Rose weg, Kohfeldt weg, Hoeneß weg. Terzic, Kovac und Breitenreiter dafür zurück. Ein Sechstel der Liga steht aber noch ohne Trainer da. Woher kommt die abermalige Rochade?
Vor der Saison war von einem historischen Trainerkarussell die Rede. Marco Rose ging zum BVB, Adi Hütter heuerte dafür in Gladbach an, Oliver Glasner in Frankfurt, Bayer Leverkusen holte Gerardo Seoane, der FC Bayern Julian Nagelsmann, Leipzig für ihn Jesse Marsch und der VfL Wolfsburg Mark van Bommel.
Vier dieser Trainer sind nicht mehr im Amt. Und so wird es auf den Trainerbänken der Bundesliga auch in diesem Jahr eine mittelgroße Rochade geben. Hütter und Rose verließen ihre Klubs nach nur einer Saison wieder, Marsch und van Bommel gingen schon im Laufe des Spieljahres. Auch Markus Weinzierl, Florian Kohfeldt und Sebastian Hoeneß sind inzwischen freigestellt. Nachdem Niko Kovac in Wolfsburg, André Breitenreiter in Hoffenheim und Edin Terzic beim BVB vorgestellt wurden, müssen sich aktuell noch vier Bundesligateams die Frage stellen, wen sie für die Trainerposition verpflichten: Schalke, Gladbach, Hertha und Augsburg.
Bei einigen Vereinen sind die Gründe für die Trennung zum Saisonende bekannt. So galt beispielsweise das Verhältnis beim FC Augsburg zwischen Markus Weinzierl und Manager Stefan Reuter als zerrüttet. Weinzierl sagte nach dem finalen Spieltag: „Ich habe schon auch ein, zwei Fragen, die dann ausschlaggebend sind: Was will der Verein erreichen? Was sind die Ziele? Was sind die Voraussetzungen?“, und fügte hinzu, dass er nicht immer gegen den Abstieg spielen wolle. Jedoch habe niemand mit ihm das Gespräch gesucht. Schon während seiner ersten Amtszeit galt das Verhältnis zwischen dem Trainer und Manager Reuter als angespannt. Trotzdem kam die Entlassung überraschend.
Hertha hat mit Felix Magath und Schalke mit Mike Büskens jeweils Übergangslösungen installiert. Hoffenheim, Dortmund, Wolfsburg und Gladbach stehen am Ende einer Saison, in der keiner der Klubs die eigenen Ansprüche erfüllen konnte. Die Trainerwechsel schienen am Ende alternativlos. Es stellen sich daher zunehmend Fragen nach der übermäßigen Trainer-Fluktuation der vergangenen beiden Spielzeiten. Ähneln sich Trainermarkt und Spielermarkt nun immer weiter an? Ist die hohe Anzahl an Trainerwechseln während der Sommerpause überhaupt so ungewöhnlich? Oder: Sind die Klubs schlicht ungeduldiger geworden?
In der Betrachtung der vergangenen zehn Saisons fällt auf: Dass den Trainern vermeintlich wenig Zeit gegeben wird, ist nicht neu. Die Saison 2021/22 liegt mit fünf Trainerwechseln während der Saison (ausgenommen von der Zählung sind die abgelösten Interimstrainer) sogar unter dem Durchschnitt von knapp acht Wechseln. In der Saison 2020/21 fanden mit zehn Entlassungen im Vergleich doppelt so viele Trainerwechsel während der Spielzeit statt.
Dass aber sechs neue Trainer während der Sommerpause verpflichtet werden, ist – gemeinsam mit der Saison 2016/2017 – Höchstwert. Weil die Hertha nach dem Relegationserfolg gegen den HSV erstklassig bleibt, steht die abgelaufene Saison in Puncto Trainerwechsel sogar an der Spitze.
Die Personalie des Trainers nähert sich zunehmend jener der Spieler an. Dass Trainer während der Saison aus ihren Verträgen herausgelöst werden, gehört mittlerweile zum Standard. Trainer-Ablösesummen sind nicht zuletzt aufgrund des Wechsels von Julian Nagelsmann von RB Leipzig zum FC Bayern München ein Thema. 25 Millionen Euro ließen sich die Münchner Nagelsmann 2021 kosten. Rekordhalter bis dahin war der Portugiese Andre Villas-Boas, den sich der FC Chelsea 2011 15 Millionen Euro kosten ließ.
Schon 2016 hatte der FC Schalke drei Millionen Euro für Markus Weinzierl an den FC Augsburg gezahlt, Leipzig später fünf Millionen für Julian Nagelsmann. Auch Rose (fünf Millionen) und Hütter (7,5 Millionen) kosteten viel Geld. Für den Mainzer Sportdirektor Christian Heidel sind die angestiegenen Ablösesummen eine logische Entwicklung: „Der Trainer ist der absolut wichtigste Mann in einem Verein. Ich habe nie so ganz nachvollziehen können, warum man da im Vergleich zu Spielern immer von Kleingeld geredet hat“, hatte er im vergangenen Jahr gegenüber Sky Sport News gesagt.
Die Schnelllebigkeit des Bundesligageschäfts macht auch vor dem Trainerstuhl nicht Halt. In Hoffenheim habe es laut Hoeneß „keinen Konsens über die zukünftige Ausrichtung“ des Klubs gegeben. Nach dem Negativlauf ohne einen einzigen Sieg in den letzten neun Bundesligaspielen sagte Hoffenheim-Manager Alexander Rosen, der Klub könne so nicht „unbelastet in eine neue Spielzeit starten“. Rosen holte nun André Breitenreiter nach Hoffenheim.