey ist diese Saison in Lever­kusen wie ein Neu­ein­kauf, der keiner ist. Und er startet von null auf hun­dert – in einer Vor­be­rei­tung. Sport­di­rektor Rudi Völler redet die Ver­gan­gen­heit schön und sagt, der Transfer in der letzten sei ein Vor­griff auf die aktu­elle Saison gewesen.

In der hat Bailey wäh­rend zehn Spielen schon vier Treffer erzielt und zwei wei­tere auf­ge­legt. Damit ist er der zweit­beste Lever­ku­sener Tor­schütze. Unter Herr­lich ist er mitt­ler­weile gesetzt, ein Dreh- und Angel­punkt im Lever­ku­sener Angriffs­spiel, egal ob auf dem linken oder rechten Flügel. Und auf einmal ist das Leben doch so viel leichter für das Kind aus King­ston.