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Im Nach­hinein wirkt alles wie ein großer Plan, den Fuß­ball auf immer zu ver­än­dern und ihn in ein neues Zeit­alter zu führen, doch schon die Sache mit der roten Jeans­jacke war ein Zufall. Nur wollte das schon damals nie­mand glauben, denn Rein­hold Beck­mann hatte vor der ersten Sen­dung von ran“ nicht weniger als eine Kul­tur­re­vo­lu­tion“ ange­kün­digt, die Sat.1 mit dem etwas kryp­ti­schen Slogan Mehr Fuß­ball pro Auge“ in Anzeigen beworben hatte.

Die rote Jacke war nur ein Zufall

Und nun stand der damals 36 Jahre alte Beck­mann am 15. August 1992 zum ersten Mal sams­tags in einem für dama­lige Ver­hält­nisse reich­lich selt­samen Fern­seh­studio, das man sich als eine Mischung aus Bau­stelle und Raum­schiff mit Sta­di­on­be­stuh­lung vor­stellen muss, und trug eine rote Jeans­jacke. Auf dem Gang seiner Pro­duk­ti­ons­firma in Ham­burg-Eppen­dorf hängt noch so eine ver­loren an der Gar­de­robe. Nicht das Ori­ginal“, sagt Beck­mann. In den Tagen nach der ersten Sen­dung war nicht nur über diese rote Jeans­jacke geredet worden, sie wurde anschlie­ßend als Mer­chan­di­se­ar­tikel sogar zum Renner. Dabei war es reiner Zufall“, sagt Beck­mann, dass er sie damals über­haupt trug. Er hatte sie nach­mit­tags bei den Proben ange­habt, und als die Frage aufkam, was er abends tragen sollte, hatte die Art­di­rek­torin gesagt, er solle sie ein­fach anlassen.

Doch die rote Jeans­jacke sagte deut­li­cher als die Kran-Kameras hin­term Tor, die Super­zeit­lupe und die Inter­views mit ver­schwitzten Spie­lern direkt nach Spiel­schluss, dass Opas Fern­seh­fuß­ball tot war. Opa, das war damals vor allem Heri­bert Faß­bender, der nie eine rote Jeans­jacke getragen hätte und schon gar nicht in der Sport­schau“. Auf keinen Fall hätte er sich auch vor lau­fender Kamera mit Udo Lattek gezankt, dem damals erfolg­reichsten Trainer der Bun­des­li­ga­ge­schichte. Wichtig bei der ersten Sen­dung war der Gene­ra­tio­nen­kon­flikt mit Lattek“, meint Beck­mann heute und lehnt sich hinter dem Schreib­tisch von der Größe einer Tisch­ten­nis­platte zurück. Lattek hatte gerade sein erstes Spiel als Trainer von Schalke 04 hinter sich, eine bla­mable 3:4‑Heimniederlage gegen Wat­ten­scheid 09, und ent­spre­chend schlechte Laune. Nun wurde er, das kannte man so auch nicht, zu Beck­mann in die Sen­dung geschaltet und sah unglaub­lich aus. Der Meis­ter­trainer von einst trug einem Bal­lon­sei­den­anzug mit Wer­be­auf­kle­bern und eine schreiend bunte Basecap, auf der er für Mül­ler­milch warb. Statt mit ihm über Fuß­ball zu reden, fragte Beck­mann, warum er das trug. Lattek wollte dazu nichts sagen, dann wurde es sehr frostig, und Beck­mann hatte die kna­ckige Behaup­tung seines Sen­ders Die alte Bun­des­liga ist tot – Es lebe ran Sat.1‑Fußball“ ein­ge­löst.

Als ob es um den NATO-Dop­pel­be­schluss ginge

Wenn er heute über diese Zeit vor genau 20 Jahren spricht, erzählt Beck­mann gern von aus­ufernden Redak­ti­ons­sit­zungen. Die hörten gar nicht mehr auf, fast wie zu Stu­den­ten­zeiten in der Wohn­ge­mein­schaft, als es um den NATO-Dop­pel­be­schluss ging.“ Die Ergeb­nisse waren aber weniger schwer­ge­wichtig. Am Frei­tag­abend, in der aller­ersten Sen­dung, hatte Beck­mann in Kai­sers­lau­tern mit den gluck­senden Köl­nern Pierre Litt­barski und Olaf Jansen an seiner Seite den gol­denen Günna“ ver­geben. Günna“ war eigent­lich eine Hand­puppe, die später sogar Trainer inter­viewte, hier aber eine Tro­phäe der Deut­schen Video­meis­ter­schaft“. Die Redak­tion hatte alle Bun­des­li­ga­teams in den Som­mer­trai­nings­la­gern mit Video­ka­meras aus­ge­rüstet und zeigte nun die, ähem, besten von den Profis gedrehten Filme. Es gewann der Ham­burger SV, dessen Spieler sich zur Musik von Right Said Fred („I’m too sexy“) ihrer Tri­kots ent­le­digten. Sie hatten sich das Wort scharf“ auf die Brust geschrieben, zogen anschlie­ßend noch die Hosen aus und rannten mit nacktem Hin­tern dem Son­nen­un­ter­gang ent­gegen. Heute wäre so was wahr­schein­lich ein welt­weiter You­tube-Knaller unter dem Stich­wort Pein­li­ches Fuß­ball­team zieht blank“.